Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Regional einkaufenWie die Marktschwärmereien den Rhein-Sieg-Kreis erobern

5 min

Stephan Faber organisiert die Marktschwärmerei am alten Kloster in Heimerzheim.

Rhein-Sieg – Immer mehr Menschen wollen wissen, was in ihren Lebensmitteln steckt, wo sie herkommen und wer sie herstellt. Die Marktschwärmer-Idee beantwortet genau diese Fragen. Einmal in der Woche können Kunden regionale Produkte direkt vom Erzeuger zu fairen Preisen in ihrer Nähe einkaufen. Diese Gelegenheit nutzen immer mehr Menschen.

Die Idee für die Vermarktung regionaler Lebensmittel wurde 2011 in Frankreich geboren. Sie soll dazu beitragen, dass Erzeuger und Verbraucher wieder näher zusammenfinden. Längst hat sich das Konzept in anderen europäischen Ländern etabliert. Ausgehend von den urbanen Regionen hat die Bewegung auch in Deutschland mehr und mehr Anhänger gewonnen. Die erste Bonner Schwärmerei wurde 2017 in der Nordstadt gestartet. Inzwischen sind in der Stadt drei weitere entstanden. Sowohl in der Südstadt als auch in Kessenich und Beuel können die Kunden Woche für Woche ihre zuvor im Internet bestellten und bezahlten Waren abholen. Auch in ländlicheren Regionen stößt die Philosophie auf Resonanz.

Vier Marktschwärmereien im Kreis

So existieren im Rhein-Sieg-Kreis mittlerweile vier Marktschwärmereien. Die Coronakrise scheint das Bedürfnis, sich gesünder und regionaler zu ernähren, weiter zu fördern. Das ist einleuchtend, da die Marktschwärmer-Philosophie nicht nur bewusste Ernährung unterstützt, sondern auch die Möglichkeit bietet, viele unterschiedliche Produkte an einem Ort einzukaufen. Das reduziert Kontakte. Viele Schwärmereien bieten zudem an, die Bestellung nach Hause zu liefern. Ein weiterer Vorteil: Es wird darauf geachtet, Verpackungsmüll zu minimieren.

Renate Schlagheck organisiert die Marktschwärmerei in Meckenheim. Der Obsthof Rönn im Ortsteil Ersdorf ist jeden Samstag Anlaufpunkt für mehr als 50 Mitglieder. Schlaghecks Tochter Monika Rönn hatte die Idee, eine eigene Marktschwärmerei in Meckenheim zu initiieren. Mit Ehemann Michael beliefert sie die Bonner Schwärmereien seit mehreren Jahren mit Obst, Gemüse und Säften vom Biohof. Doch Frau Rönn wollte nicht gleichzeitig als Gastgeberin und Erzeugerin auftreten. So übernahm die Mutter die Aufgabe.

Auch Seifen und Naturkosmetikprodukte im Angebot

Die Meckenheimer Marktschwärmerei kann mit einer Breite an Erzeugnissen aufwarten. Dazu zählen zum Beispiel Speiseöle, Kaffee, Tee und Süßwaren von Gusto-Sicilia.com aus Köln, Gemüse, Käse und Rindfleisch von der Kollweider Milchmanufaktur oder frische Teigwaren von Pastificio Middendorf. Das Angebot beschränkt sich nicht auf Lebensmittel und reicht bis hin zu Seifen und Naturkosmetikprodukten von Soapsters aus Bergheim oder der Manufaktur Naturseifen aus Bad Honnef. Die Abläufe unterliegen aktuell den Anforderungen der Pandemie. Da zahlt sich aus, dass der Obsthof über ein weitläufiges Gelände verfügt. Dadurch wurden zwei Ausgabestellen und vier Packstationen eingerichtet. Wo sonst viel gesprochen wird, ist es momentan deutlich ruhiger. Üblicherweise präsentieren die Erzeuger gerne ihre Produkte vor Ort und es findet ein lebendiger Austausch mit den Kunden statt. All diese Gewohnheiten entfallen unter dem Diktat der Pandemie.

Fertig nummerierte Waren abholen

Das ist in der Marktschwärmerei Swisttal nicht anders. Sie ist aufgrund der Pandemie vom Heimerzheimer Gottfried-Velten-Platz gegenüber ins Alte Kloster gezogen. In einem großen Raum im Erdgeschoss wartet Gastgeber Stephan Faber dienstags zwischen 17.30 und 19 Uhr auf die Kunden. Fertig in Tüten verpackt und nummeriert können die Mitglieder ihre Waren abholen. Faber motivierte sein lokalpolitisches Engagement und die Mitarbeit im Biohof Rönn zum Aufbau einer Marktschwärmerei in Heimerzheim. „Die Gemeinde hat mich von Beginn an unterstützt“, berichtet er. So wurde die Schwärmerei schnell angenommen. Momentan kommen jeden Dienstag knapp 50 Kunden zum Alten Kloster, um ihre Tüten abzuholen. „Vor allem während des ersten Lockdowns im Frühjahr ist die Resonanz stark gestiegen“, sagt Faber. Unter den Marktschwärmern sind sowohl viele ältere Menschen, die sich aktuell nur ungern zum Einkauf in viele verschiedene Geschäfte begeben, als auch junge Familien aus dem Neubaugebiet. „Wir werden aber nicht nur von Kunden aus dem unmittelbaren Umfeld aufgesucht“, erklärt der Initiator. Die Produktpalette umfasst zum Beispiel Fleisch aus der Kölner Naturmetzgerei Hennes, Wild vom Brühler Kaiserbahnhof oder Käse, Milch und Eier aus der Monschauer Bauernmolkerei. Alle zwei Wochen gibt es sogar frischen Fisch von Feinkost Hembsch aus Köln. Direkt aus Swisttal kommen unter anderem Eis und Kuchen aus dem Café Amorini, Obst und Geflügel vom Hof Schmitz oder Honig von der Imkerei Kuhn.

Das könnte Sie auch interessieren:

Einen Anstieg der Mitglieder von 35 auf mehr als 50 hat Natia Rittweger in den vergangenen Monaten zu verzeichnen. Sie organisiert die Marktschwärmerei in Bad Honnef seit März 2019. Wie in allen anderen Schwärmereien hat sich unter Corona-Bedingungen einiges verändert. Treffpunkt ist eine halboffene Garage auf dem Rhöndorfer Ziepchensplatz. „Vorne am Eingang steht ein Tisch, an dem die Erzeugnisse verpackt werden. Die Kisten werden für die einzelnen Kunden bereitgestellt und nummeriert“, sagt Rittweger. Außerdem dürfen lediglich zwei Kunden gleichzeitig an den Tisch treten. Zu den Produzenten, die in Rhöndorf vertreten sind, gehören die Westerwälder Dammwildzucht, die Vulkanhof Ziegenkäserei und die Monschauer Bauernmolkerei. Viele Lebensmittel kommen aus der unmittelbaren Nachbarschaft wie Pestos oder selbstgemachte Spaghetti von Pasta e Basta, Honig von den Imkern Sebastian Brejza und Christiane Lamberty oder Backwaren von Profittlich.

Im Dezember hat die Bewegung Königswinter erreicht. Der „Eselsstall“ dient in der Regel als Veranstaltungssaal des „Kaufmannsladens“, eines Cafés inmitten der Altstadt. Der Raum verwandelt sich jetzt dienstags zwischen 17 und 19 Uhr in einen kleinen Markt. Gastgeberin ist Victoria May Olböter. Zum Angebot zählen zum Beispiel Obst und Gemüse vom Gemüsehof Steiger in Bornheim, Leinöl und Fleisch vom Landwirtschaftsbetrieb Harborts Bestes in Königswinter oder Weine vom Bio-Terrassenweingut Weber aus Lehmen an der Mosel.

www.marktschwaermer.de