Start der WeinleseWinzer im Siebengebirge hoffen auf trockenes Wetter

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Ein Mann im gelben T-Shirt schneidet mit einer Zange rote Trauben vom Weinstock.

In den Oberdollendorfer Weinbergen des Weingutes Blöser im Einsatz: Werner Endris erntet die Traubensorte „Regent“.

Im Siebengebirge hat die Weinlese begonnen. Winzer Bernd Blöser erwartet keine Spitzenqualitäten.

Die ersten fleißigen Erntekräfte sind in den Weinbergen zu sehen, aber wie ist wohl die Qualität der Ernte 2023? Die Redaktion hat bei den Winzern im Siebengebirge nachgefragt.

Bernd Blöser aus Oberdollendorf sagt: „Es wäre gut, wenn es trocken bleibt. Wir haben schon Teile des Müller-Thurgau gelesen.“ Portugieser und Regent hängen noch an den Weinstöcken. „Ende der Woche können wir mit dem Dornfelder beginnen“, so der Weinbauer, der seine Kollegen in Rheinhessen bedauert. Dort hat der Hagel weite Teile der Ernte vernichtet.

Weingut Blöser bewirtschaftet 7,2 Hektar in Oberdollendorf

„Wir bekommen keine Spitzenqualitäten“, sagt Blöser über den Jahrgang 2023, „aber Kabinett- und leichten Qualitätswein“. Momentan bewirtschaftet der Traditionsbetrieb 7,2 Hektar in den Oberdollendorfer Weinbergen.

Kay Markus Thiel aus Niederdollendorf, der inzwischen vier Hektar auf vier Lagen von Dollendorf bis Leutesdorf bewirtschaftet, ist zumindest mit der Quantität schon mal zufrieden. „Wir haben gute Mengen, schwierig sind die Mostgewichte.“

Die späten Lagen und besonders der Riesling könnten noch gut werden

Im Juni und Juli sei es nass und kalt gewesen, im August und September zu heiß und zu nass. „Wir sehen schon beim Lesen Beeinträchtigungen.“ Aber wenn die Wetterlage die nächsten drei bis vier Wochen stabil bliebe, könnten die späten Sorten, insbesondere der Riesling, noch gut werden. „Das könnte nach hinten raus noch ein Highlight werden, aber das ist Spekulation“, so Thiel.

Angefangen mit einem Weinberg in Dollendorf, bewirtschaftet er inzwischen vier Hektar auf acht Weinbergen und hat in Dattenberg stark erweitert. Gefreut hat er sich über eine besondere Auszeichnung im Bereich Mittelrhein. „Ich bin zum Aufsteiger des Jahres im ,Vinum', einem der großen deutschen Weinführer, ausgezeichnet worden.“

Dank einer Kooperation mit Winzer Felix Pieper in Königswinter keltert er in dessen Keller. „Ich habe einen eigenen Bereich und eigene Fässer, die Presse beispielsweise teilen wir uns.“ Frühburgunder, Müller-Thurgau und Weißburgunder müssen beim Biowinzer noch geerntet werden.

Auch beim Weingut Pieper in Königswinter sind schon einige Sorten gelesen, etwa Müller-Thurgau oder Grauburgunder. Zufrieden zeigt sich Adolf „Bobbi“ Pieper mit der Menge und auch den Qualitäten. „Wir befinden uns im Kabinett- und Spätlesebereich.“

Aber die Wetterkapriolen zeigen sich auch hier. „An einem Stock sind hohe Oechslegrade zu verzeichnen, am nächsten aber nicht“. Ehrenfelder und Riesling werden erst demnächst gelesen, „gerade der Riesling macht auf den letzten Meter noch das Rennen“.

Fast 280 Jahre Winzer-Familiengeschichte in Bad Honnef- Rhöndorf

Aber: „Der Weinbauäquator verschiebt sich nach Norden und der Riesling mit seiner speziellen Säure muss eher gelesen werden oder er bekommt einen anderen Charakter“, berichtet Bobby Pieper, der sich selbst als der „wohl nördlichste Veltlineranbauer“ bezeichnet, einer österreichischen Rebsorte. Zwölf Sorten baut die Familie auf 9,3 Hektar an.

Karl-Heinz Broel aus Bad Honnef-Rhöndorf ist ein Winzer mit langjähriger Erfahrung im Weinbau. Sein Betrieb schaut auf fast 280 Jahre Winzer-Familiengeschichte zurück. Auf 2,5 Hektar baut er unter anderem Rivaner an. „Den haben wir schon gelesen und der ist mit 77 Grad Oechsle mittelprächtig.“

Regen im August hat die Beeren dick und prall werden lassen

Zeitig ging es bei ihm mit der Lese schon am 18. September los. Die Scheurebe ist ebenfalls im Keller und bietet 78 Grad Oechsle. Der Riesling mit 84 Grad ist da schon besser. „Ab 80 Grad Oechsle wird es interessant“, so Karl-Heinz Broel. Der Kerner müsse noch gelesen werden, aber das erst ab Oktober.

„Da hoffen wir auf die Edelfäule“, so der Weinbauer und erklärt: „Die Beerenhaut wird vom Pilz perforiert und wird dadurch porös. Das Wasser verdunstet und die Konzentration der Inhaltsstoffe wie die Süße nimmt zu.“ Der Regen im August habe die Beeren dick und prall werden lassen, was eine gute Quantität zur Folge habe.

Winzer Broel testet pilzresistente Reben in den Rhöndorfer Weinbergen

Aber der Klimawandel sei bei den Winzern angekommen. Um dem zu begegnen, testet er mit pilzresistenten Reben. „Mit Cabernet blanc, Regent, Muscaris und Solaris habe ich angefangen“, berichtet Broel. (hco)


Winzerfest in Königswinter ab Freitag

Das traditionelle Winzerfest in Königswinter, eines der größten Weinfeste in der Region, steht bevor. Wegen des Tags der Deutschen Einheit findet es diesmal von Freitag (29. September) bis Dienstag (3. Oktober) statt.

Erneut wird der Marktplatz in der Altstadt in ein Weindorf verwandelt, in dem regionale Weine aus dem Siebengebirge und dem Weinbaugebiet Mittelrhein genossen werden können.

Die offizielle Eröffnung ist am Freitag um 20 Uhr durch Bürgermeister Lutz Wagner; die Weinstände sind bereits ab 16 Uhr offen. Am Abend wird auch ein neuer „Ritter vom Siebengebirge“ gekürt: Pfarrer Markus Hoitz wird diesmal die Ehre zuteil. An den folgenden Tagen öffnen die Weinstände um 11 Uhr beziehungsweise (am Montag) um 16 Uhr.

Für Musik sorgen unter anderem die holländische Kapelle „Schöd um Laeg“ aus Venlo, die Band „MIX-Tape“ oder der „Sound-Express Köln“. Ein Höhepunkt ist der traditionelle Festzug der St. Sebastianus Junggesellen-Schützenbruderschaft Königswinter 1604 mit der rollenden Weinprobe. Der Zug geht am Sonntag um 12.30 Uhr los.(csc)

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