Unterm Schutz des heiligen MartinusMerten feiert am Wochenende 850-jähriges Jubiläum

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850 Jahre Merten: Die älteste bekannte Grußkarte aus dem Jahr 1897

850 Jahre Merten: Die älteste bekannte Grußkarte aus dem Jahr 1897

Merten, die „Perle des Vorgebirges“, feiert am Wochenende drei Tage lang das Jubiläum seiner 850-jährigen urkundlichen Ersterwähnung

Von Freitag bis Sonntag, 11. bis 13. August 2023, begeht die vielfach gerühmte „Perle des Vorgebirges“ das Jubiläum ihrer 850-jährigen urkundlichen Ersterwähnung: Im Jahr 1173 wurde der vermutlich von den Franken unter den Schutz des heiligen Martinus gestellte Pfarrort Merten urkundlich mit der lateinischen Angabe „Martini prope Rodeßberch“, also „Merten in der Nähe von Rösberg“ erstmals namentlich dokumentiert.

1282 ist erneut die Rede von „apud S. Martinum iuxta Rodesberch“ (bei Merten neben Rösberg). 1533 wird das Dorf als „an dem Vurgeburchs“ (Vorgebirge) gelegen bezeichnet. Denn im Umkreis gibt es zahlreiche weitere Sankt-Martin-Pfarreien (Rheinbach, Ollheim, Dom-Esch, Hilberath u.a.).

Merten auch rechtsrheinisch und im französischen Lothringen

Das Schriftstück aus dem Jahr 1173 wurde durch kriegerische Ereignisse, unter denen Bonn und seine Umgebung häufig zu leiden hatten, zerstört, indessen in zwei dem Kontext zufolge sehr zuverlässigen Abschriften aus dem 17. und frühen 18. Jahrhundert, die im Münsterarchiv sowie in der Universitätsbibliothek aufbewahrt werden, überliefert.

Es handelt sich dabei um Kopien der Dekanats- und Kapitelstatuten des einstigen weiträumigen Ahrdekanats, das von Sinzig bis Walberberg reichte und auch viele Ortschaften westlich des Vorgebirges umschloss. 1885 hatte der Hemmericher Pfarrer German Hubert Christian Maaßen (1825 bis 1910) den Mertener Erstbeleg in seiner „Geschichte der Pfarreien des Dekanates Hersel“ veröffentlicht und kommentiert.

850 Jahre Merten Eine Grußkarte von 1929

850 Jahre Merten Eine Grußkarte von 1929

Nachdem vor einem halben Jahrhundert die 800-jährige Ersterwähnung zum Anlass entsprechender Feierlichkeiten genommen wurde, wird nun erneut ein Fest stattfinden, das die Dorfgemeinschaft Merten unter Vorsitz von Josef Breuer mit einem vielfältigen Programm auf die Beine stellt. Dazu gibt es eine umfangreiche Festschrift, in der die hier skizzierten Zusammenhänge genau unter die Lupe genommen werden.

Auch im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis gibt es eine Ortschaft namens Merten, wobei Herkunft und Bedeutung des Siedlungsnamens bisher noch nicht zweifelsfrei gedeutet werden konnten. Dies gilt auch für ein im französischen Lothringen, an der Grenze zu Deutschland gelegenes Merten sowie für Mertenne in der belgischen Wallonie. Freilich gibt es im französischsprachigen Belgien neun Mal den eindeutigen Ortsnamen „Saint-Martin“, dem in Frankreich 237 Parallelen zur Seite stehen. Nur das im südfranzösischen Departement Var gelegene Saint-Martin trägt keinen unterscheidenden Zusatz, während alle anderen einen Beinamen tragen.

Ein treffendes Beispiel hierfür bietet das wie Merten im Vorgebirge ebenfalls im Jahr 1173 erstmals archivalisch dingfest zu machende Saint-Martin-Saint-Firmin im nordfranzösischen Departement Eure. Dieser Name bezeichnet ein Doppelpatrozinium, nämlich Martin von Tours und Firminus von Amiens.

Pfarrkirche entstand zur Zeit der Ersterwähnung

Und auch für den drittgrößten Ort der Stadt Bornheim sind zwei Patrozinien zu vermelden, denn in der Mertener Teilsiedlung Trippelsdorf wird in der dortigen Kapelle der Winzerpatron Vinzenz von Zaragoza verehrt. Dessen wichtigstes Kennzeichen, das „Tunica“ genannte Gewand, gilt als „attributive Ergänzung“ zur „Cappa“, also dem Mantel des heiligen Martin von Tours, welcher der Legende zufolge in der nordfranzösischen Stadt Amiens einen Teil dieses militärischen Umhangs einem frierenden Bettler, der am Straßenrand kauerte, geschenkt haben soll.

Eine auf den 20. August 1673 datierte Balkeninschrift des alten Trippelsdorfer Kirchleins enthält die Gebetsanrufung „S. Martine et Vincente orate pro n(obis)“. Diese vor 350 Jahren formulierte Bitte erfüllt ebenfalls die an ein Jubiläum zu stellende Bedingung eines Rückgriffs auf je .25, 50, 75 und 100 Jahre. Das gilt auch für die am 23. August 1948, also vor 75 Jahren, eingeweihte Kapelle auf dem historischen Mertener Hangfriedhof, die der damals in Walberberg lebende Architekt Aloys Böll, ein Onkel des auf diesem Gottesacker bestatteten Schriftstellers und Nobelpreisträgers Heinrich Böll, formschön entworfen hatte.

Angegliedert ist dieser kleine Sakralbau an die aus dem Hochmittelalter stammende romanische Chorapsis der früheren Mertener Pfarrkirche, die um die Zeit der schriftlichen Ersterwähnung vor nunmehr 850 entstanden ist und wohl vom Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg, dessen Siegel man hier fand, geweiht wurde.

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