Problem FluchtwegGeburtshaus in der Altstadt von Königswinter droht zu scheitern

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Ein Säugling liegt in einem Bett und wird von Hebammen versorgt.

Hebammen versorgen einen Säugling:In Königswinter hakt es aber bei der Verwirklichung eines Geburtshauses.

Bei dem von Hebammen geplanten Geburtshaus in Königswinter hakt es gewaltig. Inzwischen beschäftigt das Projekt das Landgericht in Bonn.

Nicole Luhmer, Hebamme und Mutter von drei Kindern, ist, wie selbst sagt, ziemlich frustriert. Bei dem Versuch, in der Kellerstraße 6 in der Altstadt ein Geburtshaus für das Siebengebirge zu verwirklichen, hakt es immer wieder an verschiedenen Stellen. Inzwischen beschäftigt die Sache sogar das Landgericht in Bonn.

Zurzeit scheint es so, als würden nur fünf Zentimeter fehlen, um einen nötigen Rettungsweg aus dem Gebäude über eine Rampe zu schaffen. 1,20 Meter stünden auf dem Grundstück vor dem Haus zur Verfügung, so Luhmer, verlangt werde aber von der Stadt eine Rampe von 1,25 Meter Breite.

Geburtshilfe im Krankenhaus Bad Honnef wurde 2021 geschlossen

Aber der Reihe nach: Seit 2021 versuchen Nicole Luhmer und sechs ihrer Kolleginnen, ein Geburtshaus im Siebengebirge zu verwirklichen. Unterstützt werden sie vom Verein für Geburtshilfe und Familiengesundheit in Bad Honnef. Anlass für die Initiative war die Schließung der Geburtshilfe am Cura-Krankenhaus Bad Honnef 2021. Dort kamen im Jahr rund 500 Kinder zur Welt.

Im August 2022 schien mit der Kellerstraße 6 in der Altstadt von Königswinter eine Immobilie gefunden. Dann aber zeigte sich, dass neben dem Gebäude nur ein 70 Zentimeter breiter Durchgang zum Innenhof zur Verfügung steht. Zu wenig für Feuerwehr oder Rettungsdienst. „Es müssen Liegendtransporte möglich sein“, weiß auch Nicole Luhmer.

Die Einräumung eines Wegerechts habe die Eigentümerin des Nachbargebäudes Kellerstraße 4, die Immobilieninvestmentgesellschaft Verianos, abgelehnt. Daraufhin habe der Eigentümer der Kellerstraße 6 auf ein bestehendes Wegerecht verwiesen, das die Anfahrt von der Rückseite, also von der parallel verlaufenden Klotzstraße aus, ermöglichen würde.

Die Stadt habe jedoch die Eintragung einer Baulast verlangt, was die Verwaltung auf Anfrage bestätigt. Das sei für einen solchen Fall gesetzlich vorgeschrieben. Über die Eintragung einer Baulast streiten sich der Vermieter der Kellerstraße 6 und die Verianos vor dem Landgericht.

Bau einer Treppe ist laut Verwaltung noch nicht aus der Welt

Eine Gerichtssprecherin bestätigte auf Anfrage (ohne Namen zu nennen), ein Kläger, der ein Geburtshaus errichten wolle, verlange von der Eigentümerin des hinten angrenzenden Nachbargrundstücks „über ein schon bestehendes Geh- und Fahrrecht hinaus eine entsprechende Baulast zu übernehmen“.

Die mündliche Verhandlung ist für den 8. März terminiert. Eine Sprecherin der Verianos, der mehrere Gebäude in der Altstadt gehören, erklärte auf Anfrage zur Kellerstraße lediglich, dass man sich „bei einem laufenden Gerichtsverfahren nicht zur Sache äußern“ könne.

Zwei Gebäude mit gelber und roter Ziegelsteinfassade.

In der Kellerstraße 6 könnte das Geburtshaus entstehen.

Derweil wurde laut Nicole Luhmer auch Alternativen untersucht. Beispielsweise der Bau einer neuen Treppe vor dem Gebäude unter Verzicht auf eines der Fenster, auch wenn das nicht optimal sei, weil Platz im Haus verloren ginge.

Aber dann seien die Gestaltungssatzung für die Altstadt sowie das Thema Hochwasser ins Spiel gekommen. Zudem hätten Rettungsdienst und Feuerwehr die Lösung als nicht optimal angesehen. Nach Angaben der Stadtverwaltung liegen zurzeit „verschiedene Entwürfe, Prüfungen und Auflagen“ wegen der Themen Hochwasser und Gestaltungssatzung vor.

Rampe muss nach den „Vorgaben des Gesetzgebers“ 1,25 Meter breit sein

Zu den Vorschlägen der Stadt gehöre die Treppenlösung, sie sei aber „noch nicht abschließend planerisch dargestellt worden“. Zurzeit sei es „verfrüht, die Treppenlösung als gescheitert zu betrachten“.

Eine weitere Alternative, berichtet Nicole Luhmer, wäre der Bau einer Rampe mit 15 Prozent Steigung. Das Problem hier: Das Grundstück Kellerstraße 6 gebe vor dem Haus nur 1,20 Meter her. Die Stadt verlange aber eine 1,25 Meter breite Rampe. Und darüber hinaus einen zweiten Handlauf.

Drei Frauen sitzen an einem Tisch in einem Café, eine hat ein Kleinkind auf dem Arm.

Über ihre Pläne für ein Geburtshaus informierten im Mai 2023 (v.l.) Catharina Jäger, Helen Glos und Nicole Luhmer.

Die Verwaltung verweist auf Anfrage auch in diesem Punkt auf „Vorgaben des Gesetzgebers“. Sie habe das Thema unter Einbeziehung eines Brandschutzsachverständigen und den zuständigen Stellen beim Rhein-Sieg-Kreis überprüft. „Danach muss ein Rettungsweg über eine Rampe (...) zwingend eine lichte Breite von mindestens 1,25 Meter aufweisen.“

Nicole Luhmer fühlt sich offenbar ein Stück weit gefangen im Dschungel der Vorschriften. „Keiner macht was falsch“, sagt sie über die Stadt und das Bauamt. Aber es fehle an Entgegenkommen der Behörde, an Unterstützung und an einer „politischen Willkommenskultur“.

Das sieht die Stadt naturgemäß anders. Es habe mehrere Gesprächs- und Vororttermine gegeben, um Lösungen zu erarbeiten. „Das wäre nicht bei jedem Bauantrag so leistbar.“ Für Königswinters Bürgermeister Lutz Wagner „ist es weiterhin erklärtes Ziel, dass sich das Geburtshaus in Königswinter realisieren lässt“.

Nicole Luhmer und ihre Kolleginnen wollen den Gerichtstermin abwarten. Geht er aus ihrer Sicht nicht positiv aus, werde man sich wohl, so die Ankündigung, nach Bad Honnef orientieren.

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