Von außen verstellbare Innenspiegel
Als die junge Schönheit dem König von Frankreich, Heinrich IV. (1553-1610), am 1. April ein Briefchen zusteckt, in dem sie ihm ein heimliches Rendevous verspricht, macht sich dieser voller Vorfreude auf den Weg zum geheimen Treffpunkt. Dort staunt der Monarch nicht schlecht, als ihn sein gesamter Hofstaat empfängt und seine Gattin, Maria von Medici, sich bedankt, dass er der Einladung zum „Narrenball“ gefolgt sei.
Den König von Frankreich zum Narren halten? Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich mit dieser Geschichte der erste Aprilscherz der Welt nachweisen lässt. Mit Bestimmtheit wissen die Experten, dass das so genannte „April schicken“ in Deutschland das erste Mal 1618 belegt ist. Schon damals hat man sich gerne einen Zeitgenossen gesucht, oftmals einen Lehrling, den man am 1. April mit einem unmöglichen Auftrag hinaus in die Welt geschickt hat, in den April eben.
Besonders beliebte „Narrenaufträge“ sind in früheren Zeiten: Hühnerzähne suchen, einige Pfund Ibidumm (I-ch bi-n dumm) kaufen oder Puckelblau holen. „In den April schicken“ ist also ursprünglich wörtlich gemeint. Heute geht es immer öfter darum, andere Leute mit einer erfundenen Scherzgeschichte in die Irre zu führen und das Ganze dann mit „April, April, kann machen was er will“ schadenfroh aufzuklären.
Der älteste Aprilscherz, der durch eine Zeitung überliefert ist, stammt vom 1. April 1774 und versucht mit genau dieser Intention dem Leser einzureden, Hühner könne man wie Ostereier einfärben. Man müsse nur die Umgebung der Tiere in der Wunschfarbe gestalten, das Federvieh passe seine Farbe dann ganz von selbst an. Als „Aprilscherz“ bezeichnet man derartige Witzeleien aber erst später, in der Literatur verbreitet sich das Wort erst im 19. Jahrhundert.
Im Ausbildungswesen erfreuen sie sich noch heute großer Beliebtheit. Hier verliert sich in neuerer Zeit aber die Bindung an einen festen Tag wie den 1. April. So machen sich Auszubildende heutzutage auf den Weg, um Zinsfüße von der Bank zu holen, Gewichte für die Wasserwaage zu kaufen oder auch einen Globus von Europa zu erstehen. Sie suchen in Apotheken gedörrten Schnee, im Baumarkt nach Böschungshobeln und bestellen in der Werkstatt eine Kolbenrückholfeder oder von außen verstellbare Innenspiegel.
Mit ein paar Tricks funktioniert die Eselei mit hoher Wahrscheinlichkeit. Das Ziel dabei ist, dass der Aprilnarr (bzw. Lehrling) auf keinen Fall Verdacht schöpfen darf. Schon der Volksmund weiß: „Das ist ein Narr, der sich nimmt an, was er nicht vollbringen kann“.
Bloß nicht zu
auffällig sein!
Man sucht sich also bevorzugt etwas einfältigere, naivere Zeitgenossen aus oder verkauft seine Geschichte derartig gut und glaubwürdig, dass selbst geistig nicht besonders minderbemittelte Leute darauf hereinfallen. Psychologen wissen, dass Menschen eher geneigt sind, etwas für wahr zu halten, was sie sich wünschen oder gerne für wahr halten möchten. Wünsche und Ängste können also gezielt eingesetzt werden, um die Glaubhaftigkeit zu erhöhen.
So geistert zum 1. April ebenso gerne die Nachricht durch die Medien, die D-Mark werde wieder eingeführt wie die vom Atomstrom-Seperator, mit dem umweltbewusste Zeitgenossen den Atomstrom vom Strom erneuerbarer Energiequellen trennen könnten. Auch Medien haben es leichter, andere zum Narren zu halten. Ganz wichtig aber ist, sich dem Aprilnarren nicht selbst zu verraten. Aufträge und Scherzfragen müssen mit ernster Mine vorgetragen werden, ohne zu lachen, rot oder sichtbar nervös zu werden. Wer nun meint, dass er das nicht könne, der irrt. Der Psychologe John Frazer geht davon aus, dass jeder Mensch bis zu zweihundert Mal am Tag lügt (siehe Kasten).