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Spektakulärer CoupGoldräuber in Bonn gefasst

Lesezeit 4 Minuten

Der in der Szene bekannte Rapper "Xatar" wird gesucht. (Bild: Polizeidirektion Ludwigsburg)

RHEINBACH/BONN – Die vermeintliche Polizeiaktion war scheinbar bis ins Detail vorbereitet. Doch dann blieb ein Stückchen Haut oder ein Haar an einer der Handschellen hängen, die die Täter zur Fesselung ihrer Opfer verwendet hatten. Mit dieser DNA-Spur eines 21-jährigen Meckenheimers ist es der Polizei mit großer Wahrscheinlichkeit gelungen, einen spektakulären Goldraub aufzuklären, der sich Mitte Dezember bei Ludwigsburg (Baden-Württemberg) ereignet hatte.

Bei Durchsuchungen in Rheinbach, Meckenheim, Bonn und Wesseling sind Donnerstagvormittag vier der bislang acht ermittelten Tatverdächtigen vorläufig festgenommen worden. Die 70 Beamten aus Ludwigsburg und Bonn sowie fünf Sondereinsatzkommandos aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, ein mobiles Einsatzkommando und die Polizeihubschrauberstaffel Baden-Württemberg stellten zudem Beweise sicher. Von dem geraubten Gold und Schmuck im Wert von 1,8 Millionen Euro fehlt weiterhin jede Spur. Für Hinweise, die zur Wiederbeschaffung führen, war eine Belohnung von 100 000 Euro ausgesetzt worden.

Als Kopf der Gruppe sehen die Ermittler derzeit den 25-jährigen Kawa Homam-Ghazi aus Rheinbach. Er soll laut Polizei mit seinem in Bonn lebenden 28-jährigen Landsmann Giwar Hajabi, der in der Rap-Musik-Szene als „Xatar“ bekannt ist, die Fäden gezogen haben. „Dazu gehörte unter anderem die Beschaffung von Handschließen und anderen polizeitypischen Requisiten, die den am 15. Dezember an der Autobahnanschlussstelle Ludwigsburg-Nord verübten Raub zunächst als Polizeieinsatz erscheinen ließen“, erklärten die Stuttgarter Staatsanwaltschaft und die Polizei Ludwigsburg am Donnerstag.

Bei der Polizei sind mehrere der Männer keine unbeschriebenen Blätter: Rapper „Xatar“ wurde im September nach einem Ausraster in Hugh Hefners „Playboy Mansion“ in Los Angeles festgenommen. Der jetzt ebenfalls gesuchte Sami Abdel Hadi (26) war etwa zur selben Zeit auf dem Brüser Berg in die Schießerei zweier Banden verwickelt, bei der er durch einen Schuss in den Hals schwer verletzt wurde. Er ist wahrscheinlich mit den Drahtziehern des Goldraubs nach Osteuropa geflüchtet. Ebenso untergetaucht ist Sidar Coskun (21) aus Meckenheim. Auch er soll an dem Überfall beteiligt gewesen ein. Kawa Homam-Ghazi steht im Verdacht, 2008 mehrere tausend Kunden der Auktions-Plattform ebay betrogen zu haben. Er soll hochwertige Uhren angeboten, die bestellten und bezahlten Waren aber nicht geliefert haben. Die Schadenssumme bezifferten die Ermittler auf gut 1,2 Millionen Euro. Fast 7000 Geschädigte erstatteten Anzeige. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts sucht ihn wegen Betruges. Zeugen sollen vor dem Prozess bedroht worden sein.

Ermittler prüften über 330 Spuren

Unter den 330 Spuren, von denen sich viele auf die bei der Tat verwendeten Fahrzeuge bezogen, erwies sich eine DNA-Spur an einer Handschließe als Volltreffer. Sie konnte einem weiteren 21-jährigen Meckenheimer zugeordnet werden, der, wie auch ein 24-jähriger Bonner aus dem Stadtteil Hardtberg, am Donnerstag von Einsatzkräften in Bonn und Rheinbach festgenommen werden konnte. Ihnen wurde in Stuttgart der Haftbefehl wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes verkündet und die Einweisung in Gefängnisse veranlasst. Zwei weitere Männer, die sich zum Zeitpunkt der Durchsuchung in den Wohnungen aufgehalten hatten, wurden vernommen und wieder auf freien Fuß gesetzt.

Bei den Durchsuchungen stellten die Beamten ein Pistolenholster, mehrere echt aussehende Waffen und eine polizeitypische Weste, eine Schutzweste sowie Wollhandschuhe sicher, die bei der Tat verwendet worden sein könnten. Darüber hinaus fanden die Ermittler Unterlagen, die laut Staatsanwaltschaft einen Zusammenhang mit dem Raub erkennen lassen.

Fahrer und Beifahrer eines silbergrauen Mercedes Sprinter waren am 15. Dezember mit ihrer wertvollen Fracht von Nürnberg Richtung Pforzheim unterwegs gewesen, als sie auf der A 81 in Fahrtrichtung Stuttgart vor der Anschlussstelle Ludwigsburg-Nord von einem dunklen BMW überholt wurden. Auf dem Armaturenbrett des Wagens, der mit einem gefälschten Nürnberger Behördenkennzeichen versehen war, blinkte ein Blaulicht, und mit einer Leuchtschrift am Heckfenster des BMW wurden sie aufgefordert, dem vermeintlichen Dienstwagen zu folgen, bis sie unter einer Brücke angehalten wurden.

Hinter dem Sprinter stoppte ein roter VW-Bus. Vier Männer, die einheitlich mit grünen Oberteilen und schwarzen Westen mit der Aufschrift „POLIZEI“ bekleidet waren, gaben sich als Mitarbeiter der Steuerfahndung aus und nahmen die Männer unter Hinweis auf eine Durchsuchung in ihrem Unternehmen fest. Sie wurden mit Handschließen gefesselt und in einem Waldstück ausgesetzt. Nach dem filmreifen Überfall hatte die Ermittlungsgruppe „Gold" bei der Kriminalpolizei Ludwigsburg auch Recherchen im Rhein-Sieg-Kreis begonnen und zunächst nach einem VW-Bus mit dem Kennzeichen „SU-W“ gesucht. Schließlich führte dann der genetische Fingerabdruck zu den mutmaßlichen Tätern. (EB)