Sie wollten in Merten an die  BenzinpipelineProzess gegen Aktivisten der „Letzten Generation“

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Eine Frau dreht den Schieber einer Pipeline zu. Den Protest in Bornheim hielten die Aktivisten im Foto fest

Den Protest in Bornheim hielten die Aktivisten im Foto fest.

Am 3. Mai vergangenen Jahres drangen zwei Aktivisten der „letzten Generation“ auf das Gelände der Rhein-Main-Rohrleitungstransportgesellschaft in Bornheim-Merten ein. Jetzt standen sie in Bonn vor Gericht. Nach mehrstündiger Verhandlung wurde das Verfahren vertagt.

Das Wort „Klimaterroristen“ wurde im vergangenen Jahr zum „Unwort des Jahres gekürt. Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, hatte die Jury ihre Wahl damals begründet. Der Mann, der den Vorschlag seinerzeit bei der sprachkritischen Aktion in Marburg eingereicht hatte, stand an diesem Montag gemeinsam mit einer Mitstreiterin vor einer Bonner Amtsrichterin.

Das Duo muss sich wegen seiner Beteiligung an einer Aktion verantworten, auf die die Erfinder des Unworts den Begriff wohl gemünzt haben dürften. Am 3.Mai vergangenen Jahres drangen die beiden Aktivisten der „Letzten Generation“ um 10:31 Uhr in das Gelände der Rhein-Main-Rohrleitungstransportgesellschaft mbH in Bornheim-Merten ein: Nachdem die 31-jährige Frau und der 58-jährige Mann einen gut zwei Meter hohen Drahtzaun überwunden hatten, steuerten sie zielsicher auf einen Technik-Container zu, über dessen Serviceklappe, sie in einen Schacht gelangten. Auf dessen Boden verläuft eine Pipeline, die den Frankfurter Flughafen mit Kerosin versorgt. Das Ziel der jungen Frau und des älteren Mannes war ein Drehventil an der Benzinleitung; das wollten die beiden schließen, um so Deutschlands größten und wichtigsten Airport temporär von der Spritversorgung abzuschneiden.

„Letzte Generation“: Firma über Aktion informiert

Die beiden Aktivisten drehten auch tatsächlich den Hahn zu: Was sie allerdings laut Anklage nicht wussten, war dass die Leitung wegen einer technischen Störung in Ludwigshafen-Oppenau an jenem Morgen ohnehin dicht war. So hielten sich die Auswirkungen ihres Einbruchs in engen Grenzen, einzig ein Vorhängeschloss, mit dem die Serviceklappe verschlossen war, und das sie mit einem mitgebrachten Bolzenschneider durchtrennt hatten, wurde zerstört.

Ein Geheimnis hatten die beiden nie aus ihrem Tun machen wollen: Vorab war die Firmenleitung von der Aktion informiert worden, mit der die zwei auf die schädlichen Auswirkungen des Flugverkehrs für das Klima aufmerksam machen wollten. Auch den berühmt-berüchtigten Sekundenkleber hatten die zwei im Gepäck. An der Leiter festgeklebt und zusätzlich mit dem Hals an das Ventilrad gekettet trafen Mitarbeiter des Pipelineunternehmens die Frau und den Mann schließlich vor Ort an.

Nicht nur der Mann, auch die 31-Jährige haben bereits an unzähligen ähnlichen Aktionen teilgenommen: Gegen beide liefen oder laufen jeweils über ein Dutzend Strafverfahren. So soll die Frau auch bei einer Aktion auf dem Flughafen Sylt mitgewirkt haben, bei der eine Privatmaschine mit oranger Farbe besprüht worden war. Angesichts der weiteren, laufenden Verfahren, versuchte der Anwalt der beiden Aktivisten zunächst Gericht und Staatsanwalt von einer Einstellung des Bonner Verfahrens zu überzeugen.

Nachdem das aber nicht den gewünschten Erfolg hatte, verlasen die Angeklagten über Stunden hinweg Beweisanträge, in denen sie darlegten, dass der Klimawandel eine Notstandssituation darstelle, gegen die der von ihnen angewandte zivile Ungehorsam das mildeste Mittel darstelle. Nach rund viereinhalbstündiger Verhandlung vertagte die Richterin sich auf den 23. November. Dann soll ein Urteil gesprochen werden.