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Unternehmer mit Weitblick und Herz

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SIEGBURG. Die Gäste standen schon Spalier, da war der Hausherr - wie jeden Morgen - noch auf Rundtour durch das Werk, damals am 4. Februar 2002, seinem 80. Geburtstag. Was zeigt: Er hat gearbeitet bis ins hohe Alter, er hat sich engagiert, für seine Beschäftigten und für seine Stadt. Hans-Alfred Keller, Inhaber der Siegwerk-Druckfarben und Ehrenbürger der Kreisstadt, ist tot. Am Dienstag starb er im Alter von 82 Jahren.

„Ein trauriger Tag für Siegburg“, war gestern die erste Reaktion von Bürgermeister Franz Huhn. Zwar seien die Gedanken in erster Linie bei der Familie, doch gebe der Tag auch Anlass, darüber nachzudenken, „was dieser Mensch alles für unser Gemeinwesen getan hat“. Das ist eine ganze Menge.

Die Familie und das Siegwerk haben nicht nur einen aufopfernden Patriarchen verloren, sondern die Stadt zugleich einen großen Unternehmer, der die Druckfarben-Fa- brik zum größten Steuerzahler und Arbeitgeber mit heute rund 1500 Beschäftigten entwickelte und ein großzügiger Mäzen des kulturellen und des sozialen Lebens war. In der Ehrenbürgerschaftsurkunde wird die großzügige finanzielle Förderung des Torhaus-Museums ebenso genannt wie die „Schaffung bedeutsamer sozialer Einrichtungen“ sowie Kellers „Verständnis und die Hilfe, die er persönlich ungezählten bedürftigen Familien Siegburgs zuteil werden lieߓ.

Das hat Tradition in der Unternehmerfamilie, die väterlicherseits dem Firmengründer Christian Gottlieb Rolffs entstammt, mütterlicherseits dem Bergisch Gladbacher Papierfabrikanten Zanders. Schon für das 1840 als Kattunfabrik gegründete Werk in Siegburg war soziales Engagement Ehrensache. Die Kattunfabrik war die zweite Firma in der damaligen Rheinprovinz, die eine eigene Krankenversicherung einführte. Dem fühlten sich auch die Nachkommen verpflichtet, die sich von Generation zu Generation den Titel Ehrenbürger auf ein Neues erarbeiteten. Die Eltern des jetzt Verstorbenen, Alfred und Eleonore Keller, die einst unter anderem der Kreisstadt ihre erste Bücherei ermöglichten, waren Ehrenbürger, ebenso wurde dessen Ehefrau Veronika Keller, die vor allem die Jugendbehindertenhilfe in hohem Maße fördert, diese Auszeichnung zuteil, und dass auch Sohn Alfred aussichtsreicher Aspirant für eine Ehrenbürgerschaft ist, steht außer Frage. Erst kürzlich hat der Junior mit Ehefrau Natascha und noch gemeinsam mit seinen Eltern die „Nikolaus-Stiftung“ für Kinder und Jugendliche aus der Taufe gehoben und mit einem Grundkapital von 550 000 Euro ausgestattet. Die Stiftung widmet sich auf Anregung von Veronika Keller nicht zuletzt auch Aussiedler-Kindern in Kaldauen und Ausländer-Kindern im Stadtteil Deichhaus: Sozusagen Alfred Kellers Vermächtnis.

Geboren wurde Alfred Keller in der elterlichen Villa, die inmitten eines Parks auf dem Werkgelände steht: ein Umfeld, dass 82 Jahre sein Lebensmittelpunkt und sein Lebensziel war. Bis auf zwei Unterbrechungen: zum einen die Jahre 1938 bis 1940 als Zögling im Internat Schloss Salem am Bodensee, danach bis Kriegsende unter anderem an der Ostfront im 15. Kavallerie-Regiment. 1945 kehrte er in das von Artillerie-Treffern beschädigte Elternhaus zurück und trat als persönlich-haftender Gesellschafter in das Siegwerk ein, wie nach seiner kaufmännischen Ausbildung 1952 auch in die Papierfabrik Zanders. Ein Jahr zuvor hatte er mit Veronika Baronesse Digeon von Monteton die Ehe geschlossen, aus der die Kinder Alfred und Verena hervorgingen. Unterdessen wuchs das Siegwerk unter seiner Führung zu einem der führenden Unternehmen der Tiefdruckfarben-Industrie mit Niederlassungen weltweit. Zwar wurde das Werk vor ein paar Jahren in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, doch gehören die Anteile zu 100 Prozent nach wie vor der Familie. Mehr als fünf Jahrzehnte hat Hans-Alfred Keller das Unternehmen geprägt und „mit seinem Weitblick zur heutigen Bedeutung geführt“, heißt es im Nachruf des Siegwerks, das um „eine herausragende Unternehmerpersönlichkeit“ trauert, deren „beispielhafte menschliche Haltung“ die gemeinsame Arbeit gefördert habe.

Die Trauerfeier findet am Mittwoch, 3. November, 11 Uhr, in der Auferstehungskirche statt, anschließend ist die Beisetzung auf dem Nordfriedhof.