Tom Gerhardt„Die Dummheit stirbt zuletzt“

Tom Gerhardt. (Bild: Meisenberg)
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Kölnische Rundschau: Herr Gerhardt, mussten Sie Ihrem Filmpartner Hilmi Sözer schonend beibringen, dass Tommie und Mario wieder auf die Menschheit losgelassen werden?
Tom Gerhardt: Na ja, ich habe ihn angerufen und gesagt: „Hilmi, ich denke, wir müssen es wieder tun!“
Kölnische Rundschau: Die letzten Chaos-Tage von Tommie und Mario liegen 13 Jahre zurück. Ist das nicht eine zu lange Pause?
Tom Gerhardt: Nach „Ballermann 6“ habe ich gedacht, was soll ich über die Jungs noch erzählen? Aber die Fans wollten unbedingt, dass dieses Duo wieder aufersteht. Ich bin jahrelang befeuert worden mit Briefen und E-Mails.
Kölnische Rundschau: Sind „Die Superbullen“ also ein Geschenk an die Fans?
Tom Gerhardt: Nun ja, es ist immer ein nettes Kompliment, wenn man schreibt, „mir haben die Tommie- und Mario-Filme so gut gefallen“ und so weiter. Das motiviert natürlich.
Kölnische Rundschau: Aber wie kann man diese Figuren heute noch spielen? Sie sind inzwischen 53.
Tom Gerhardt: Das ist ganz einfach: Die Dummheit stirbt zuletzt. Einen richtigen Knallkopf kann man immer spielen. Jemand, der in der Jugend ein Knallkopf ist, wird es im Alter auch noch sein.
Kölnische Rundschau: Hat sich Tommie denn weiterentwickelt?
Tom Gerhardt: Nein (lacht), keinen Zentimeter. Sie sind zwar älter, aber noch genauso oder noch mehr bescheuert. Wir sehen sie diesmal nämlich genau dort, wo sie überhaupt nicht hinpassen: bei der Polizei.Kölnische Rundschau: Wie war es für Sie, nach einer so langen Pause wieder die Pudelmütze aufzusetzen und mit „Ey, Boah, ey“ den Voll-Proll zu geben?
Tom Gerhardt: Ich hab es geliebt. Tommie ist ein Anarcho, ein gutmütiger, bescheuerter Typ. Er hat seine eigene verrückte Logik – und das lieben die Leute. Ich kenne Fans, die haben sich die Filme hunderte Male angeschaut. Die treffen sich zum Bier, sprechen die Dialoge nach und sind dem Kult richtig verfallen.
Kölnische Rundschau: Bei den „Werner“-Filmen ist das ähnlich. Da lassen sich Jungs, die den Knigge eigentlich drauf haben, auf eine andere Stufe herab, rülpsen um die Wette und sind einfach nur albern.
Tom Gerhardt: Das ist der Charme der unendlichen Doofheit.
Kölnische Rundschau: Und mit dem spielen Sie auch?
Tom Gerhardt: Richtig. Wenn man aber einen solchen Film macht, kann man nicht sagen, man müsse nur doof genug sein. Es gibt „doof-doof“ und „gut-doof“. Und „gut-doof“ muss man erst mal hinbekommen.
Kölnische Rundschau: Tom Gerhardt macht gut-doof?
Tom Gerhardt: Das müssen die Zuschauer entscheiden. Aber eines kann man sagen: Ist es auch Wahnsinn, gelegentlich Schwachsinn, so hat es doch Methode.
Kölnische Rundschau: Das Drehbuch haben Sie mit Franz Krause geschrieben. Wie entwickeln Sie die Gags?
Tom Gerhardt: Wir spielen zum Warmwerden erst immer einige Partien Kicker. Dann trinken wir Kaffee und reden über Gott und die Welt. Und dann muss man sich wahnsinnig konzentrieren, sich in die Lage der Zuschauer versetzen, den verrückten Geist dieser Filme von früher wiederfinden. Man muss sehen, dass über 90 Minuten doch eine Handlung erforderlich ist, und wenn sie noch so blödsinnig ist.
Kölnische Rundschau: Das Feuilleton wird sie abstrafen oder einfach missachten.
Tom Gerhardt: Natürlich. Aber ein Fan wird sich nicht von einem Feuilletonisten beeinflussen lassen. Wissen Sie, es gibt auch viele Filme, die einen wegeweisenden Anspruch für sich reklamieren, die aber unfreiwillig dämlich werden. Wir dagegen sind gewollt dämlich, oder wir wollen gut dämlich sein. Unser Ziel ist es, Schwachsinn mit Niveau zu machen. Und das ist gar nicht so einfach.
Kölnische Rundschau: Erklären Sie mal!
Tom Gerhardt: Ganz einfach: Geh’ auf ’ne Party mit 80 Leuten und versuch’, sie traurig zu machen. Du musst nur ein paar Krankheitsgeschichten erzählen, dass du nicht mehr lange zu leben hast und dass deine Eltern unter entsetzlichen Schmerzen gestorben sind. Dann wirst du sehen, dass die ganze Runde kurz vor den Tränen steht. Aber versuche mal, 80 Leute, alle zusammen zum Lachen zu bringen. Genauso verhält es sich auch zwischen Komödie und Drama.
Kölnische Rundschau: Sind Tommie und Mario bei den Dreharbeiten von Passanten wiedererkannt worden?
Tom Gerhardt: Ja, mehrfach. Wir haben zum Beispiel in Kalk gedreht. Da blieben zwei Blondinen stehen, die sahen so aus wie meine „Carmen Krause“ aus „Voll normaaal“: voll sonnenstudiogebräunt, total nette Mädels. Die sahen auch sexy aus, wie sich das gehört für ein Kalker Mädel – und die lachten sich kaputt. Die kannten die alten Dialoge fast auswendig.
Kölnische Rundschau: Die Drohung „Köln-Kalk-Verbot“ wurde damals Kult und mit dem Film ein ganzer Stadtteil.Ein Kollege erzählte mir neulich von einem „Kalker Gedeck“.
Tom Gerhardt: Das ist aber nicht von mir. Was ist das?
Kölnische Rundschau: Ein Kölsch und was aufs Maul!
Tom Gerhardt: Sehr schön (lacht). Wir haben diesmal die „Kalker Presse“ dabei. Die wird von der alten Unterweltgröße „Jupp“ angedroht. Ich verrate nicht, was sich dahinter versteckt, aber es ist schrecklich.
Kölnische Rundschau: In Ihrem neuen Film sind auch viele Schauspieler dabei, die eher dem ernsten Sujet zugeschrieben werden.
Tom Gerhardt: Es gibt eine Menge Schauspieler, die einfach Spaß dran haben. Götz Otto zum Beispiel hat zum ersten Mal in seinem Leben seinen hessischen Heimatdialekt verwursten können. Und Katja Flint, ist jetzt zum dritten Mal dabei. Das hat ihr vorher auch nicht geschadet. Und wenn man mal daran erinnert, dass Veronica Ferres damals bei „Voll normaaal „dat Carmen“ gespielt hat – und das nur mit Tanga bewaffnet und MCM-Tasche in der Hand – dann ist das doch eine schöne Anekdote. Da war sie noch ziemlich unbekannt.
Kölnische Rundschau: Matze Knoop spielt Franz Beckenbauer.
Tom Gerhardt: Das hängt mit dem Fall zusammen, den Tommie und Mario zu lösen haben: Hennes, das Maskottchen des 1.FC Köln ist entführt worden – und den vermuten die beiden in München. Aber mehr will ich noch nicht verraten.
Kölnische Rundschau: Leiden Sie sehr mit dem FC?
Tom Gerhardt: Ja, aber es ist ja noch Zeit. Ich hoffe aufs neue Jahr und mehr Punkte in der Rückrunde.
Kölnische Rundschau: Gibt es noch einen anderen Wunsch für 2011?
Tom Gerhardt: Ich möchte mehr Zeit haben für meinen Sohn. Der ist jetzt neun Monate alt. Ein fröhliches Kerlchen, der aber schon genau weiß was er will. Er ist ein kleiner Macho – da war „Rodrigo“ wohl der beflügelnde Name.
Das Gespräch führte Jan Wördenweber.