Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Pferde essen PfingstrosenTierhalterin soll Schadensersatz an Blumenhändler zahlen

Lesezeit 3 Minuten
Pferd_Symbolbild

Das Symbolbild zeigt ein Pferd auf der Weide eines Pferdehofes im Raum Heidelberg am 31. August 2020.

Bonn/Bornheim – Am frühen Morgen des 23. Mai 2020 weckte ihn seine Ehefrau: „Wir haben ein Pferd im Garten stehen!“ Der KFZ-Verkäufer sprang sofort in die Schuhe, warf sich eine Jacke über, rannte in die Garage und griff nach dem Verlängerungskabel des Rasenmähers: „Ein Pferd, nicht schon wieder!“, erzählte der 47-jährige Zeuge gestern in einem Zivilverfahren um zwei ausgebüxte Tiere vor dem Bonner Landgericht.

Vor zehn Jahren, so sein Trauma, habe er zusehen müssen, wie ein frei laufendes Pferd von einem Laster überfahren wurde. Aber diesmal drohte den Tieren keine Gefahr: Der Verkäufer folgte den trabenden Tieren über die asphaltierten Feldwege, bis sie Kurs über ein Pfingstrosenfeld nahmen. Hier dauerte es noch eine Weile, bis der Retter das Leittier packen und in einer kleinen Koppel sichern konnte; das zweite Tier trabte brav hinterher. Zehn Minuten später bereits kam die Polizei.

Ein juristisches Nachspiel

Über ein Jahr später hatte der morgendliche Ausflug der beiden Pferde in Brenig ein juristisches Nachspiel. Denn die beiden Braunen sollen während ihres Ausflugs auf der Pfingstrosen-Parzelle die Gelegenheit genutzt haben, sich ein opulentes Frühstück zu genehmigen. Ein Fünftel seiner wertvollen Peonien, zählte der Pächter der Parzelle 31 später nach, hätten die Tiere während ihrer Frühstückspause abgegrast, mithin habe er 320 Pflanzen der Premium-Sorte „Command Performance“ entsorgen und neu pflanzen müssen. Hierdurch habe er Verkaufseinbußen über mehrere Jahre, da die japanische Kulturpflanze drei Jahre brauche, bis sie wieder schnittreif sei. Folglich verklagte der Blumenzüchter die junge Tierhalterin auf 6519,16 Euro Schadensersatz.

Die Tierhalterin hat im Prozess bestritten, dass das 5000 Quadratmeter große Feld, das ihre Pferde aufgesucht hatten, eine professionell bewirtschaftete Plantage war. Auf dem Areal, so ihr Einwand, hätten vereinzelte Pfingstrosen mit vielfältigen Gräsern und Wildblumen konkurriert. Schließlich auch hat sie keinerlei Erklärung, wie ihre Pferde ins Freie gefunden hätten. Die Umzäunung der Koppel habe keinen erkennbaren Schaden gehabt. Sie vermutet den bösen Streich eines Dritten.

Dennoch soll sie jetzt für das extravagante Frühstück ihrer Pferde zahlen: Denn schließlich, so Kammervorsitzender Stefan Bellin, hatte das Pferde-Duo nachweislich die Parzelle zumindest gequert und darauf wohl auch einige Kreise gezogen. Der genaue Peonien-Schaden sei schwer nur beziffern, so Bellin, „die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte.“ Mit dem Vorschlag der Kammer waren die Parteien gestern grundsätzlich einverstanden: Die Pferdebesitzerin zahlt ein Viertel der Klagesumme – 1626,90 Euro – an den Pfingstrosen-Bauern und der Streit ist beigelegt. Um endgültig zuzustimmen, braucht die Pferdebesitzerin nur noch das Okay ihrer Tierhalter-Haftung, ob die den Schaden für das Peonien-Frühstück übernimmt. (AZ: Landgericht Bonn 1 O 64/20)