HeimatmuseumAcht handgefertigte Miniaturen stehen in Bornheim-Walberberg

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Die Schlagkarre, auf Platt Schlaachkah, ist ein Pferdefuhrwerk mit Achse und zwei Rädern mit Feststellbremse und Kippfunktion.

Die Schlagkarre, auf Platt Schlaachkah, ist ein Pferdefuhrwerk mit Achse und zwei Rädern mit Feststellbremse und Kippfunktion.

In den Vitrinen des Walberberger Heimatmuseums stehen jetzt acht handgefertigte Miniaturen als Geschenk von Heinz Leyendecker.

„Mit einem solchen Gespann sind die Landwirte früher vom Vorgebirge aus nach Köln zum Markt gefahren“, erzählt Heinz Leyendecker (85) und weist auf die bis ins Detail nachgebaute Miniatur des Leiterwagens. Auf der weißen Decke, die sein Bruder Peter Leyendecker auf dem langen Tisch im Heimatmuseum Walberberg ausgebreitet hat, kommt das nach historischem Vorbild nachgebaute Fuhrwerk noch besser zur Geltung. Acht dieser Miniaturen hat Heinz Leyendecker jetzt dem Heimatmuseum geschenkt, um sie in Zukunft gut aufbewahrt zu wissen und um sicher zu sein, dass sie der Nachwelt erhalten bleiben.

Neben dem Leiterwagen stehen weitere Miniaturen von anno dazumal: Eine Schlagkarre, ein Hundepflug, ein Heuwagen und sogar eine Schubkarre mit geschlossener Wanne, die wie die großen Originale auch im Vorgebirge noch bis in die 1960er Jahre in der Landwirtschaft im Einsatz waren, teils sogar noch länger. Von einem Pferd gezogen wurde die Schlagkarre etwa für den Transport von Kartoffeln, Kohl oder frischem Viehfutter eingesetzt. „Das Besondere an ihr war, dass sie auf nur zwei Rädern rollte und gekippt werden konnte“, erklärt Heinz Leyendecker.

„Das Miniaturmodell funktioniere genauso wie das Original“, sagt der 85-Jährige und führt die Feststellbremse plus Kippfunktion vor. Sämtliche Funktionen dieser insgesamt acht detailgetreu gefertigten Miniaturen, die jetzt auf der weißen Decke im Heimatmuseum stehen, sind ihm vertraut. „Einige dieser Nachbauten habe ich bei einer Ausstellung vor Jahren auf dem Trimbornhof gesehen“, berichtet er. Dort habe er auch den Erbauer der von Hand und aus Holz geschaffenen Fuhrwerke, Hans-Josef Weber aus Roisdorf, kennengelernt.„Ich war von den Werkstücken restlos begeistert“, sagt der 85-Jährige.

Werke machen Hans-Peter Weber „unsterblich“

Heinz Leyendecker (r.) mit Heribert Keßler (M.) und Peter Leyendecker.

Heinz Leyendecker (r.) mit Heribert Keßler (M.) und Peter Leyendecker.

Als ihm Weber dann auch noch erzählt hatte, dass er weitere Miniaturen zu Hause hat, habe er sich direkt mit ihm verabredet. „Auf dem Heimweg hatte ich dann seinen gesamten Miniaturfuhrpark und ein Vogelhaus im Gepäck“, berichtet er. Und es sei nicht bei diesem einen Besuch geblieben. Im Laufe der Jahre habe er ihm immer wieder eine oder mehrere Gerätschaften in Miniatur von früher abgekauft. „Leider ist Hans-Peter Weber im vergangenen Jahr gestorben“, bedauert Heinz Leyendecker. „Doch seine Werke machen ihn unsterblich“, ergänzt er.

Fast magisch fühle man sich von den Miniaturen angezogen und wenn man einmal anfange, sie genauer zu betrachten, dann könne man gar nicht mehr aufhören, schwärmt Leyendecker. „Immer wieder entdeckt man neue kleine und kleinste Details“, berichtet er. Weber habe sich beim Bau seiner Fuhrwerke auch genau an die Zeit gehalten, in der die großen Originale entstanden sind, und sie nur mit den Materialien gebaut, die es in der Zeit gab: Holz und Stahlnägel. „Der einzige Unterschied ist, dass die Nägel für seine Miniaturen wirklich winzig klein sind“, erklärt er.

Damit nicht genug, habe Weber zu seinen Fuhrwerken auch oft das dazugehörige Werkzeug aus Holz geschaffen, für den Holzwagen etwa die Axt und eine Trummsäge, der geschlossene Pferdewagen ist mit Sitzbrett, Mistgabel und Heurechen ausstaffiert. Und der Hundepflug lässt sich genauso wie sein großer „Bruder“ je nach Pflugrichtung umlegen. Vom Künstler selbst hat Heinz Leyendecker auch noch viel über die Entstehungsgeschichte einzelner Fuhrwerke erfahren: „Das Modell der Schlagkarre zum Beispiel hat er nach einem Original gebaut, das er auf einem alten Hof in Alfter entdeckt hatte“, berichtet er.

Genau das, was dem Museum in Walberberg noch gefehlt hat

Eine Schubkarre, auch Schöreskah genannt, war ein Allrounder.

Eine Schubkarre, auch Schöreskah genannt, war ein Allrounder.

Als Mitglied im Förderkreis historisches Walberberg kennt auch sein Bruder Peter Leyendecker längst jedes kleinste Detail. Auch der jeweilige Verwendungszweck ist bekannt. Für die Ausstellung hat Peter Leyendecker sogar zu jeder Gerätschaft eine verständliche Beschreibung verfasst und gleich auch die jeweilige Bezeichnung auf Platt beigefügt.

„Wir sind Hans-Josef Weber wirklich zu großem Dank verpflichtet“, merkt Museumsdirektor Jons Tück an. Der Vorsitzende des Förderkreises, Heribert Keßler, ergänzt: „Ich kann jeden verstehen, der beim Anblick dieser wunderbaren Arbeiten direkt schockverliebt ist.“ Die Exponate sieht er als eine absolute Bereicherung für das Heimatmuseum. Es sei sogar genau das, was noch gefehlt hat.

„Denn alleine aus Platzgründen haben wir ja nicht die Spur einer Chance, einen solchen Fuhrpark hier in Originalgröße auszustellen“, sagt er. Ziel sei es, die Landwirtschaft und die Gerätschaften von anno dazumal aus dem Vorgebirge dauerhaft im Heimatmuseum als Teil der Walberberger Geschichte zu zeigen.


Zur Person: Hans-Josef Weber

Der Baumeister und Konstrukteur der Miniaturen Hans-Josef Weber. Er ist im Juni 2023 gestorben.

Der Baumeister und Konstrukteur der Miniaturen Hans-Josef Weber. Er ist im Juni 2023 gestorben.

Hans-Josef Weber, der die Miniaturen angefertigt hatte, wurde 83 Jahre alt. Er starb im Juni 2023. Weber ist in Rösberg geboren und aufgewachsen. „Mein Vater hatte 23 Geschwister“, sagt sein Sohn Klaus Weber aus Bornheim-Widdig. Wenn er an ihn denkt, dann sieht er ihn oft in seinem Werkraum bei der Arbeit. „Vater hat die Arbeiten mit Holz sehr geliebt“, sagt er. Bewundert habe er seine Liebe zum Detail. „Es war ihm wichtig, dass die Stücke die er fertigte, bis ins Detail stimmen.“ Sofern möglich habe er sich die Originale immer selbst angesehen und fotografiert, um sie dann in seiner Werkstatt maßstabgetreu nachzubauen. So seien Miniaturen von Gebäuden, aber auch von landwirtschaftlichen Gerätschaften entstanden und sehr viele Krippen. Oft habe er über sein Hobby sogar das Abendessen vergessen.

„Seine Krippen sind legendär“, betont auch der Vorsitzende des Roisdorfer Heimatvereins, Ernst Gierlich. In Roisdorf habe sich Weber jahrzehntelang auch um die Kirchenkrippe gekümmert und sie mit seiner Frau Luise jedes Jahr auf- und abgebaut. „Mit unglaublichem Engagement hat er die Krippe auch jedes Jahr um liebevoll geschaffenes Zubehör erweitert.“

Sehr engagiert war Weber auch im Heimatverein Roisdorf. Schon in dessen Gründungsphase 1991 habe er sich dem Kreis angeschlossen. „Und seit der Gründung 1993 war er mit dabei“, berichtet Gierlich. Unvergessen sind die vielen besonderen Krippen, mit der Weber auch die Krippenausstellung in Roisdorf jedes Jahr bereichert hat. Dabei fiel auch Gierlich diese besondere Begabung auf, mit der Weber selbst winzigste Details an seinen Exponaten nachbaute, sei es der winzige Fensterrahmen, die Torbögen oder die Dachschindeln. „Er hatte eine Begabung dafür, selbst kleinste architektonische Details exakt umzusetzen“, so Gierlich. Deutlich sei das auch an Webers Nachbauten historischer Roisdorfer Gebäude zu sehen, die Friedhofskapelle etwa, die Mariahilf-Kapelle und die alte Pfarrkirche, in denen Weber jeweils sogar eine Krippe eingerichtet hat.

Sehr dankbar ist Gierlich auch Webers Sohn, der dem Heimatverein einige dieser nachgebauten Gebäude überlassen hat. „Mit vielen seiner Werke, auch mit dem landwirtschaftlichen Fuhrpark und den Gerätschaften von anno dazumal hat Hans-Peter Weber regionale und lokale Kulturgüter bewahrt und so über seinen Tod hinaus dafür gesorgt, dass auch die nächsten Generationen so noch einen durchaus realistischen Blick in die Geschichte des Vorgebirges, teils auch in die Kindheit werfen können, in der Hans-Peter Weber großgeworden ist“, so Gierlich.