Psychiatrie angeordnet„Den Nachbarn das Leben zur Hölle gemacht“
BONN/MORSBACH – Gründonnerstag ging das alte Spiel wieder los: Fabian B. (Name geändert) drehte gegen Mitternacht die Musik so laut, dass ein Nachbar wieder einmal die Polizei rufen musste. An diesem Abend aber wurde es ganz unerwartet wieder still. Der Nachbar wunderte sich, ging mit seinem Hund noch in den Garten, um dort eine Runde zu drehen, als er plötzlich angegriffen wurde: Durch die Hecke sauste eine Axt wiederholt knapp an seinem Kopf vorbei.Dann flogen Pflastersteine, die Fabian B. wohl zur Verteidigung unter der Hecke versteckt hielt.
Seit diesem Vorfall am 21. April sitzt der 48-Jährige in einer psychiatrischen Klinik. Gestern hat das Bonner Landgericht den gelernten Schreiner endgültig weggesperrt. Für die vielen Straftaten, die der Mann begangen hat – zwischen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung und Beleidigungen – konnte er wegen Schuldunfähigkeit nicht verurteilt werden. Fabian B. leidet bereits seit Jahren an Schizophrenie.„Den Nachbarn“, so der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen, „hat er das Leben zur Hölle gemacht.“
23 Fälle warenim Prozess angeklagt
Die Nachbarn trauten sich nachts nicht alleine auf die Straße, weil sie belästigtund bedroht wurden. Nächtliche Anrufe mit obszönen Inhalten gehörten dazu, auch Bedrohungen mit Schraubendreher, Kuhfuß und Äxten, die er zur Verteidigung seiner „Burg“ griffbereit hatte. Auch stellte er sich mit seinem Auto rückwärts vor ein Schlafzimmerfenster und verpestete die Luft. Oder er warnte Eltern, nur ja auf ihre Kinder aufzupassen, „weil man ja schon mal Brems– und Gaspedal verwechseln könnte“. Selbst die Polizei wurde mit Beil und üblen Beschimpfungen empfangen. 23 Fälle waren im Bonner Prozess angeklagt. Anzeigen hatte es ohne Ende gegeben.Der Ursprung des gesamten Terrors sei seine Krankheit gewesen, so hieß es gestern im Urteil. Der 48-Jährige lebte in dem Wahn, dass ihn alle Nachbarn umbringen wollten. Er habe sich massiv bedroht gefühlt: Kaum sah der Mann einen Dorfbewohner, habe er sich eine Gemeinheit ausgedacht, „um den vermeintlichen Feind in die Flucht zu schlagen“.
Auch die Nachbarn, so stellten es die Richter klar, waren keineswegs die Bösewichte, auch sie wurden Opfer dieser Erkrankung, deren Schwere viele Monate nicht richtig erkannt wurde. Bis 2006 hatte Fabian B. ein normales Leben mit Familie und Beruf geführt, bis die Krankheit kam: Vier Jahre lebte er dann verlassen und zurückgezogen in seinem Haus. Der Fall eskalierte, als Fabian B. 2010 die Medikamente absetzte: Da begann der Horror.Die Bonner Richter halten Fabian B. weiterhin für gefährlich, weil er keinerlei Einsicht in seine Erkrankung hat. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis er in Freiheit mit einer „noch längeren Axt auf die Menschheit losgeht“, so Schmitz-Justen. Deswegen blieb dem Gericht gestern nichts anderes übrig, als den „verrückten Nachbarn“ unterzubringen.