TierschutzVerletztes Reh nicht von Leiden erlöst

Verloren stand das verletzte Reh im Garten in Hellenthal. (Foto: Hilgers)
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HELLENTHAL – „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen,“ heißt es in Paragraf 1 des Tierschutzgesetzes. Das beinhaltet wohl auch, so sollte man meinen, dass ein verletztes Tier, das gefunden wird, von seinen Leiden erlöst wird.
In Hellenthal kam es allerdings anders: Wolfgang und Astrid Reich fanden gestern Morgen in ihrem Garten ein schwer verletztes Reh und konnten niemanden finden, der sich des Tieres annehmen wollte. „Wir haben das Tier leiden sehen und wussten uns nicht mehr zu helfen. Doch alle zuständigen Organe haben die Verantwortung hin und her geschoben“, klagt Wolfgang Reich an.
In den vergangenen Tagen wurden in Hellenthal im Bereich der Straße „Kalberbenden“ immer wieder Rehe gesehen. Das Wild, das wegen der festen, gefrorenen Schneedecke Mühe hat, an Nahrung zu kommen, wagt sich nun auch in die Gärten der Anwohner, um sich dort mit Futter zu versorgen. Gestern Morgen sei es wieder so weit gewesen: „Gegen 8.30 Uhr hat meine Frau ein Reh gesehen, sie kam freudestrahlend zu mir und berichtete davon“, erzählt Wolfgang Reich. Doch dann war das Tier plötzlich weg, wurde aber von der Jack-Russel-Hündin Sina hinter einem Verschlag mit einem Komposter aufgestöbert. Das Reh humpelte hinter der Palisadenwand hervor. Am hinteren rechten Lauf war eine große, offene Wunde zu sehen.
„Das Reh hat sich manchmal auf die Vorderläufe gestellt, als wenn es einen Salto nach vorne machen wollte“, berichtet Reich. „Mensch, wir müssen was tun, das Tier ist verletzt“, sei ihre erste Reaktion gewesen. Danach habe Astrid Reich die Schleidener Polizei angerufen. Doch dort, so berichten Astrid und Wolfgang Reich, sei ihnen erklärt worden, man sei eigentlich nicht zuständig. Stattdessen wurde ans Hellenthaler Wildgehege verwiesen.
Eine Reaktion, die den Beamten eigentlich gar nicht ähnlich sieht. Laut Lothar Willems, Sprecher der Kreispolizei-Behörde, wird in einem solchen Fall normalerweise ein Beamter vor Ort geschickt, der dann entweder das Tier selbst mit einem Schuss erlöst oder aber einen Jagdausübungsberechtigten damit beauftragt. In Schleiden sei der morgendliche Anruf aus Hellenthal nicht dokumentiert worden.
Als sich die Reichs ans Wildgehege wendeten, wurde die Situation noch verfahrener: Dort habe man versucht, einen Veterinär einzuschalten, der dem Gehege eine entsprechende Schussgenehmigung erteilen sollte. Das gelang jedoch nicht, das Ehepaar Reich blieb auf dem Problem sitzen und informierte daraufhin die Rundschau.
Anschließend kam aus der Nachbarschaft Fritz Poensgen vorbei und besorgte in einer Tierhandlung Heu, um das verletzte Reh zu füttern. Er verstreute es auf dem Grundstück, doch das verletzte Reh bekam es wohl mit der Angst zu tun und floh.
Wolfgang Reich jedenfalls war nach diesem Vorfall empört. „Das ist sehr betrüblich“, sagte er. Wenn irgendwo Öl auf der Straße liege, sei in der Regel sofort ein Polizei-Einsatz fällig. Betreffe es aber ein Tier, gebe es eine Weigerung. „Dass auf solche Weise Verantwortung hin und her geschoben wird, das muss öffentlich gemacht werden“, sagt Wolfgang Reich.