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Warum der Benzinpreis ständig schwankt

Lesezeit 4 Minuten

OBERBERG. Manchmal ist es zum Verrücktwerden. Morgens kostet der Liter Diesel an der Tankstelle 1,06 Euro, bis abends sinkt der Preis auf 1,01 Euro. Am nächsten Tag ist s beim Auffüllen des Tanks schon nichts mehr mit dem Schnäppchen: 1,07 Euro zeigt jetzt die Anzeigetafel an.

Die Kraftstoffpreise befinden sich in einer permanenten Berg- und Talfahrt. Doch wie kommt es eigentlich dazu? „Wir gucken mehrfach am Tag die Straße runter oder im Internet nach“, sagt Hendrik Pilatzki, Geschäftsführer der Ründerother Firma „August Jaeger“, die Zapfstationen in Ründeroth, Alperbrück, Overath und Meinerzhagen betreibt. „Die großen Konzerne geben die Preise vor“, sagt er. Die Jaeger-Tankstellen versuchen den Preis um einen Cent zu unterbieten.

Der hohe Steueranteil am Spritpreis von fast 90 Cent ändert sich nicht spontan. Laut ADAC sind es primär die Rohölkosten, welche zu den zu häufigen Preisschwankungen an den Tankstellen führen. Im Januar 2008 kostete ein Barrel - das sind rund 159 Liter - 92 US-Dollar. Dann kletterte der Preis Mitte des Jahres auf ein Rekordniveau von 134 US-Dollar. Im Dezember 2008 lag er bei 44 US-Dollar.

Dazu kommt die Margenpolitik der Anbieter. Die Tank-stellenpächter der großen Konzerne hätten keine Möglichkeit, selbst etwas an den Preisen zu verändern, erläutert Hans-Peter Murmann, Ehrenvorsitzender des Zentralverbands der Tankstellen aus Niederseßmar. „Sie gucken nach draußen und auf einmal sind die Zahlen verändert.“ Alles laufe computergesteuert, die Zentralen setzten die Preise anhand des Marktes fest. Die Pächter bekämen immer die gleiche Provision für jeden verkauften Liter Kraftstoff - egal, was der im Moment kostet.

Aber auch die Pächter der großen Konzerne müssten ihr Umfeld beobachten und übermitteln die Daten regelmäßig an die Zentralen, so Murmann. Deswegen gebe es immer eine Preisanpassung, wenn viele Tankstellen in der Nachbarschaft liegen. Kreisweit könne es dadurch kurzfristig zu erheblichen Preisunterschieden von bis zu sechs Cent kommen.

Wirklich freie Tankstellen wie in den 60er bis 80er Jahren, die ihre Preise selbstständig gestalteten, gebe es kaum noch, so Murmann. Viele seien ebenfalls gepachtet. Zudem würden die Zapfstationen meist von den großen Gesellschaften beliefert, nur ohne die Kraftstoffzusätze. „Der Wettbewerb ist eingeschränkt“, betont er. Die großen Gesellschaften setzten die kleinen unter Druck oder kauften sie gleich auf.

Denn das Geschäft mit dem Kraftstoff ist sehr lukrativ. Ein Beispiel: Eine Preiserhöhung um ein Cent bei allen Aral-Tankstellen bundesweit sei gleichbedeutend mit einem Umsatzplus von einer Million Euro, so Murmann.

Freie Tankstellen

folgen den Ketten

Wenn der Konkurrent den Preis senkt, zieht die Jaeger-Tankstelle sofort mit. „Sonst ist der Hof leer.“ Wenn der Preis steigt, versuche man den günstigeren Preis so lange wie möglich zu halten. Ein dauerhaft weitaus günstigerer Preis sei allerdings nicht denkbar. Wenn man nicht nachziehe, würde auch die Konzern-Konkurrent den Preis bald wieder senken. „Irgendwann verdienen wir dann gar nichts mehr.“

Es ist nicht so, dass die Jaeger-Tankstelle eine große Vorratstankfüllung zum Einkaufspreis X ersteht und bis zum letzten Tropfen verkauft und dann die nächste zum Einkaufspreis Y erwirbt und veräußert. „Der Sprit in unseren Tanks ist ein Mischpreis“, sagt Pilatzki. Manchmal kann das Unternehmen das Benzin sehr günstig ergattern, manchmal ist es sehr teuer. Je nach Weiterverkaufspreis macht das Unternehmen so kaum Gewinn oder einen guten Schnitt.

Auch Bernhard Haude, Eigentümer des Benzinbahnhofs Haude in Bergneustadt, richtet sich nach den Konkurrenten. „Wenn wir schlecht eingekauft haben, zahlen wir drauf“, schimpft er, denn die großen Gesellschaften drückten den Preis an der Zapfsäule zurzeit nach unten und machten die freien Tankstellen kaputt. „Das ist katastrophal.“

Das ewige Auf und Ab kann er auch nicht wirklich nachvollziehen - er würde dem Kunden lieber dauerhaft einen vernünftigen Preis anbieten, versichert er. Kürzlich sei der Preis an einem Tag vier Mal geändert worden, jeweils um ein bis zwei Cent. „Wie wollen Sie das dem kleinen Mann verkaufen?“, fragt er. (dg)