Rentner um 21.000 Euro betrogenBonner Betreuer wehrt sich gegen Schuldspruch

Der Eingang zum Landgericht Bonn. (Archivbild)
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Bonn/Siegburg – Zwei Jahre lang soll er das Vertrauen eines alten Menschen ausgenutzt haben, für den er zuständig war. Die gravierenden Vorwürfe haben einem 59-jährigen Berufsbetreuer aus Bonn nicht nur den Job gekostet, sondern ihm auch eine heftige Haftstrafe eingebracht, die den nicht vorbestraften Pädagogen sogar ins Gefängnis bringen würde, wenn es bei dem Schuldspruch bliebe.
Seit gestern wehrt sich der einstige Profi-Betreuer vor dem Landgericht gegen das erstinstanzliche Urteil: Das Amtsgericht Siegburg hatte den Angeklagten im Dezember 2018 wegen Untreue in vier Fällen zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt – ohne Bewährung. Dagegen ist er in Berufung gegangen.
Münzsammlung versteigerte er im Auktionshaus
Laut Urteil soll der Betreuer einem 83-Jährigen aus dem Rechtsrheinischen, für den er seit Juni 2015 die Finanzgeschäfte führte und auch die Kontovollmacht hatte, um die 21.000 Euro betrogen haben. In den ersten beiden Fällen soll er im April 2015 einmal 7.000 Euro, drei Tage spätere weitere 3.500 Euro abgehoben und nicht ausgehändigt haben. Im Mai 2015 soll er die Münzsammlung des Rentners – darunter auch wertvolle Goldstücke – unter seinem Namen in ein Düsseldorfer Auktionshaus gebracht haben. Bei zwei Versteigerungen soll er 10.235 Euro ausgezahlt bekommen, aber nicht an den betreuten Senior weitergereicht, sondern in die eigene Tasche gesteckt haben. Der Angeklagt hat die Untreue-Vorwürfe in erster Instanz vehement bestritten.
Er ist sich sicher, dass er das Geld an den Betreuten weitergereicht hat. Laut Urteil jedoch gibt es über den Geldtransfer keinerlei Belege oder Unterlagen. Vielmehr soll er gegenüber dem Siegburger Betreuungsgericht die tatsächlichen Finanzverhältnisse des Rentners „zielgerichtet verschleiert“ und die Münzsammlung als „wertlosen Tand“ bezeichnet haben.
Berufungsrichterin will den Fall neu aufrollen
Entsprechend bezeichnete der Amtsrichter das Verhalten des Angeklagten als „höchst verwerflich und sozial schädlich“ und hat ihm deswegen trotz günstiger Sozialprognose keine Bewährung mehr gegeben: „Die Tat hat einen hohen Schuld- und Unrechtsgehalt“, so die Begründung. Schließlich habe er das besondere Vertrauen eines Betreuers missbraucht und einen ganzen Berufsstand in Misskredit gebracht.
Der Angeklagte hat gestern geschwiegen und seine beiden Verteidiger für sich kämpfen lassen. Einer aus dem Duo zeigte sich entsetzt und bezeichnete das Urteil als einen „Akt der Rechtsbeugung“. Berufungsrichterin Dr. Anja Johansson will den Fall neu aufrollen. Vor allem soll der 83-Jährige als Zeuge gehört werden, was bislang versäumt worden sei. Seit einem Autounfall 2017 ist er ein Pflegefall; auch sein geistiger Zustand soll sich rapide verschlechtert haben, so seine aktuelle Betreuerin. Falls der Rentner nicht mehr ins Gericht kommen kann, so Johansson, werde sie den Mann persönlich besuchen und überprüfen, an was er sich noch erinnert.