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Wenn es im Weinberg richtig knallt

Lesezeit 3 Minuten

Die elektronische Vogelscheuche nutzt auch der koblenzer Winzer Konrad Hähn.

KOBLENZ. Ein Star kommt nie allein. Meist erscheinen die Vögel in Gesellschaft mehrerer tausend Artgenossen. In Schwärmen lassen sich die Tiere im Herbst in den Weinbergen nieder und laben sich an den süßen Trauben. „Sie machen in einer halben Stunde einen ganzen Weinberg platt“, weiß Winzer Wolfgang Janson. Seine Weintrauben schützt Janson wie viele Winzer mit Lärm-Geräten, die die Vögel in die Flucht schlagen sollen. Zum Leidwesen einiger Anwohner. Am morgigen Dienstag muss sich jetzt das Verwaltungsgericht Koblenz mit den Lärmmachern auseinandersetzen. Zwei Bürger aus Volxheim klagen dagegen, dass die Verbandsgemeinde Bad Kreuznach erlaubte, zwölf Vogelschreiapparate und acht Schussanlagen in ihrer Nachbarschaft zur Vertreibung der Stare aufzustellen. Die Kläger fühlen sich „unzumutbar“ in ihrer Wohnruhe gestört.

Das Problem mit den gefräßigen Vögeln ist alt, wie Bernd Altmayer vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Neustadt an der Weinstraße sagt. Vor allem die Weinbaugebiete Rheinhessen und Pfalz liegen demnach auf der Strecke der Starenschwärme, die im Herbst von Nordosteuropa kommend gen Süden ziehen. Sie fressen die Trauben oder beschädigen sie, so dass die Beeren anfälliger für Krankheiten werden.

Früher hätten die Gemeinden freiwillig gegen einen Obolus von den Winzern die Feldhut organisiert. Dabei gingen Wächter, die beispielsweise mit Schreckschusswaffen ausgestattet waren, in die Berge. Das sei nach wie vor die wirksamste Methode, sagt Altmayer.

„Heute sagen viele Gemeinden: Das machen wir nicht mehr“, erklärt der Experte. Grund seien die hohen Kosten und Auseinandersetzungen mit Winzern, die mit der Feldhut unzufrieden gewesen seien und Schadenersatz verlangt hätten. Seitdem haben die mehrere hundert Euro teuren Apparate Einzug in die Weinberge gehalten. Aus der einen Sorte der Maschinen tönen beispielsweise furchterregende Jagdrufe von Greifvögeln und Angstschreie von gefiederten Artgenossen.

Wesentlich lauter sind die Schussapparate. Sie entzünden ein Gemisch aus Sauerstoff und Gas. „Dann rumst es - und zwar ordentlich“, sagt Altmayer. „Wenn Sie da nahe dranstehen, dann klingelt Ihnen das Ohr.“ Nach dem Landesimmissionsschutzgesetz aus dem Jahr 2000 sind die Gemeinden für die Genehmigungen zuständig. Apparate mit bis zu 40 Schüssen am Tag müssen mehr als 700 Meter von reinen Wohngebieten entfernt sein. Bei mehr als einem Kilometer Entfernung zu einer geschlossenen Wohnsiedlung ist keine Erlaubnis mehr nötig.

Winzer Janson sieht ebenfalls keine Alternativen zu den Schrei- und Schussapparaten. Die Reben mit Netzen abzudecken, sei zwar wirksam, aber viel zu aufwendig und teuer. „Um einen Hektar einzunetzen, braucht man 20 bis 25 Arbeitsstunden“, sagt er. Rund vier Wochen im Jahr sind die Apparate laut Janson im Einsatz. Ob weiterhin auch in Bad Kreuznach, darüber entscheidet nun das Gericht. (dpa)