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Das „monte mare“ in RheinbachWie man ein altes Schwimmbad aktuell hält

Lesezeit 9 Minuten
Im Freibad.

Im Freibad.

Ob 25-Meter-Sportbecken, Wellenbad, oder Whirlpool – das „monte mare“ in Rheinbach ist nicht mehr das Jüngste, und dennoch besteht es selbst gegen moderne Konkurrenten. 

 Wie das geht, und wie sehr die etwa 150 Mitarbeiter hinter den Kulissen für den Betrieb der 13 Becken zählenden Anlage ins Schwitzen kommen, hat sich die Rundschau in dem der Stadt Rheinbach gehörenden Bad angeschaut. „monte mare“ ist seit 2002 Pächter.

„Wir machen das also schon seit 23 Jahren, und eigentlich liegt die Lebenserwartung eines Bades bei 25 Jahren“, sagt Betriebsleiter Peer Schwetzler. Tatsächlich ist das Bad noch älter. 1975 wurde es als Lehr- und Sport-Schwimmbad eröffnet, 1983 kam das Wellen- und Freizeitbad dazu. Immer wieder wurden Teile saniert, und genau darüber diskutieren Stadt und Pächter nun im Vorfeld des näher rückenden Vertragsendes: 2029 wird ein neuer Pachtvertrag fällig. „monte mare“ würde gerne weitermachen, verhandelt aber nun um Sanierungsanteile mit der Stadt.

Schwetzler kennt die Pfunde, mit denen das Bad wuchern kann: „Das Spannende hier im ,monte mare? ist das Nebeneinander unserer Angebote: Erlebnis- und Freizeitbad und Wellness.“ Das Indoor-Tauchbecken werde auch für Hochzeiten unter Wasser genutzt.

Das "monte mare" in Rheinbach hat ein breites Kursangebot.

Das 'monte mare' in Rheinbach hat ein breites Kursangebot.

Im Lernbecken finden Schwimmkurse sowie Schul- und Vereinsschwimmen statt. Auch DLRG sowie Landespolizei und Bundespolizei absolvieren hier ihr Schwimmtraining. Babyschwimmen, Aquafitness, -jogging oder -cycling – es gibt eine lange Liste von Kursen, auch solche, die von der Krankenkasse bezuschusst werden. Und wer sich über Menschen auf Wasserfahrrädern beim Aquacycling wundert, die hüfthoch im Wasser sitzend strampeln: Das soll gelenkschonend sein und den ganzen Körper trainieren, steht im Internet.

Es ist die Fülle des Angebots, mit der Schwetzler die Menschen nach Rheinbach ins Schwimmbad holen will. Wo bitte gibt es ein Tarzan-Seil, um nach kühnem Schwung ins Wasser zu platschen? Oder den Hindernis-Parcours im Sportbecken? „Das ‚monte mare‘ geht über das normale Maß an Schwimmbad hinaus“, erklärt Schwetzler: „Wir haben neben der normalen Schwimmbad-Gastronomie mit Currywurst und Pommes auch hochwertiges Essen, außerdem immer freundliche Mitarbeiter, die dafür sorgen, dass die Gäste einen schönen Tag haben.“ Offenbar übertreibt er damit nicht: Wirklich jeder Mitarbeiter ist an diesem Mittag hier gut gelaunt.

Das Wellenbad im "monte mare".

Das Wellenbad im „monte mare“.

Die Besucher übrigens auch: Kinder johlen auf der Rutsche, die unter der Decke im Bad startet und nach ein paar Windungen im Freien im Innenbecken mündet. „Beide sind 100 Meter lang“, versichert Schwetzler und weist auf die Lichteffekte hin.

Unterwasser-Hochzeiten

Die Besonderheit ist nach vielen Jahren noch immer ds Tauchbecken. Hier hat schon ein Fernsehteam für die Actionserie „Alarm für Cobra 11“ gedreht. Bis zum Boden sind es zehn Meter. Die Oberfläche sind 200 Quadratmeter. Trainingsebenen befinden sich auf 1,20 und sechs Metern. Vom „Schnuppertauchen“ für Anfänger bis zur Tauchlehrerausbildung reicht das Angebot. Das „monte mare“ Rheinbach ist Deutschlands größte Tauschule mit Zertifizierung durch die weltweite Organisation SSI.

„Ich glaube, es ist viel besser, Tauchen in Ruhe zu Hause zu lernen, als irgendwo in Ägypten oder in der Karibik“, findet Schwetzler und fügt hinzu: „Weil das so oft gefragt wird: Es gibt im Tauchbecken keine Fische.“ Logisch. Im gechlorten Schwimmbadwasser würden die auch nicht lange überleben. Lichtinszenierungen sollen hier den Tauchgang spannend machen.

Das Tauchbecken bietet mit seinen Einbauten ein spannendes Erlebnis für Anfänger und erfahrene Taucher.

Das Tauchbecken bietet mit seinen Einbauten ein spannendes Erlebnis für Anfänger und erfahrene Taucher.

Zehn Paare haben sich hier in diesem Jahr schon unter Wasser blubbernd ein Ja signalisiert statt ein Ja-Wort zu geben. Das Becken ist ganz offiziell Außenstelle des Rheinbacher Standesamtes. In Nachfolge von Stefan Raetz, der seinerzeit als Bürgermeister Trauungen unter Wasser vollzog, gibt es inzwischen einen Standesamtsmitarbeiter mit Tauchausbildung.

Viele haben hier schon im ganz normalen Publikumsverkehr unter Wasser ihre Hochzeit gefeiert. Der Reiz des Besonderen hat laut Schwetzler die Nachfrage nach Unterwassertrauungen steigen lassen. „Viele können es sich auch schlicht nicht leisten, eine ganze Hochzeitsgesellschaft zum Auslandsurlaub einzuladen. Wir sorgen schön für alles: Sektempfang, Blumenschmuck, Unterwasser-Fotograf oder Live-Übertragung.“

Ein „Mädchen für alles“

Als Geschäftsführer ist Peer Schwetzler „Mädchen für alles“. In der Not kann er sogar jemanden aus dem Wasser retten, denn er ist ausgebildeter Rettungsschwimmer. „Es ist wichtig, geschult zu sein, auch in Sachen Erste Hilfe speziell fürs Schwimmbad“, findet er. Ihm glaubt man, dass er das berühmte offene Ohr für seine Mitarbeiter hat. Beim Gang durchs Haus wird jeder mit Namen begrüßt. Vor allem aber muss er die Zahlen im Auge zu behalt. „Ich bin auch Zuhörer. Für meine Mitarbeiter habe ich immer ein offenes Ohr.“ Das ist vielleicht auch ein Grund, warum viele der Kollegen schon so lange im Rheinbacher Bad arbeiten. „Das ‚monte mare‘ ist ein Familienbetrieb, und das wird auch von oben, von der Familie Doll, also der Geschäftsführung, vorgelebt. Wir machen das hier nicht anders“, sagt Peer Schwetzler, dessen Mutter im „monte mare“ unterstützt: „Mit ihren 82 Jahren führt sie hier neue Gäste herum und gibt die ‚Hausdame‘.“

Peer Schwetzler, Geschäftsführer des "monte mare" Freizeitbads in Rheinbach, ist ausgebildeter Rettungsschwimmer.

Peer Schwetzler, Geschäftsführer des „monte mare“ Freizeitbads in Rheinbach, ist ausgebildeter Rettungsschwimmer.

„Personal finden, ist schwierig“, sagt Schwetzler: Und das „obwohl wir ausbilden und fördern, wo wir können“. Viele seien nicht bereit, zu arbeiten, wenn andere Spaß haben, etwa am Wochenende. „All unsere Mitarbeiter bekommen freien Eintritt und dürfen pro Monat vier Gäste einladen.“ An der Ideenfindung für die „Wellness-Weltreise“, die jeden Monat thematisch in ein anderes Land führt, war das ganze Team beteiligt. „Wir sitzen dann alle zusammen und werden kreativ: Aufguss, Massage, Essen. Die Zuständigen der einzelnen Bereiche bringen sich ein, und am Ende ist alles stimmig“, erklärt Schwetzler. Im August ist Kenia Thema. Wenn es klappt, werfen die Themenangebote eine Spende für Schulen in dem afrikanischen Land ab.

Wellness in aller Ruhe

Die Corona-Pandemie ist laut Schwetzler der Grund, warum Menschen immer mehr nach Ruhe und stillen Rückzugsorten suchten. „Wir haben darauf reagiert: mit einem neuen Wellness- und Saunabereich.“ Ein Jahr hat der Umbau gedauert, sechs Monate länger als geplant. Das habe sich aber gelohnt, findet der Betriebsleiter.

In der Salzlounge: Das in der Luft vernebelte Salz erinnert an Meeresklima.

In der Salzlounge: Das in der Luft vernebelte Salz erinnert an Meeresklima.

Kaum drei Wochen sind Salz- und Kräuterlounge sowie die „Theatersauna mit Show-Aufguss“ alt, wo visuelle, akustische und thermische Reize Atmosphäre schaffen. So ist auf dem Bildschirm ein Lavendel-Feld zu sehen, wenn der Aufguss danach duftet. In der salzhaltigen Luft der Salzlounge suchen Menschen mit Atemwegserkrankungen Linderung. „Wir haben hier auch Long-Covid-Erkrankte, die darauf schwören“, so Schwetzler. Und für diejenigen, die die Salzlounge nicht aus medizinischen Gründen besuchen? Das in der Luft vernebelte Salz erinnert an Meeresklima. Ja, es gibt hier auch Gäste, die Urlaub vor der Haustüre wünschen. Kein Ton mehr vom Geschrei jauchzender Badegäste jenseits der Tür zum Freizeitbad, von wo wir kamen. Entspannungsmusik, gedämpftes Licht, wohliger Geruch – verständlich, dass hier Menschen komplett abschalten können. „Wir müssen häufig Leute wecken“, merkt Schwetzler schmunzelnd an.

Sicherheitsdienst im Freibad

Welch ein Kontrast zum Freibad. „Die Spaßsuchenden sind hier anders drauf“, so Schwetzler, und das hat dann auch schnell gar nichts mehr mit Spaß zu tun: Schon im vorgen Sommer engagierte das „monte mare“ für das Freibad Security-Personal. Das soll für die Sicherheit der Badegäste und der Mitarbeiter sorgen. Mitarbeiter seien blöd angemacht und sogar bespuckt worden. „Wir wollen niemanden ärgern durch unsere Einlass- und Taschenkontrollen. Damit wollen wir allen Gästen einen Gefallen tun“, sagt Schwetzler und weiß: Die Maßnahme stößt auch auf Unverständnis.

Im Freibad ist Alkohol schon länger verboten. Neu ist ein Verbot von Wasserpfeifen und Marihuana. „Wir haben kürzlich die Schilder und die AGBs geändert.“ Als Badbetreiber kämpft er genauso gegen gesellschaftliche Probleme, wie andere Einrichtungen. Das Publikum im Spaßbad setzt auch ihm Grenzen. Den gleichen Parcours, wie er im Sportbecken gut ankam, baute Schwetzler im Freibad nach nur 30 Minuten mit Unterstützung eines kräftigen Mitarbeiters ganz schnell wieder ab: „Das hat da nicht funktioniert.“ Er betont aber: „Solange das Verhalten stimmt, ist hier aber jeder herzlich willkommen.“

Im Kleinkinderbecken ist buntes Spielzeug.

Im Kleinkinderbecken ist buntes Spielzeug.

Das Wetter in diesem Sommer macht Schwetzlers Team zu schaffen. Nicht etwa der Regen, der sei „‚monte mare‘-Wetter“, aber das Wechelhafte. Schwetzler findet den Sommer 2024 „persönlich frustrierend“: „Es fehlt einfach die Kontinuität, und das macht die Personalplanung schwierig: Wir schreiben den Dienstplan einen Monat im voraus. Bei wechselhaftem Wetter müssen wir jedes Mal umplanen.“

Es gibt aber noch ganz andere Herausforderungen: Zwei- bis dreimal die Woche müsse jemand ins Wasser springen, um einer Familie aus einer brenzlichen Situation zu helfen. Einen schweren Notfall, etwa mit der Reanimation eines Kindes, habe es im Rheinbacher Bad „zum Glück noch nie gegeben“. Er findet, Eltern vernachlässigten oft ihre Aufsichtspflicht. „Es ist nicht die Aufgabe des Personals hier, Kinder zu betreuen. Daran müssen wir hin und wieder erinnern.“

Und wenn Badegäste oder Wetter keine Sorgen bereiten, dann sicher die Kosten. Bis vor Kurzem zahlte das „monte mare“ einen gedeckelten Betrag für Gas. Mit der Änderung seien die Kosten um Zweidrittel gestiegen: 250 000 Euro. Den Betrieb da noch aufrecht zu erhalten, so Schwetzler, sei nicht einfach. „Wir mussten die Corona-Öffnungszeiten beibehalten. Nichts anderes können wir uns leisten.“ Wirtschaftlich schlage die jeweils eingesparte halbe Stunde morgens und abends merklich zu Buche: „Wir hatten einmal ein Frühschwimmen-Angebot von 6 bis 9 Uhr. Das wurde auch gut angenommen. Leider mussten wir das streichen.“

Gebäudeleittechnik veraltet

Ja, die Kosten. Für 1,8 Millionen Euro soll bei laufendem Betrieb die Gebäudeleittechnik erneuert werden, also die zentrale Steuerung für das gesamte Bad. Seit dem Brand vor fast einem Jahr im Technikkeller sind überall dort Kabel des Provisoriums verlegt. Das Bad für einen Umbau schließen? Auf keinen Fall! „Das wäre fatal.“ Das würde, so Schwetzler, so viele Gäste kosten, die nur sehr schwierig zurück zu gewinnen wären.

Schwetzler plant auch über das Vertragsende von 2029 hinaus. Die Stadtverwaltung hält sich bei dem Thema bedeckt: Diese Entscheidung werde zu gegebener Zeit von den Gremien der Stadt getroffen, heißt es auf Anfrage aus dem Rathaus.

Passend zu den Verhandlungen hat „monte mare“ seine Ideen von einem selbst zu bauenden Hotel mit Schlappengang direkt in den Wellnessbereich erneuet ins Gespräch gebracht. Die Planung laufe konkret, so Schwetzler. Die Stadt Rheinbach, so ihr Sprecher Norbert Sauren, begrüße es, wenn sich in Rheinbach ein weiterer Hotel-Standort etabliere. Das klang in politischen Gremien schon ganz anders. Dort waren Ängste von anderen Gastgebern in der Stadt geäußert worden. Am 22. August beschäftigt sich der Ausschuss für Standortförderung und Feuerwehr mit dem Thema.

Im Bad geht derweil der Sommerbetrieb weiter. „Jeder Tag ist eine Herausforderung. Das meine ich gar nicht negativ, ich finde das schön“, betont Peer Schwetzler. Er freut sich schon auf das Jubiläum: „25 Jahre. So eine Silberhochzeit sollte man feiern: Wir lassen uns da etwas einfallen!“


Nächste Aktion: „Bubble-Soccer“ vom 13. bis 15. August auf der Freibadwiese. Fußballspieler mit ihrem Oberkörper in aufblasbaren, transparenten Kugeln können voneinander abprallen, aber Tore schießen.