Gastronomen wegen Corona besorgt„Rutschen schon wieder in den Keller“

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Sehr viel Aufwand betreiben die Gastronomen mit ihren Feierangeboten, dennoch hagelt es gerade Absagen.

Sehr viel Aufwand betreiben die Gastronomen mit ihren Feierangeboten, dennoch hagelt es gerade Absagen.

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn – Ein klingelndes Telefon ist im Gastgewerbe in der Regel ein gutes Zeichen. Doch in den vergangenen Tagen bedeutete es häufig das Gegenteil. Statt zu reservieren, zogen viele Anrufer ihre Buchungen wieder zurück. November und Dezember sind für die Gastronomie normalerweise wegen zahlreicher Weihnachtsfeiern die umsatzstärksten Monate. Schon im vergangenen Jahr mussten Restaurants im Lockdown auf diese Einnahmen verzichten. In diesem Jahr sind Weihnachtsfeiern bislang immerhin erlaubt. Aber Absagen hagelt es trotzdem.

Große Hoffnung in das Weihnachtsgeschäft gesetzt

Bis vor zwei Wochen sah es auch so aus, als könne das Weihnachtsgeschäft die quälend lange Zeit des Lockdowns aus dem ersten Halbjahr ein wenig kompensieren. Doch nun erweist sich diese Hoffnung als trügerisch. Mit jedem Tag, an dem die Infektionszahlen neue Höchststände erklimmen, sorgen sich mehr Menschen vor einer Ansteckung. Viele meiden erneut die Gesellschaft größerer Gruppen. Es ist daher kaum verwunderlich, dass fast alle Gastronomiebetriebe über abgesagte Weihnachtsfeiern klagen.

Im Rheinbacher Waldhotel verfügen Katharina und Jens Pfannkuch über reichlich Platz. Daher sind Hotel und Restaurant ein beliebter Ort für Bankette und Tagungen. Gesellschaften ab 40 Personen sind für den Betrieb ein wichtiges Standbein. Die Reservierungslage war bis vor kurzem sehr erfreulich. Doch seit zwei Wochen hagelt es Stornierungen und betroffen sind nicht nur Weihnachtsfeiern: „Eine ursprünglich mit 100 Personen geplante Geburtstagsfeier ist mittlerweile auf 65 Gäste geschrumpft. Das ist nur ein Beispiel von vielen“, sagt Katharina Pfannkuch. Kurzarbeit ist gegenwärtig im Waldhotel trotzdem kein Thema. Sofern kein Lockdown kommt, werde das auch so bleiben, bleibt Pfannkuch zuversichtlich.

Die Mitarbeiter seien zu 99 Prozent geimpft, um sich und die Gäste zu schützen, sie dürften nicht schon wieder zu Leidtragenden dieser prekären Situation werden, so die Gastgeberin.

Wachtberger Hotel und Restaurant Dahl : „Jetzt rutschen wir wieder in den Keller“

„Der Herbst hat gut angefangen, aber jetzt rutschen wir schon wieder in den Keller“, fasst Marie Theres Roos aus dem Wachtberger Hotel und Restaurant Dahl die aktuelle Stimmung zusammen. Ihr Haus zählt ebenfalls zu den Adressen, die Kapazitäten für größeren Gruppen und Gesellschaften haben. Oft buchen Firmen in der Vorweihnachtszeit Seminare und kombinieren diese mit einer Weihnachtsfeier. Doch gerade größere Betriebe und Behörden zählen zu den ersten, die ihre Termine absagen, weiß Roos. Unter anderem musste sie die Weihnachtsfeiern des Technischen Hilfswerks und der Bundeswehr aus ihrem Reservierungsbuch streichen. Hinzu kommt eine geplante Geburtstagsfeier mit 80 Personen, die ebenso ausfällt.

Auch bei Familie Bertram im Mertener Restaurant Waldhof war die Stimmung schon mal besser. „Wir hatten von vorn herein deutlich weniger Reservierungen als in früheren Jahren“, sagt Gastgeberin Heike Bertram. Besonders bedauerlich ist die Absage einer großen Feier mit 60 Personen. Darüber hinaus belaste die Furcht vor einem erneuten Lockdown die Bertrams wie viele ihrer Kollegen.

Die Situation im Alfterer Gasthaus Spargel Weber ist vergleichbar. Hausherr Dieter Piel schätzt, dass bislang jede zweite Weihnachtsfeier abgesagt wurde. Hinzu kommt der Ausfall eines Weihnachtskonzerts, das im Saal des Gasthauses mit 200 Personen stattfinden sollte. Zu den gestrichenen Weihnachtsfeiern kommen auch bei Spargel Weber weitere Verluste durch abgesagte Geburtstagsfeiern.

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Im Gasthaus Ohm Heim in Altendorf trudeln ebenfalls immer mehr Stornierungen ein. Das betreffe allerdings nicht mehr nur Weihnachtsfeiern, sondern dehne sich mittlerweile auch auf Familienfeiern aus, die für die beiden Weihnachtsfeiertage reserviert wurden, klagt Mitarbeiter Oliver Schmitz.

„Wenn die Situation sich nicht weiter zuspitzt, kommen wir einigermaßen klar“, schätzt Maria Wieler. Das Landhaus Wieler in Walberberg beherbergt nicht nur ein Restaurant, sondern verfügt auch über ein Hotel, das aktuell ordentlich ausgelastet ist. Allerdings nimmt auch Familie Wieler ständig Stornierungen entgegen. „Die Absagen reichen von kleineren Gesellschaften mit wenigen Gästen bis hin zu einer Betriebsfeier mit 200 Personen“, so Wieler. Sollte sich das Virus weiterhin so rasant ausbreiten wie bisher, ist zudem die große Silvestergala gefährdet, die das Jahr im Landhaus traditionell beschließt.

Auch kleineren Betrieben macht die Krise zu schaffen

Kleinere Restaurants haben augenblicklich immerhin den Vorteil, von der Absage großer Gesellschaften verschont zu bleiben. Trotzdem verzeichnen Angela und Rudi Gilbert aus dem „Gilberts im Domkapitel-Hof“ in Rhöndorf Verluste durch ausgefallene kleinere Weihnachtsfeiern. „Bislang ist die Lage für uns akzeptabel. Die Zahl der zurückgenommenen Reservierungen ist überschaubar“, sagt Rudi Gilbert. „Wir haben zum Beispiel eine Arztpraxis, die bei uns mit acht Personen feiern möchte und an ihrer Reservierung festhält.“ Die Gilberts haben sich nach dem ersten Lockdown noch einmal völlig neu aufgestellt und die Öffnungszeiten komplett verändert. Am Wochenende beispielsweise öffnet das Restaurant nur noch auf Zuruf für geschlossene Gesellschaften. Dafür rückte das Mittagsgeschäft während der Woche in den Fokus. Auf Youtube kündigt Gilbert seitdem seine hausgemachten Gerichte täglich in einem Videoclip an. Das habe sich bewährt.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) hat mittlerweile auf die Stornierungswelle reagiert. So fordert der DEHOGA Nordrhein nach der Einführung von 2G in Nordrhein-Westfalen, auf weitere Beschränkungen wie einen Lockdown oder 2G plus im Restaurant zu verzichten. Darüber hinaus müssten staatliche Unterstützungen wie Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfe verlängert und angepasst werden. Nach einer Blitzumfrage des Branchenverbandes verzeichnen 83,4 Prozent der Gastbetriebe abgesagte Weihnachtsfeiern. Die Mehrzahl der Betriebe vermeldet Stornierungen in einem Umfang von einem Drittel. Auch Hotels und Pensionen bekommen vermehrt Absagen von Touristen und Geschäftsreisenden. Mehr als 90 Prozent geben die aktuelle Infektionslage als Grund an.

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