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StudentenhausErster Baustein für „Marmelade Parc“

Lesezeit 3 Minuten

Der Gebäudekomplex zwischen Hansaring 87 und Maybachstraße 106.

Die Studentenzeit ist Hartmut Gruhl noch in guter Erinnerung. Er habe sie geliebt, die Freiheit, die Inspirationen, die Unbeschwertheit jener Jahre. Diese Lebensphase sei für viele doch die „letzte Station vor dem Schritt in die Bürgerlichkeit“, meint er. Mit dem Projekt „Marmelade Parc“ will der Kölner Architekt und Bauherr der heutigen Generation angehender Akademiker nun einen Raum geben, der auch sie beflügelt. Das erste von bislang vier geplanten Studentenhäusern ist inzwischen in der Kölner Innenstadt fertiggestellt. Der Gebäudekomplex, der auf einem so genannten „mindergenutzten“ Grundstück entstanden ist, veranschaulicht, was Gruhl unter „Architektur mit Alleinstellungsmerkmal“ versteht.

„Wir haben uns gleich gedacht, dass der von dir sein muss“, haben Bekannte Gruhl erzählt, nachdem sie den Neubau nahe dem Mediapark gesehen hatten. Und tatsächlich ist die Handschrift des Kölner Vertreters des Dekonstruktivismus ganz deutlich erkennbar. Gruhls Bauten wirken oft wie zerlegt und abseits der Konvention auf spielerische Weise neu zusammengesetzt, den Regeln von Schwerkraft und Statik, von Stabilität und Einheit scheinbar widersprechend. Das trifft auch auf den Gebäudekomplex zwischen Hansaring 87 und Maybachstraße 106 zu, der aus Würfeln und Quadern zusammengefügt scheint. Gemeinsam mit Erhard Dörr hat Gruhl auch die Bauherrschaft übernommen.

Die dynamische äußere Form spiegelt sich in den Grundrissen der Wohnungen wider, die auch in Details ihrer Grundausstattung mit Regalen aus zerlegten Einkaufskörben und Lampen aus Gartenschläuchen bürgerliche Konventionen auf den Kopf stellen. In Wohngemeinschaften verfügen zwei bis vier Studenten neben dem eigenen Zimmer, Küche und Bad auch über einen Gemeinschaftsraum. Wie Gruhl berichtet, beträgt die Warmmiete pro „Studentenzimmer“ in der Regel weniger als 300 Euro. Der Gebäudekomplex nahe dem Mediapark bietet Wohnraum für hundert Studierende. Weitere Häuser sind in Planung.

Im Herbst soll an der Aachener Straße ein Gebäude für 80 junge Menschen fertiggestellt werden, an der Weinsbergstraße in Ehrenfeld ist ein Domizil für 250 Studenten geplant, ein Bunker in der Schnurgasse in der Südstadt soll nach seinem Umbau 40 Studenten ein Heim bieten, an der Rupprechtstraße in Sülz ist ein weiteres Domizil für 40 Bewohner vorgesehen. Der Bedarf ist vorhanden, wie Gruhl aus der Erfahrung des „Pilotprojekts“ weiß: „Die Wohnungen waren an einem Nachmittag alle weg.“

Um den Neubau zu erstellen, wurde die vorherige drei- beziehungsweise eingeschossige Bebauung am Ring und an der Maybachstraße abgebrochen. So ist er auch ein Beispiel dafür, wie Grundstücke durch pfiffige Lösungen besser ausgenutzt werden können - ein Ziel, das auch die Stadt mit dem Baulückenprogramm verfolgt. Seit 1990 sei es ihr dabei gelungen, 3250 von insgesamt 5800 Baulücken zu schließen, sagt Baudezernent Bernd Streitberg. Die Stadt wolle die Bemühungen fortsetzen und dabei nun vor allem institutionelle Eigentümer mit großen freien oder mindergenutzten Grundstücken ansprechen.

Gruhl musste nicht überzeugt werden. Er hatte eine Vision, die nun Wirklichkeit geworden ist und viel mit seiner Vergangenheit zu tun hat: „Die Studienjahre haben mich sehr geprägt, eine glückliche Zeit.“