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Agfa-PhotoDie Aufarbeitung der Pleite ist noch nicht vorbei

Lesezeit 3 Minuten
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Wer hat Schuld an der Insolvenz sieben Monate nach dem Verkauf? Die Aufarbeitung des bitteren letzten Kapitels von Agfa ist doch noch nicht zu Ende.

  1. Unverhoffter Erfolg für den Insolvenzverwalter von Agfa-Photo: Die viele Millionen schwere Klage gegen den Mutterkonzern ist noch nicht vom Tisch.
  2. Der Internationale Schiedsgerichtshof für Wirtschaftsfragen hat einen Formfehler begangen.
  3. Lesen Sie hier, was das für die Aufarbeitung der spektakulären Pleite vor 15 Jahren bedeuten kann.

Leverkusen – Es geht um viele Millionen Euro: 410 hatte Andreas Ringstmeier mal von Agfa Gevaert gefordert. Der Insolvenzverwalter wollte die Gläubiger von Agfa-Photo schadlos halten an der Pleite, die im Mai 2005 die Stadt schockte und Hunderte Arbeitsplätze kostete. Ringstmeier zog vor den Internationalen Schiedsgerichtshof für Wirtschaftsstreitigkeiten. Seine Behauptung: Agfas Fotosparte war „schon bei ihrer Ausgründung zahlungsunfähig“, Agfa Gevaert habe die Verbindlichkeiten zu niedrig, die Vermögenswerte dagegen viel zu hoch angesetzt.

Der Schiedsgerichtshof sah das anders, sprach Agfa Gevaert von dem Vorwurf frei. Aber dabei beging das Pariser Gericht einen Formfehler. Das hat das Oberlandesgericht in Frankfurt inzwischen festgestellt. Als das Verfahren kurz vor seinem Abschluss stand, sei ein „Sachvortrag meinerseits nicht ausreichend gewürdigt“ worden, erklärte Ringstmeier am Donnerstag. Das sei ein Verfahrensfehler, der Schiedsspruch damit ungültig.

Andreas Ringstmeier

Ein Erfolg, mit dem Ringstmeier nicht unbedingt rechnen konnte. Für Agfa Gevaert könnte er noch teuer werden. Deshalb hat der belgische Konzern in seinem Geschäftsbericht für 2019 auf die daraus entstehenden Risiken hingewiesen. Aber in Mortsel hat man auch zur Gegenoffensive geblasen: Der Beschluss des Oberlandesgerichts soll vom Bundesgerichtshof überprüft werden. Bis dahin liegt die Sache auf Eis.

Bisher „auf gutem Weg“

Wie lange es dauert, bis der – so hat es Ringstmeier mal beschrieben – „alles überragende Streitfall“ endgültig geklärt ist, „kann ich nur raten“: Ende des Jahres könnte es soweit sein. Geht die seit 2007 laufende Auseinandersetzung dann wieder von vorne los? Ringstmeier glaubt das nicht: „Vieles wurde schon geklärt“ – der Formfehler sei im Zusammenhang mit dem letzten Gutachten über die Agfa-Photo-Insolvenz begangen worden. Bis dahin „war ich auf einem guten Weg“, sagte der Anwalt. Mit Agfa Gevaert habe er schon Kontakt aufgenommen, um auszuloten, wie es nun weitergehen könnte im Streit um die Pleite. Doch Mortsel habe auf die ausstehende Prüfung durch den Bundesgerichtshof verwiesen.

Sicher ist, dass Ringstmeier alles tun wird, um sich mit seiner Sicht auf die Agfa-Photo-Pleite durchzusetzen. Demnach haben die Belgier alle Beteiligten über den wahren Zustand der Foto-Sparte getäuscht, als diese im Herbst 2004 an die Nanno-Holding von Hartmut Emans verkauft wurde. Der Bereich sei bestens aufgestellt, außerdem in hohem Maße kreditwürdig, hatte Agfa Gevaert behauptet. Dass es dann gerade einmal sieben Monate dauerte, bis in der Traditionsfirma die Lichter ausgingen und insgesamt 2800 Beschäftigte vor dem Nichts standen, sei „nicht normal“ gewesen, so Ringstmeier.

Käufer Hartmut Emans blitzte in Paris ab

Davon ist auch der Käufer überzeugt. Aber Emans hatte vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof schon vor knapp zehn Jahren verloren, endgültig. Die Forderung in Höhe von 265 Millionen Euro wurde abgewiesen, Agfa Gevaert musste nichts bezahlen. Womöglich spielte bei dieser Beurteilung eine Rolle, dass Emans die Fotosparte von Agfa schon einmal genau unter die Lupe genommen hatte: Drei Jahre, bevor er selbst zugriff, begutachtete er das Unternehmen im Auftrag des Investmenthauses Schroder Ventures, das 2001 Interesse an einer Übernahmen hatte. Zu dieser Zeit war Emans noch Berater bei Mc Kinsey.

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Für Ringstmeier ist der Streit darum, wer die Verantwortung an der spektakulären Pleite trägt, indes noch nicht vorbei. Läuft es diesmal besser vor dem Schiedsgerichtshof, könnte noch viel Geld fließen. Zwei Mal hat Ringstmeier schon Mittel aus der Insolvenzmasse an die Gläubiger ausgeschüttet, die Quote liegt jetzt bei 60 Prozent der Forderungen. Wie viel es am Ende sind, ist ungewiss.