Prostata-BehandlungMit Strahlenpfeilen gegen Krebs

Am Computer legt Jürgen Metz (vorn) die genaue Position der Seeds fest. Dr. Stefan Machtens „schießt“ die Strahlendoosis , die in winzige Titannadeln gefüllt ist (M.), in das Prostatagewebe. Die 3-D-Aufnahme zeigt, wie am Ende die gesamte Prostata umhüllt ist von den Strahlen. (Fotos: Daub, MKH)
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BERGISCH GLADBACH – Mit dem bloßen Auge ist so ein Seed kaum zu erkennen. Doch am Ultraschall-Gerät kann Jürgen Metz die Position der kleinen Nadel auf den Zehntel Millimeter genau dirigieren. Am Laptop steuert der Facharzt für Strahlentherapie die Prostataoperation am Marien-Krankenhaus. Dr. Stefan Machtens, Chefarzt der Urologie, setzt nach seinem Einsatz an diesem Morgen 106 der radioaktiven Strahlenquellen an den Ort der Krebserkrankung.
Der Patient liegt auf dem Rücken, die Beine empor, denn von hinten werden die winzigen Strahlenpfeile durch minimalinvasive Röhrchen in die Prostata „geschossen“, um dort ihren Platz nach den Vorgaben des Computers einzunehmen. An Ort und Stelle geben sie schließlich ihre schwache radioaktive Strahlung ab, etwa 600 Tage lang, erklärt Physikerin Dr. Daniela Pless. Ist ihr Werk getan, verbleiben die unschädlichen Nadeln dort.
„Seed to Seed“, kommandiert Metz, Pless „lädt“ die Röhrchen auf, und Machtens positioniert den Wirkstoff durch eine Art Koordinatensystem, das am Körper des Patienten aufgelegt ist. Kaum ein Tropfen Blut fließt dabei, nach 40 Minuten ist die OP beendet, weitere zehn Minuten später der Patient wieder bei Bewusstsein. Noch am selben Abend wird er wieder zu Hause sein – und das ist ein Novum im Kreis und darüber hinaus.
„Seit Jahrzehnten gilt die Brachytherapie mit Seeds als schonendste Behandlungsmethode beim Prostatakarzinom“, betont Dr. Machtens und verweist auf die Ergebnisse von Langzeitstudien, die über 20 Jahre die Wirksamkeit der Methode in den USA dokumentiert haben. „Wie bei den anderen Therapiearten, speziell der Operation, besteht bei zehn Prozent der Patienten das Risiko, dass der Krebs wiederkommt.“ Den Unterschied macht jedoch die Nebenwirkung. „Bei der operativen Entfernung der Prostata ist das Risiko einer folgenden Inkontinenz oder Impotenz weitaus höher als bei dieser schonenden Therapieform“, erklärt Machtens.
Harnröhre und Nervenstränge verlaufen quasi durch das Gewebe hindurch. Auch die herkömmliche Bestrahlung von außen ist deutlich aggressiver, während die Seeds punktgenau am betroffenen Gewebe wirken.
Dr. Machtens und das Team um den Strahlentherapeuten Jürgen Metz wenden die Brachytherapie seit etwa fünf Jahren im MKH an, behandelt werden drei bis vier Patienten pro Tag. „Das Verfahren, das wir dabei anwenden, ist das modernste der Welt“, erläutert Machtens. Nicht zuletzt deshalb wird es nun auch ambulant angeboten.
Dies und die große Erfahrung des Teams hat nun die Techniker-Krankenkasse als erste Kasse bewogen, die ambulante Brachytherapie für ihre Mitglieder zu übernehmen – im Rahmen eines intergrierten Versorgungsvertrags mit dem MKH. Ansonsten bezahlen bisher nur die privaten Krankenversicherer die kostensparende Behandlung.