VerwaltungsgerichtDer Viehtrieb gehört zum Straßenverkehr

Erfolgreich haben sich Günter und Markus Freihoff zur Wehr gesetzt. (Bild: Luhr)
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KÜRTEN – „Wir haben uns eines Besseren belehren lassen müssen“, sagt Kürtens Verwaltungsvertreter Willi Hembach. Und: „Diese Sache ist sehr ärgerlich für uns.“ Man könnte auch sagen: peinlich.
Es geht um das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln, das Günter und Markus Freihoff aus Bechen gegen die Gemeinde erreicht haben. Unter Aktenzeichen „18K 6818 / 10“ hat die 18. Kammer Recht gesprochen: Die beiden Landwirte, Vater und Sohn, dürfen wie bisher ihre knapp 40 Milchkühe zweimal täglich vom Stall zur Weide und zurück führen.
Und zwar auf dem Weg, den die Freihoffs schon immer von ihrem Grundstück Richtung Grünland gewählt haben. Die anderslautende Ordnungsverfügung der Gemeinde Kürten vom Oktober 2010 wird aufgehoben. Die Gerichtskosten fallen zu zwei Dritteln an die Gemeinde Kürten. Diese 77 Meter, auf denen die Kühe die öffentliche Straße Knappstockberg kreuzen, waren der Gemeinde ein Dorn im Auge: Die Schwarzbunten sollten nicht den Bogen über die südliche Hofzufahrt nehmen, sondern den nördlichen Weg aus dem Hofgelände. Das wäre zwar ein wenig kürzer, Freihoffs lehnen dies aber aus praktischen Erwägungen ab: „Die Kühe würden dann auseinander laufen. Ich bräuchte vier Personen als Aufsicht“, sagt Günter Freihoff.
Unterstützt von der Kürtener Kanzlei Ossenbach & Mätschke sowie den Experten der Landwirtschaftskammer legten die Bauern Widerspruch gegen die Verfügung ein. „Das hätte ein Präzedenzfall werden können“, glaubt Freihoff senior. In den vergangenen Wochen habe er von Landwirten aus ganz Deutschland Zuspruch erfahren. Nachbarn hätten mit Verweis auf den Bechener Fall überall einschreiten können, wenn ihnen die Kühe auf der Straße nicht gepasst hätten, sagt der Milchbauer.
Etwas unangenehm für die Gemeinde sind die Ausführungen des Gerichts. Zunächst ist da die Straßenverkehrsordnung. Kühe über die Straße zu treiben, gehöre nämlich nach allgemeiner Auffassung zum Straßenverkehr, so die Vorsitzende Richterin. Von Sondernutzung, wie in der Argumentation der Gemeinde, könne keine Rede sein.
Dann gehen in der Verwaltung die Uhren offenbar anders: 20 Minuten pro Trieb in jede Richtung hatten die Mitarbeiter angeblich gemessen und daraus eine 80-minütige Straßensperrung konstruiert, die nicht hinnehmbar sei. Im Mai, bei einem erneuten Ortstermin, maß die Gemeinde noch mal genau nach. Und siehe da: Jetzt betrug der einzelne Viehtrieb nur drei Minuten. „Die Beklagte (die Gemeinde, d. Red.) hat ihr Ermessen schon deshalb nicht sachgerecht ausgeübt, weil sie in einem maßgeblichen Punkt von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist“, heißt es im Gerichtsurteil. Auch wenn der Viehtrieb fünf statt drei Minuten dauere, sei die Straße nur täglich maximal 20 Minuten nicht passierbar. Damit stelle sich das Interesse, die „Verweildauer der Kühe auf der Straße zu verkürzen“, wesentlich anders dar.
Auch mit der Zahl der Freihoff-Kühe lag die Gemeinde ein bisschen daneben. Von 100 Kühen ist in den amtlichen Schreiben die Rede. Tatsächlich sind es 36 bis 39. „Da nachweislich ein geringerer Bestand vorhanden ist, erscheint der Viehtrieb über den Hof umso unproblematischer zu sein“, hatte die Gemeinde den Freihoffs schon im Februar mitgeteilt. „Wir wollten den Viehtrieb nicht verbieten. Wir waren nur der Auffassung, dass der längere Weg für den Kuhtrieb nicht richtig ist“, betont Willi Hembach. Damit habe man falsch gelegen.
Mit der fehlerhaften Zeitangabe und falschen Kuhzahl habe das Urteil nichts zu tun. Berufung werde man nicht einlegen: „Die Sache ist erledigt.“