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SchlaflaborAtemloser Schlaf

Lesezeit 3 Minuten

Per Computer überwacht Anne Kickartz die Patienten. Zahlreiche Elektroden, die am Körper des Schlafen den befestigt sind, liefern Bio-Signale, wie über Herzrhythmus und Hirnaktivität. (Foto: Krempin)

WALDBRÖL – Obwohl er nachts schlief, fühlte sich Hartmut B. tagsüber wie gerädert. Als er am Steuer seines Wagens einnickte, suchte der 45-Jährige Hilfe. Der Hausarzt checkte B. von Kopf bis Fuß durch. Doch kein Test konnte die Erschöpfungszustände erklären. Erst als der Mediziner seinem Patienten ein Gerät mitgab, dass die Vitalwerte während der Nachtruhe aufzeichnete, wurde klar: Hartmut B. schlief nicht wirklich.

Dr. Stefan Brettner vom Kreiskrankenhaus Waldbröl kennt diese Fälle. Er leitet das einzige Schlaflabor in Oberberg. Hier werden pro Jahr rund 350 Patienten untersucht, denen Schnarchen und Atemaussetzer den Tiefschlaf rauben. Brettner: „Typische Symptome sind Müdigkeit, Kopfschmerzen und Konzentrationsprobleme.“ In ihrer schlimmsten Ausprägung können „schlafbezogene Atmungsstörungen“, so der Fachbegriff, sogar Depressionen, Diabetes, Schlaganfälle und Herzinfarkte auslösen. Männer leiden oft unter Erektionsstörungen. „Und oft wissen die Patienten nicht, dass Schnarchen ihr Problem ist. Denn sie selbst merken es ja nicht.“

In Waldbröl wird der Schlaf seit 13 Jahren untersucht. Neuerdings kann das Team um Dr. Brettner dabei auf eine topmoderne Ausstattung zurückgreifen. Vier normale Krankenzimmer wurden mit Messgeräten ausgestattet. Gegenüber dem Bett zeichnet eine Infrarotkamera den Patienten auf, und ein Mikrofon registriert jedes Geräusch. Am Kopfende des Betts steht ein Gerät mit Dutzenden Kabeln. Diese Elektroden werden am Körper des Patienten befestigt und liefern verschiedene Daten. Alle Bio-Signale laufen auf Computern im Stationszimmer zusammen, wo zum Beispiel Mitarbeiterin Sandra Veith sitzt. Ihre Kollegin, die medizinisch-technische Leiterin Anne Kickartz, sagt: „Wir messen Herzschlag, Atmung, Hirnaktivität, den Sauerstoffgehalt des Blutes, die Lage des Schlafenden und einiges mehr.“ Die Kurven auf dem Monitor zeigen exakt, wann der Patient ins Schnarchen verfällt, die Atmung aussetzt und was das für Folgen für den Körper hat.

Gut 20 Prozent aller Deutschen ratzt im Schlaf. Für bis zu sieben Prozent hat dies krankhafte Folgen: Ihre Atmung setzt während des Schlafens gleich mehrere Sekunden aus. So lange, bis der Sauerstoff knapp wird und der Körper Alarm schlägt. Adrenalin wird ausgeschüttet, der Körper in einem Reflex wachgerüttelt. Das äußert sich in einem lauten Aufratzen: Der Schlafende bekommt wieder Luft und ändert seine Schlafposition.

320 Atemaussetzer

pro Nacht

Im Labor hat Dr. Bettner bei einem Patienten 45 solcher Atemstillstände und Weckreaktionen pro Stunde gemessen. Hochgerechnet sind das 320 pro Nacht, sagt Bettner: „Das ist ein ungeheurer Stress für den Körper. Der ständige Adrenalinausstoß lässt den Körper schneller altern. Und diese Patienten erreichen nie den wichtigen Tiefschlaf.“

Der typische Patient ist über 40 Jahre alt, männlich und korpulent. Je älter ein Mensch ist, desto größer wird das Risiko des Schnarchens. Bei Frauen fängt es meist nach den Wechseljahren an.

Die Therapie ist meist ganz einfach: Der Patient muss während des Schlafs eine Atemmaske aufsetzen, die einen ständigen Überdruck erzeugt, erklärt Dr. Brettner: „Das muss man sich wie beim Cabriofahren vorstellen. Ein ständiger Wind drückt in den Mund.“ Der sorgt dafür, dass das Einatmen leichter fällt und die Atemwege auch beim Ausatmen frei bleiben.“ Wer das Schlaflabor verlässt, kann auch im Schlaf endlich wieder durchatmen.