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Vor 15 JahrenGesetz gegen Doppelnamen

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KathWas passiert, wenn Hilde Hütten einen Herrn Käse ehelicht? (Bild: dpa)

Seit dem Allgemeinen Preußischen Landrecht aus dem Jahr 1794 besteht in Deutschland das Recht und die Pflicht, einen Familiennamen zu tragen. Wie dieser lauten kann, wurde vor 15 Jahren neu geregelt und erfuhr seitdem mehrere Änderungen. Das aktuelle Namensrecht erlaubt fast alle Kombinationen. Nur gemeinsame Doppelnamen sind nicht möglich.

Angenommen Hilde Schmelz, geborene Hütten, möchte wieder heiraten. Vielleicht einen Herrn Käse. Wie wird sie in Zukunft heißen? Schmelz, Hütten oder Käse? Schmelz-Käse oder Hütten-Käse? Nie zuvor gab es so viele Möglichkeiten bei der Wahl des Ehenamens wie in den vergangenen 15 Jahren. Kurz zusammengefasst kann seitdem jeder seinen Namen behalten, der Name von Frau oder Mann kann Familienname werden oder ein Ehepartner kann einen Doppelnamen führen. Hilde Schmelz dürfte sich also Schmelz-Käse nennen, ihr Mann bliebe aber Herr Käse.

Seit 2004 kann darüber hinaus auch der Name aus einer früheren Ehe als Familienname auf den neuen Partner übertragen werden. Gegen diese Neuregelung liefen vor allem die Blaublüter Sturm. Sie befürchteten eine unbegrenzte Vermehrung ihrer Standesgenossen durch Scheidungswut und Neuheirat. So hätte beispielsweise aus Rudolf Scharping Graf Pilati von Thassul zu Daxberg-Borggreve werden können, hätte er den Familiennamen seiner zweiten Gattin Kristina angenommen, die vorübergehend mit dem Grafen Pilati vermählt war. In der Praxis sei die befürchtete Inflation von Adelstiteln aber nicht eingetreten, so Gerhard Bangert, Studienleiter an der Akademie für Personenstandswesen in Bad Salzschlirf.

Es war eine schwere Geburt, bis am 1. April 1994 das Namensgesetz in Kraft trat. Zwei Jahre brauchte der Rechtsausschuss des Bundestages, um sich auf eine neue Namensregelung zu einigen. Sie sollte die Flut von Doppel-und Bandwurm-Namen stoppen und für mehr Gleichberechtigung sorgen.

Auf dem Weg zur Vierfach-Kette?

Vorausgegangen war 1991 eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, mit der die Männerdominanz in Namensfragen fiel: Der Standesbeamte durfte bei Uneinigkeit in der Namensgebung nicht mehr automatisch den Namen des Mannes in die Heiratsurkunde eintragen.

Wie sehr das Namensrecht ein Spiegel der Gesellschaft ist, zeigt ein Blick auf die Historie. 1794 hieß es im Allgemeinen Preußischen Landrecht noch patriarchisch: "Die Frau überkommt durch eine Ehe zur rechten Hand den Namen des Mannes." Daran änderte auch das Bundesgesetzbuch nichts, als es 1900 in Kraft trat. Erst nach dem Gleichberechtigungsgesetz von 1957 begann die Liberalisierung: Frauen durften ihren Namen per Bindestrich anfügen. Das erste Eherechtsreformgesetz von 1976 bot die Möglichkeit, auch den Namen der Frau zum Ehenamen zu machen. Seit 1991 besteht kein Zwang mehr zu einem gemeinsamen Familiennamen. Jeder darf seinen Geburtsnamen behalten. Für Kinder gilt, dass sie sich bei unterschiedlichen Namen der Eltern für einen von beiden entscheiden können. Besitzt nur ein Elternteil das Sorgerecht, erhält das Kind automatisch dessen Namen.

Obwohl der Gesetzgeber die Gleichberechtigung der Geschlechter im Namensrecht fixiert hat, haben sich die getrennten Nachnamen bislang nicht durchgesetzt, sagt Gerhard Bangert. Die weitaus größte Mehrheit der Frauen nehme noch immer den Namen des Mannes an. Das gelte noch mehr auf dem Land als in der Großstadt.

Bangert vermutet, dass der Prozess der Veränderungen noch nicht abgeschlossen ist: "Der Doppelname für Kinder und Ehegatten wird kommen", vermutet er. Einen Grund sieht er in den Besonderheiten, die beispielsweise für ausländische Mitbürger aufgrund ihres Heimatrechts gelten. Heiratet ein Spanier, der traditionell einen Doppelnamen besitzt, eine Deutsche, darf ihr Kind einen Doppelnamen tragen, so Bangert. Bei Kindern aus deutsch-deutschen Ehen ist das nicht erlaubt, um Namensbandwürmer zu vermeiden. Denn wenn zwei Doppelnamen-Kinder heirateten, käme es schon in der nächsten Generation zur Vierfachkette.

Zurzeit verhandelt das Bundesverfassungsgericht wieder solch eine Ausnahme: Ein Münchner Ehepaar klagt, weil die Frau an den Doppelnamen ihres Mannes noch ihren Namen hängen möchte. Eine Urteilsverkündung ist nicht vor Ostern zu erwarten.