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UrteilNamen verurteilter Verbrecher nennen

Lesezeit 2 Minuten

Prominente verurteilte Sexualstraftäter dürfen namentlich genannt werden. (Bild: dpa)

KARLSRUHE / KÖLN - In aktuellen Berichten über schwereGewaltverbrechen dürfen die Medien grundsätzlich den Namen desverurteilten Täters nennen. Das hat das Bundesverfassungsgericht imFall eines wegen Vergewaltigung verurteilten Ex-Fußballprofisentschieden. Zwar ist nach dem am Donnerstag in Karlsruheveröffentlichten Beschluss eine Identifizierung keineswegs immererlaubt - vor allem nicht vor einer gerichtlichen Verurteilung oderbei jugendlichen Straftätern, wo in der Regel dasPersönlichkeitsrecht des Betroffenen überwiege. Bei Urteilen wegenschwerer Straftaten habe dagegen "das Informationsinteresse imAllgemeinen den Vorrang".

Damit wies das Gericht die Verfassungsbeschwerde des ehemaligenFußballers ab. Das Landgericht Köln hatte den damals 44-jährigenKarlsruher im Oktober 2008 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt,weil er im Februar 2007 eine Domina gefesselt und mehrfachvergewaltigt hatte. Ein Internetportal hatte darüber mit Foto undNamensnennung berichtet und Details aus dem Sexualleben desverheirateten Angeklagten genannt, der seit Jahren bei derProstituierten Stammkunde war. Das Landgericht München I hatte dieszunächst untersagt, dagegen gab das dortige Oberlandesgericht demInternetportal im wesentlichen Recht.

Zurückhaltung bei laufender Ermittlung

Nach der Entscheidung der 1. Kammer des Ersten Senats (Az: 1 BvR1107/09 - Beschluss vom 10. Juni 2009) gehören Straftaten zumZeitgeschehen, deren Vermittlung Aufgabe der Presse ist. Bei schwerenGewaltverbrechen sei ein Interesse "an näherer Information über dieTat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motivesowie über die Strafverfolgung anzuerkennen", heißt es in derBegründung. Wer Mitmenschen angreife oder verletze, müsse auchdulden, "dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse derÖffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird".

Zurückhaltung bei der Namensnennung muss die Presse dagegenwährend laufender Ermittlungen üben, dort muss laut Gericht dieUnschuldsvermutung berücksichtigt werden. Auch darf der unantastbareKern der Privatsphäre nicht verletzt werden. Allerdings liege esfern, dass ein Sexualstraftäter sich auf diesen Schutz berufen könne,beschieden die Richter dem Kläger.

Auch über länger zurückliegenden Straftaten darf nicht ohneweiteres berichtet werden, weil sonst das Recht des Täters aufWiedereingliederung in die Gesellschaft verletzt sein kann. DiesesResozialisierungsgebot verschaffe Tätern aber keinen absoluten Schutzgegen Medienberichte: "Selbst die Verbüßung einer Straftat führtnicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt,mit der Tat alleingelassen zu werden", heißt es in der Entscheidung.Zudem müssen Prominente deutlich mehr an Berichterstattung überStraftaten dulden, ebenso Angeklagte, die sich selbst an die Pressewenden. (dpa)