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Unbekannte Vogelspinnen-Art entdeckt

Lesezeit 5 Minuten

Exotische Tiere gibt s nicht nur in den Tropen. Erstaunlich ist die Artenvielfalt der Haustiere auch hier zu Lande. Der Frage, was so durch Eifeler Stuben kreucht und fleucht, geht die Rundschau in der Serie „Der Python auf dem Sofa“ nach. Heute stellen wir Boris Striffler vor.

Einen kleinen Zoo beherbergt das Haus der Familie Striffler in Euskirchen. Außer Familienkater Oskar, dem zauberhaften Golden-Retriever-Welpen Finch und niedlichen ägyptischen Rennmäusen leben dort noch viele achtbeinige Bewohner in ihren verschiedenen Terrarien: Skorpione und Vogelspinnen.

Dabei hält sich Boris Striffler diese Hausgenossen nicht als Kuscheltiere. Vielmehr hat der Diplom-Biologe sich auch international einen Namen als Arachnologe (Spinnenforscher) gemacht und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen (vormals Botanisches Institut), Bonn, in einem Bionik-Projekt.

Schon als kleiner Junge kannte Boris Striffler keine Abscheu vor diesen Tieren. Vielmehr interessierte er sich für ihr Verhalten, das er anfangs an größeren Hauswinkelspinnen beobachtete. Im Alter von zehn Jahren durfte er eine erste Vogelspinne halten. Für ihn stand schon früh fest, welchen Berufsweg er einschlagen wollte. Nach Abitur und Zivildienst begann der seinerzeit 20-Jährige 1994 sein Biologie-Studium in Bonn und schrieb seine Diplomarbeit über tropische Skorpione am Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig. Zur Zeit arbeitet er an seiner Dissertation über afrikanische Riesenskorpione.

Im Rahmen seiner Tätigkeit am Bonner Institut arbeitete er in einer Reihe wissenschaftlicher Projekte, bildete sich in Workshops fort, besuchte internationale Kongresse. Er ist Autor einer Reihe von Fachbüchern über Vogelspinnen und Skorpione sowie Publikationen, unter anderem für die Brockhaus-Tierenzyklopädie. Außerdem ist er Vorsitzender der Deutschen Arachnologischen Gesellschaft. Forschungsreisen führten ihn nach Südafrika und schon mehrmals nach Venezuela. Erst vor kurzem wurde über seine Reise in den Urwald von Venezuela und die Suche nach der größten Vogelspinne der Welt im Fernsehen im Rahmen der Sendung „tierzeit“ berichtet. Mit Hilfe eines Urwald-Indianers entdeckte Striffler zwar nicht die größte, aber dafür eine bisher unbekannte Vogelspinnen-Art. Auch den wohl giftigsten Spinnen der Welt stattete Striffler in Australien einen Besuch ab.

In seinem Arbeitszimmer hält er sich nicht nur viele der haarigen Vogelspinnen, sondern ebenso einige Exemplare der relativ kleinen, wie gelackt aussehenden Schwarzen Witwen, die auch in Italien, Spanien oder Kroatien vorkommen. Deren Bisse rufen starke Schmerzen und Lähmungserscheinungen hervor, sind jedoch entgegen landläufiger Meinung nicht tödlich. Meist helfen ein Antitoxin und eine Calciumspritze. Auch der Biss einer Dornfinger-Spinne, deren Vorkommen in Österreich jüngst geradezu eine Hysterie hervorrief, ist nur für Allergiker gefährlich - wie beispielsweise auch Bienen- oder Wespenstiche. Allerdings ist es die giftigste Spinne Mitteleuropas. In Deutschland kommt sie bisher nur am Kaiserstuhl vor.

In die Klasse der Spinnentiere fallen auch Skorpione, von denen sich in Strifflers Terrarien viele Exemplare beobachten lassen. In Größe und Färbung sind sie unterschiedlich, haben aber eins gemeinsam: Scheren und den typisch gegliederten, nach innen gebogenen Schwanz mit einem Stachel am Ende, der blitzschnell und treffsicher eingesetzt werden kann. Schwarze Skorpione sind nicht immer am giftigsten. Meist sind es die kleineren, hellen Tiere, deren Stich ernsthafte Beschwerden hervorrufen, bei einigen Arten sogar tödlich enden kann.

Skorpione kommen nicht nur in Australien, Südamerika oder Afrika vor, es gibt (relativ) ungiftige Arten am Mittelmeer in Spanien, Italien, in Österreich oder der Schweiz.

Meist ist an der Beschaffenheit der Scheren zu erkennen, ob es sich um ein mehr oder weniger giftiges Exemplar handelt: Je schmaler und pinzettenförmiger die Scheren, desto giftiger die Skorpione. Dicke schaufelartige Scheren weisen darauf hin, dass das Tier seine Beute vorwiegend mit Kraft überwältigt. Beispiele sind der Dickschwanzskorpion (hochgiftig) und der große schwarze Kaiserskorpion (ungiftig). „Aber auch darauf sollte man sich nicht immer verlassen“, warnt Striffler.

Fressvorgang

„eher unappetitlich“

Wie Vogelspinnen haben Skorpione acht Augen. Ihre Beute, meist Insekten, aber bei großen Skorpionen auch kleine Schlangen oder Babymäuse, nehmen sie im Wesentlichen mit Tasthaaren wahr, die sich hauptsächlich in den Scheren befinden. Beim Verzehr der Beute werden die scherenartigen Mundwerkzeuge eingesetzt. Sie zerkleinern das Futter, das von Verdauungssäften vorverdaut und der entstandene Nahrungsbrei eingesaugt wird. „Deswegen bekommen meine größten Skorpione nur Insekten wie selbstgezüchtete Schaben oder Grillen. Der Fressvorgang ist nicht gerade appetitlich. Außerdem halte ich es für unnötig, dass man Säugetiere dafür umbringt“, erklärt Striffler.

Jeden Monat

Fütterung

Bis zu einem Jahr können die Tiere ohne Futter auskommen - aber da geht es ihnen im Hause Striffler richtig gut: Dort werden sie einmal im Monat gefüttert.

Wie alle Spinnentiere häuten sich Skorpione und hinterlassen ein komplettes Außenskelett. Während der Paarungszeit beginnen diese Tiere ihren typischen Tanz „Promenade à deux“. Das Männchen packt mit den Scheren die des Weibchens und versucht es so über seine abgelegten Spermien zu ziehen - und das kann einige Zeit dauern. Nach der gelungenen Befruchtung dauert es ca. zwei bis drei Monate, bis sich aus den Eizellen etwa 30 Jungtiere entwickeln.

Während der ersten Lebenswochen bleiben diese weißen, zarten Duplikate ihrer Mutter auf deren Rücken. Schon nach der ersten Häutung ist der Stachel mit Gift geladen, und die Kleinen können erstmals selbständig auf Beutejagd gehen. Nach sechs bis zwölf Monaten sind sie geschlechtsreif.

Es kostet einen Laien doch einige Überwindung, ohne leichten Grusel die Terrarienbewohner im Hause Striffler zu beobachten. Selbst die Lebensgefährtin, Heilpädagogin Barbara Zoller , musste sich erst an die zum Teil gefährlichen Hausgenossen gewöhnen. Doch wenn Striffler über diese Tiere und ihre verschiedenen Verhaltens- und Lebensweisen berichtet, ist zumindest die Faszination verständlich, die von ihnen ausgeht.