Rheinbach und Meckenheim nach der FlutFeuerwehr trauert um zwei Kameraden

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Eine Hilfsgütersammelstelle haben Dr. Brigitte Kuchta und Stefan Pohl am Hambuch 18 eingerichtet. Über die Facebookseite „Meckenheim hilft“ vermittelt Kuchta die Hilfe.

Eine Hilfsgütersammelstelle haben Dr. Brigitte Kuchta und Stefan Pohl am Hambuch 18 eingerichtet. Über die Facebookseite „Meckenheim hilft“ vermittelt Kuchta die Hilfe.

Rheinbach/Meckenheim – Die Aufräumarbeiten in Rheinbach werden überschattet vom Tod zweier Feuerwehrleute. Die Stadt trauert um ein Mitglied der Ehrenabteilung, das bereits in der Nacht zu Donnerstag durch das Unwetter ums Leben kam und um einen Kameraden aus dem aktiven Dienst. Der 43-jährige Familienvater hatte sich Freitagnacht nach einem Einsatz im Katastrophengebiet in der Innenstadt hingelegt, um sich auszuruhen und war infolge eines medizinischen Notfalls nicht mehr aufgewacht. Insgesamt sind in Zusammenhang mit dem Unwetter vom Mittwoch bisher sechs Menschen in Rheinbach gestorben und drei in Swisttal. Deutlich zurückgegangen ist die Zahl der Vermissten.

Landrat Schuster stellt Katastrophenfall fest

Am vierten Tag nach den heftigen Unwetterereignissen hat Landrat Sebastian Schuster am Sonntag offiziell den Katastrophenfall festgestellt. „Je mehr wir ans Aufräumen kommen, desto mehr offenbaren sich die tiefgreifenden Schäden an der Infrastruktur. Um den Wiederaufbau optimal bewältigen zu können, brauchen wir ein enges Zusammenspiel der administrativen Bereiche. Die Verzahnung aller Akteure können wir so am besten herstellen“, erklärte er gestern Nachmittag.

Rheinbachs Bürgermeister Ludger Banken hatte sofort seinen Urlaub abgebrochen, um die Arbeit des Krisenstabes zu koordinieren, der in der Feuerwache am Brucknerweg untergebracht ist, weil das Rathaus wie weite Teile der Stadt nach wie vor ohne Stromversorgung sind. Sein Vorgänger Stefan Raetz ist im Krisenstab ebenfalls aktiv.

Noch immer ist das volle Ausmaß unklar

Auch fünf Tage nach der Flutkatastrophe ist das volle Ausmaß der Schäden noch nicht absehbar. „Wir teilen die Sorge der Menschen und hoffen, dass die Vermissten wohlbehalten wieder zurückkehren“, erklärte Banken, „gemeinsam arbeiten wir daran, die Lage in den Griff zu bekommen“.

Die westlichen Rheinbacher Stadtteile Ober- und Niederdrees blieben gestern weiterhin evakuiert, da weiterhin nicht sicher war, ob der Damm der Steinbachtalsperre bei Kirchheim gehalten werden kann. Laut der Kreisverwaltung muss weiterhin jederzeit mit einem plötzlichen Versagen der Talsperrenmauer gerechnet werden muss. Am heutigen Montag soll es neue Informationen geben.

Die Polizei riegelte alle Zufahrtsstraßen in die beiden Rheinbacher Orte ab. Der Rhein-Sieg-Kreis appellierte an die Bürger, auf keinen Fall in Häuser und Wohnungen zurückzukehren. Sie sollten unbedingt in der Anlaufstelle in der Stadthalle bleiben oder versuchen, in Familien oder im Bekanntenkreis außerhalb unterzukommen.

Überall im Stadtgebiet haben sich mittlerweile bewundernswerte private Initiativen gebildet – zum Aufräumen, zur Versorgung der Helfer mit Essen oder zur Sammlung von Kleidung, Lebensmitteln und Hygieneprodukten. Zentrale Anlaufstelle ist hier die Pallottikirche, in der mittlerweile Sachspenden aus ganz Deutschland ankommen. Informationen zur Ausgabe gibt es am Bürgertelefon der Verwaltung unter (0 22 26) 91 74 00. Die Stadt bittet zudem, weiteren anfallenden Müll nach Möglichkeit zur Sammelstelle an der Boschstraße im Industriegebiet zu bringen.

Der Sportverein Wormersdorf stellte am Wochenende spontan sein Sportlerheim zur Unterbringung von Katastrophenopfern zur Verfügung. Hier wurden, wie Ortsvorsteher Rolf Münch  berichtete, zehn Menschen aus dem Kreis Ahrweiler aufgenommen und versorgt. Die Hubertus-Schützen Wormersdorf haben ebenfalls ihre Halle angeboten.

Meckenheim:„Hilfe, wir saufen ab“

Ganz ähnlich war die Lage in Meckenheim:„Hilfe, wir saufen ab“. Diesen Hilferuf verschickte Peter Klee, Kommandant des Stadtsoldaten-Corps Meckenheim, per Mail an alle Mitglieder. Dem Aufruf folgten spontan zahlreiche Freiwillige, um im Angesicht des unaufhörlich ins Vereinshaus strömenden Wassers zu retten, was noch zu retten war. Das war am Ende nicht viel, aber die historischen Bildbände, das Notenmaterial und ein Teil der Uniformen und Instrumente konnte vor den Fluten in Sicherheit gebracht werden.

Stehengebliebene Uhren an der Wand zeigen die Zeit, zu der das Wasser jeweils die Decke erreichte: Im großen Lagerraum war es 22.40 Uhr. Zu dieser Zeit hatten sich die Helfer um Hammerschlag und Peter Klee bereits aus dem Keller zurückgezogen, alles andere wäre viel zu gefährlich gewesen. Nur wenige Stufen vor dem Erdgeschoss kam das Gewässer zum Stillstand. „Da haben wir noch einmal Glück im Unglück gehabt“, stellte Hammerschlag fest.

Mit der Beseitigung der Folgen des Hochwassers werde man noch einige Wochen, wenn nicht gar Monate beschäftigt sein, so Hammerschlag. Die ramponierte Feldküche war am Samstag bereits aus dem Lagerraum geschoben worden.

Trotz des Chaos war die Stimmung gefasst. Man sei sich bewusst, dass es anderen noch sehr viel schlechter gehe. „Es ist alles sehr traurig, aber wir sind gesund, das ist das Wichtigste“, so Ex-Karnevalsprinzessin Ingrid Lanzerath. Dankbar waren die Stadtsoldaten auch für die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung.

St. Sebastianus Schützenbruderschaft Meckenheim betroffen

Von Hochwasserschäden massiv betroffen ist auch das Vereinshaus der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Meckenheim. Das Gebäude ist von dem der Stadtsoldaten fußläufig nur wenige Minuten entfernt und liegt mitten in den Swistauen. Dort habe der Bach am Mittwochabend schon gegen 18 Uhr auf der Wiese gestanden, erzählt Platzwart Ferdi Klick, der auch die Halle betreut. Gegen die andrängenden Wassermassen hätten er und Michael Hilbig, Eckehard Haffner, Bernd Lupus sowie einige Helfer aus den Reihen der Prinzengarde jedoch selbst mit Dutzenden von Sandsäcken nichts ausrichten können. Etwa um 23 Uhr habe man aufgeben, so Klick, nachdem man die Gewehre noch aus dem Haus geschafft hatte: „Gegen diese Fluten konnten wir nicht ankämpfen.“ Kniehoch habe das Wasser in der erst im vergangenen Jahr frisch gestrichenen 300 Quadratmeter großen Halle gestanden, deren Holzfußboden gerade mal sechs Jahre alt ist. Im Schießstand, der im Keller untergebracht ist, herrschte Land unter.

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Die Elektronik werde man nicht mehr in Gang bringen können, so Vize-Präsident Eckehard Haffner. Einziger Trost: Im Kellerflur hörte das Wasser knapp einen Zentimeter vor den ersten historischen Fotos an der Wand auf zu steigen. „Die Bilder von den Pastoren sind verschont geblieben“, bemerkte Klick. Auch den Pokalen unter der Decke sei nichts passiert. Aber damit hören die guten Nachrichten schon auf. Für den Rest werde man sich wohl nur noch einen Container bestellen können, so Klick.

Betroffen vom Hochwasser ist auch der Keller der katholischen Grundschule, in der das Ferienprogramm abgesagt werden musste. Die Gebrauchtkleiderstube des Vereins für Nachbarschaftshilfe „Kaleidoskop“ ist ebenfalls geschlossen. Massive Wasserschäden gab es auch in den Sporthallen in der Schützenstraße. Der Sportbetrieb ist bis auf Weiteres nicht möglich. „Da mit großer Wahrscheinlichkeit die Fußböden erneuert werden müssen, ist mit einer Rückkehr vor den Herbstferien nicht zu rechnen“, so Bernhard Hohenbild vom VFG.

Für das Aufladen von Elektrogeräten steht die Jungholzhalle, Siebengebirgsring 4, täglich von 8 bis 16 Uhr zur Verfügung. Dort können sich Bürger ebenfalls heißes Wasser in mitgebrachte Gefäße abfüllen. Duschmöglichkeiten gibt es von 8 bis 16 Uhr im Hallenbad.

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