Nichte (14) Geld für Sex gegeben
BONN. Versteinert saß der Mann gestern auf der Anklagebank. Er zeigte kaum eine Regung hinter dem wettergegerbten Gesicht. Hin und wieder ein Kopfschütteln. Sonst nur Erstarrung. Was dem 52-jährigen verheirateten Mann vorgeworfen wird, ist ihm offenbar so peinlich, ist so niederträchtig, dass er am liebsten in seiner eigenen Haut verschwunden wäre: Das Bonner Amtsgericht hat den Berufskraftfahrer wegen sexuellen Missbrauchs einer Jugendlichen zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Der Angeklagte hatte seine Nichte im Jahr 2002, damals war sie 14 Jahre alt, mit Komplimenten angemacht und sie mit Geld zu sexuellen Leistungen überredet. Das Mädchen, das das Geld haben wollte, hat es angenommen und fast 15 Monate lang freiwillig mitgemacht.
Alles gelogen. Das Mädchen hat alles erfunden", hatte der Angeklagte sich mit großer Vehemenz gegen die Vorwürfe verteidigt. Aber die Frage nach dem Motiv konnte er nicht beantworten. Denn Onkel und Nichte hatten immer ein gutes Verhältnis, das hatten die anderen Familienmitglieder auch beobachtet. Aber mit so einem sexuellen Übergriff hatte keiner gerechnet. Als der Vater des Mädchens davon erfuhr, zeigte er seinen Schwager an, mit dem er mehr als befreundet gewesen war: Er war wie ein Bruder für mich." Der Fall hat die Familie in zwei Lager gerissen.
Besonders für die Nichte, heute 21 Jahre alt, ist der Fall nachträglich traumatisierend: Damals habe sie die Aufmerksamkeit eines älteren Mannes durchaus genossen, hatte sie als Zeugin eingeräumt, erst viel später sei ihr klar geworden, dass sie sich wie eine Prostituierte an ihren Onkel verkauft habe. Eine psychiatrische Gutachterin hält die Zeugin für uneingeschränkt glaubwürdig und auch aufrichtig, was ihren eigenen Schuldanteil betrifft.
Für den Bonner Schöffenrichter bestanden gestern keinerlei Zweifel, dass die Nichte nicht Täterin, sondern ein Opfer ist. Der Angeklagte habe die 14-Jährige mit Geldgeschenken missbraucht und habe sie zur Prostitution veranlasst. Auch habe er den Grund gelegt für diese Mesalliance" - und sei schließlich immer unersättlicher" geworden. Er allein trage die Schuld daran, dass die Frau heute Hilfe braucht".
Der Angeklagte blieb bei all den Worten versteinert: Im Publikum saßen seine Ehefrau und seine Schwiegermutter, die er als Zeugen in den Prozess gezogen hatte. Sie sollten Alibis nennen, dass es überhaupt keine Gelegenheit gegeben habe, sich mit der Nichte zu treffen. Es hat ihnen keiner geglaubt. Am Ende bedauerte der Schöffenrichter, dass es dem Angeklagten nicht gelungen sei, sich zu einem Geständnis durchzuringen. Damit hätten Sie vieles wiedergutmachen können."