KinderbetreuungÜ 3, der Stichtag und der Ärger

Eine Menge Schriftverkehr gibt es bereits zwischen Dr. Oliver Kerp und der Stadt Bornheim. Alles dreht sich um einen ortsnahen Kindergartenplatz für Söhnchen Silas.
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Bornheim – Besonnen wirkt Dr. Oliver Kerp. Wenn der zweifache Familienvater allerdings von der Kindergartensituation in seinem Heimatort Walberberg spricht, geht ihm doch der Hut hoch. Der Groll der Familie, und der ihrer Nachbarn Nicole und Christian von Hopffgarten , die ganz ähnliche Probleme haben wie die Kerps, mündet jetzt nach monatelanger Korrespondenz mit der Stadt Bornheim in einem Bürgerantrag, mit dem sich der Ausschuss am 17. September befassen soll. Ihre vordringliche Forderung: „Die Sicherstellung der Kinderbetreuung im Sozialraum Walberberg für alle Kinder ab der Vollendung des dritten Lebensjahres.“ Hier ist nicht die U-3-Betreuung der Knackpunkt, sondern die Betreuung der Kinder über drei Jahre.
Wunsch: Platz in der Kita „Sonnenblume“
Kerps fünfjährige Tochter Sarah besucht seit zwei Jahren den städtischen Kindergarten „Sonnenblume“ an der Margaretenstraße in Walberberg. Dorthin sollte auch Söhnchen Silas, der im Oktober drei Jahre alt wird, kommen, nachdem Alexandra Kerp nach der Elternpause wieder arbeitet. Das sollte klappen, habe die Kindergartenleitung signalisiert. „Als dann aber Anfang 2013 gesagt wurde, das klappt doch nicht, sind wir aus allen Wolken gefallen“, schildert es Dr. Oliver Kerp. Er nahm Kontakt mit dem Jugendamt auf, nach welchen Kriterien Kinder aufgenommen würden. Die hatte der Jugendhilfeausschuss Ende Januar verabschiedet und beschieden, Kinder, die bis 31. Oktober 2010 geboren sind, gelten bei der Platzvergabe als U-3-Kinder, das heißt, „ältere Kinder werden vor jüngeren genommen“, so Kerp, aber es seien Notwendigkeiten nicht berücksichtigt, etwa, ob die Mutter des älteren Kindes vielleicht zu Hause ist. Die Familie habe sich nach anderen Kindergärten umgeschaut. Im katholischen Kindergarten in Sechtem habe Silas ab August einen Platz bekommen, allerdings keinen Ü-3-Platz, sondern einen für unter Dreijährige – mit dem Hinweis, er sei ein „Stichtagskind“, bis Oktober gelten für ihn also die U-3-Sätze. Und die sind teurer: Für 45 Stunden, die Familie Kerp gebucht hat, muss sie 540 Euro in der U-3-Betreuung, 360 Euro für Ü 3 bezahlen. „In Sechtem gibt es aber gar keine U-3-Betreuung“, sagt Oliver Kerp, „trotzdem sollen wir sie für die Übergangszeit bezahlen. Es geht nicht ums Geld, aber bei der Vorgeschichte die U-3-Bezahlung zu verlangen, da ist uns die Hutschnur geplatzt.“
Seither gehen Mails hin und her, Kerp hatte um einen persönlichen Termin beim Bürgermeister gebeten. Zurückgekommen seien Standardmails mit Hinweisen auf die städtische Satzung. „Es geht darum, wie hier mit Leuten umgegangen wird“, so Alexandra Kerp. „Seit Januar bemühen wir uns, aber es bewegt sich nichts.“ Kerps Fazit: Wegen der Popularität der U-3-Plätze würden sich die Kommunen „auf Biegen und Brechen bemühen, den neuen gesetzlichen Verpflichtungen gerecht zu werden, allerdings bleiben bei dieser Diskussion die damit verbundenen Probleme bei der Ü-3-Betreuung auf der Strecke.“
„Verknappung der ortsnahen Ü-3-Plätze“
Ähnlich sieht es Nicole von Hopffgarten, die mit ihrer Familie fußläufig 400 Meter vom städtischen Kindergarten Walberberg entfernt wohnt und deren bald dreijähriger Sohn auch keinen Platz in Walberberg bekommt: „Das eigentliche Politikum ist, dass der exzessive Ausbau von U-3-Plätzen aufgrund der geringeren Betreuungsquote zu einer weiteren Verknappung der ohnehin nicht im ausreichenden Maße im ortsnahen Bereich vorhandenen Ü-3-Plätze in Bornheim führt.“
Was die selbst auferlegte Erfüllung des U-3-Plätzebedarfs angeht, „haben wir in Bornheim eine Punktlandung hingelegt“, erklärte Sozialdezernent Markus Schnapka gestern gegenüber der Rundschau. Gemeinsam mit Jugendamtsleiterin Elvira Garbes nahm er zu der Walberberger Problematik Stellung. „Zum neuen Kindergartenjahr haben wir genau zwei Elternpaare, die mit der Unterbringung unzufrieden sind. Aber es ist gut, wenn die Bürger ihre Interessen wahren, sich an die Stadt wenden. Das sind wache Bürger und ihre Kritik ist bereichernd“, so Schnapka. Aber bei einer Gesamtbilanz sei die Stadt „mit der absoluten Zahl zwei bei den Beschwerden auf einer sehr guten Seite“. Die Lage sei insgesamt gut, es gebe auch nach wie vor genügend Ü-3-Plätze. „Aber wir sind in einer Umbruchphase“, so Markus Schnapka. Der Sozialraumbezug, den auch die beiden Walberberger Elternpaare für ihre Kinder geltend machen, galt bisher „als absolut erfüllt“. Aber jetzt, im Umbruch, müssten die Eltern gerade im ländlichen Bereich Fahrten in Kauf nehmen.
Urteil vom Juli kassiert
Das, so Schnapka, sehe auch das Oberverwaltungsgericht Münster so, das ein Urteil des Verwaltungsgerichts vom Juli insofern kassiert habe, dass es dessen Fünf-Kilometer-Grenze aufgehoben habe. Sechs Kilometer muss Familie Kerp bis Sechtem zurücklegen.
Ganz klar falle der kleine Silas unter die U-3-Regelung, weil er zum Stichtag noch nicht drei Jahre alt ist. „Wir können nicht zu Gunsten einzelner das Recht der Allgemeinheit zurücksetzen“, macht Schnapka deutlich, „oberstes Gebot ist es, die Kinder gleich zu behandeln“.
Am Mittwoch hatte das Bornheimer Jugendamt Familie Kerp mitgeteilt, dass die Nachbarkommune Brühl bereit sei, Silas in der neuen Einrichtung „Kinderland Kunterbunt“, die sich im Kloster Walberberg befindet und für Brühler Kinder gedacht ist, aufzunehmen.
Nach „verhaltener Freude“ wird sich Familie Kerp aber „so gut wie sicher“ dagegen entscheiden, wie sie der Rundschau gestern mitteilte. Einmal, weil es sich wiederum um Kontakte außerhalb ihres Sozialraumes handele. Und wegen der Gebühren: Für Sarah und Silas würden jeweils 100 Prozent fällig, weil es sich um zwei Kommunen handelt. Mehrkosten laut Oliver Kerp: rund 2300 Euro.