Test einer 17-JährigenSolarium für Jugendliche tabu

Unsere Autorin Lara Aylin ist in mehr als der Hälfte der getesteten Solarien hineingekommen. (Bild: Grönert)
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Eigentlich darf ich gar nicht hier sein. Ich schließe die Tür der Kabine ab. Wenn ich wollte, könnte ich mich jetzt 20 Minuten unter die künstliche Sonne legen. Mache ich aber nicht, die Bank summt neben mir leer vor sich hin, meine Haut bleibt blass. Ich bin erst 17 und das hier ist nur ein Test, denn für mich ist der Besuch im Sonnenstudio gesetzlich verboten: Zutritt zum Solarium ist seit August 2009 erst ab 18 Jahren erlaubt und seit März droht Studios sogar ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro, wenn sie gegen dieses Gesetz verstoßen.
Aber halten sich die Betreiber wirklich daran? Das will ich wissen. Zehn Kölner Sonnenstudios verschiedener Ketten habe ich mir vorgenommen. Komme ich rein, obwohl ich unter 18 bin?
Zu Beginn keinerlei Probleme
Den Anfang macht eine Filiale der Sonnenstudiokette „Sunpoint“, die sich auf ihrer Internetseite als deutscher Marktführer und als die weltweit einzige TÜV-zertifizierte Solarienkette ausweist. „Waren Sie schon einmal auf der Sonnenbank?“, fragt die Beraterin am Empfang. „Nein, bisher noch nie,“ antworte ich. Nach meinem Alter oder meinem Personalausweis fragt sie nicht. Auch sonst gibt es keine Ratschläge, keine Informationen zu möglichen Hautschädigungen, obwohl ich noch nie auf einer Sonnenbank war. Nur eine Ausnahme? Nein, auch in der zweiten „Sunpoint“-Filiale kann ich nach einem kurzen Dialog problemlos in die Kabine gehen. Fragen nach meinem Alter - auch diesmal nicht. Hier empfiehlt man mir sogar eine Bank mittlerer Stärke.
Bei der dritten „Sunpoint“-Filiale, die ich aufsuche, steht ein Schild im Schaufenster. „Sonnen erst ab 18“. Wird man vielleicht hier genauer nachfragen? Und tatsächlich: „Wie alt bist du?“, fragt die Mitarbeiterin am Eingang. Mal sehen, ob sie meinen Ausweis sehen will. „18“, lüge ich einfach und sie scheint keine Zweifel an meiner Aussage zu haben. Jetzt bekomme ich noch einen schriftlichen Test, bei dem ich selbst zehn Fragen beantworten soll, um meinen Hauttyp zu ermitteln. Am Ende muss ich mir also ohne helfende Beratung selbst ermitteln, wie viel UV-Bestrahlung meine Haut verträgt. Auch in der vierten „Sunpoint“-Filiale läuft es nicht anders.
„Kann ich denn mal deinen Personalausweis sehen?“
Als nächstes versuche ich es bei zwei Studios der Kette „California Sun“. Das Ergebnis: In beiden Filialen fragt niemand nach meinem Alter oder Personalausweis. In der ersten empfiehlt man mir die mittlere Bestrahlungsstärke. In der zweiten erhalte ich einen Bräunungsplan, der mir helfen soll, Schritt für Schritt meine erwünschte Bräune aufzubauen. Erst bei der dritten Filiale der Firma „California Sun“ kommt es anders: „Bis du denn schon 18 Jahre alt?“, fragt mich die Mitarbeiterin. „Klar“, sage ich. Die Frau guckt misstrauisch. „Kann ich denn mal deinen Personalausweis sehen?“. Da ich keine bessere Ausrede parat habe, sage ich „Den habe ich leider zu Hause vergessen.“ Nützt mir aber nichts - mir bleibt nichts anderes übrig, als das Feld zu räumen.
Eine weitere löbliche Ausnahme bei meinem Test ist eine Filiale der Kette „Ayk“. Auch hier bleiben die Angestellten hartnäckig, halten sich an das Gesetz. Keine UV-Strahlen für mich ohne Ausweis. Allerdings - in einer anderen Ayk-Filiale wird für mich wieder ohne weiteres die Kabine freigegeben.
Die Beratung bleibt aus - mal wieder
Ebenso in einem Studio der Kette „Sun in“. Auch hier kann ich ohne Probleme in die Kabine durchgehen. Man fragt mich vorher bloß nach meinem Hauttyp. Ich antworte: „Ich war noch nie auf einer Sonnenbank, und bin mir unsicher, wo ich meinen Hauttypen einordnen soll.“ Obwohl allein schon meine Antwort Unkenntnis erkennen lässt, folgt keine Beratung. Man empfiehlt mir eine 20-minütige mittlere Bestrahlung.
Zehn Sonnenstudios habe ich getestet. Das erschreckende Fazit: 8 von 10 Sonnenstudios hätten mich ohne Vorlage meines Personalausweises unter die Bestrahlung gelassen. Selbst die „zertifizierten Solarien“ hielten sich nicht an das Verbot der Benutzung durch Minderjährige.
Die Deutsche Krebshilfe hält das Solarienverbot für Minderjährige für eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen den Hautkrebs. „Doch das Gesetz muss auch Wirkung zeigen“, sagt Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. „Dies ist nur möglich, wenn Überprüfungen erfolgen und bei Zuwiderhandlung gegen das Nutzungsverbot den Sonnenstudios tatsächlich Bußgelder auferlegt werden.“
Angestelle sind geschult. Tatsächlich?
Jedes Jahr erkranken in Deutschland 120.000 Menschen an Hautkrebs. Das Krebsrisiko steigt, wenn sie schon in jungen Jahren mit der intensiven Nutzung von UV-Strahlung beginnen. Alle Angestellten seien geschult worden und wüssten Bescheid, dass unter 18-Jährigen kein Zutritt zu gewähren sei, sagt Marion Palmer, Marketingmanagerin bei Ayk. „Wir finden das Gesetz gut und wollen, dass es eingehalten wird.“ Auch Knut Pauli, Pressesprecher von „Sunpoint“ versichert: „Alle Mitarbeiter wurden geschult und haben unterschrieben, dass sie von dem Gesetz in Kenntnis gesetzt worden sind.“ Die Mitarbeiter der Filialen seien angewiesen worden, bei allen Neukunden nach dem Alter zu fragen. So sei einer Mitarbeiterin in Hamburg bereits gekündigt worden, weil sie Minderjährigen Zutritt zur Sonnenbank gewährt hatte. Das Franchise-Unternehmen führe regelmäßig anonyme Qualitätskontrollen in den Filialen durch, so Pauli. Dazu gehöre auch die Einhaltung des Solarienverbots für Minderjährige. „Wir sind nicht unfehlbar. Wenn Mitarbeiter das Verbot nicht einhalten, hat das aber arbeitsrechtliche Konsequenzen“, sagt Pauli.
Nicht unfehlbar - das hat auch der erste Testlauf gezeigt. Dass es so leicht war, an künstliche Sonne zu kommen, hat mich aber dann doch überrascht. Deshalb lege ich eine zweite Testrunde ein, besuche die Sonnenstudios alle noch einmal.
Kein Zutritt ohne Ausweis
Den Anfang macht wieder „Sunpoint“. Selbstbewusst betrete ich den Laden. „Ich würde gerne 20 Minuten auf die Sonnenbank.“ „Könnte ich bitte deinen Personalausweis sehen?“, fragt die Beraterin hinter dem Empfang, diesmal eine andere als vergangene Woche. „Nein, den habe ich heute leider nicht mitgenommen.“ „Dann kann ich dich leider nicht auf die Sonnenbank lassen, aber wenn du in der Nähe wohnst, kannst du gleich mit deinem Ausweis wieder kommen.“
In der zweiten „Sunpoint“-Filiale wird es mir dagegen wieder leicht gemacht. „Warst du schon einmal auf der Sonnenbank?“ fragt mich die Frau hinter dem Empfang. „Nein, bisher noch nie“, antworte ich. „Dann würde ich dir die leichte Stärke empfehlen, für circa 15 Minuten.“
Wird es in der dritten „Sunpoint“-Filiale genau so einfach gehen, die mit dem „Sonnen erst ab 18“-Schild? Nein, auch hier kommt erst die Ausweis-Frage. „Den habe ich zu Hause, aber ich bin 18 Jahre alt.“ , behaupte ich. „Tut mir Leid, aber ohne deinen Ausweis kann ich dich leider nicht reinlassen.“ Und auch in der vierten Sunpoint Filiale, in der ich letzte Woche ohne weiteres auf die Sonnenbank gelassen wurde, wird diesmal nachgehakt, ohne Ausweis habe ich letztendlich keinen Zutritt.
Als nächstes steht der Besuch bei „California Sun“ an. Wieder versuche ich es bei zwei Studios dieser Kette. Und auch hier werde ich ohne weiteres, genau wie letzte Woche, auf die Sonnenbank gelassen. Auch bei „Ayk“ und „Sun in“ bleibt das alte Muster bestehen. Nach meinem Ausweis wird nicht gefragt, eine Kundenberatung erhalte ich auch nicht und darf abermals in die Kabine. Das erschreckende Fazit lautet also insgesamt: Fünf von zehn der getesteten Sonnenstudios hätten mich ohne Vorlage meines Personalausweises unter die Sonnenbank gelassen.