Leben ohne DrogenTherapie statt Haftstrafe in Rheinbacher Gefängnis – Limbach besucht JVA

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NRW-Justizminister Benjamin Limbach, Andreas Scheerer von der Suchtprävention, Caroline Ströttchen (Justizministerium) und Renate Gaddum, Leiterin der JVA Rheinbach (v.l.) stehen in einem Trakt der JVA Rheinbach.

NRW-Justizminister Benjamin Limbach, Andreas Scheerer von der Suchtprävention, Caroline Ströttchen (Justizministerium) und Renate Gaddum, Leiterin der JVA Rheinbach (v.l.) in der JVA Rheinbach.

Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach besuchte die JVA Rheinbach. Ein Projekt soll ein Leben ohne Drogen aufzeigen.

Drogensucht gehört zum Alltag in Gefängnissen – auch in Rheinbach. Damit Häftlinge nach ihrer Entlassung nicht wieder rückfällig werden, gibt es in den Haftanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen seit 2005 das Programm „Therapie statt Strafe“. Darin lernen Gefangene, wie sie ohne Drogen leben können. Im Gegenzug profitieren sie von einer Haftverkürzung. Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach besuchte die JVA Rheinbach am Mittwoch und sprach mit den Verantwortlichen über die Zukunft des Projekts.

Psychologische Behandlung dauert 22 Wochen

„Ein drogenfreies Gefängnis gibt es nicht, nirgendwo“, betonte Limbach. Das Projekt „Therapie statt Strafe“ setze deswegen Anreize, sich dem Drogensumpf entgegenzustellen. „Wir wollen die Gefangenen nicht unbehandelt in die Gesellschaft entlassen, weil das die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie dort rückfällig werden.“

Wer wegen eines Deliktes im Zusammenhang mit Drogenabhängigkeit verurteilt wurde, kann unter bestimmten Voraussetzungen seine Reststrafe von zwei Jahren zugunsten einer Therapie verkürzen. Diese findet in Einrichtungen außerhalb der JVA statt. „Wir glauben, dass es motivierender ist, keine Gitter vor den Fenstern mehr zu sehen“, so der NRW-Justizminister.

Die Vorbereitung in den Gefängnissen dauert sechs Monate, die Therapie 22 Wochen. „Bricht jemand die Therapie vorzeitig ab, greift der Haftbefehl wieder und die Person muss zurück ins Gefängnis“, erklärt Andreas Scheerer von der Suchtprävention der Anstalt. Bei einer positiven Urinprobe in der Therapie gebe es eine Sperre von sechs Wochen, bei einem Drogenfund eine von drei Monaten Dauer.

Wichtig, den Häftlingen die Hand zu reichen

NRW-Justizminister Benjamin Limbach besuchte mit JVA-Leiterin Renate Gaddum einen Häftling im Therapie-Trakt.

NRW-Justizminister Benjamin Limbach besuchte mit JVA-Leiterin Renate Gaddum einen Häftling im Therapie-Trakt.

90 Prozent der in Frage kommenden Häftlinge nehmen das Angebot an, rund 30 bis 40 Prozent schafften es, clean zu werden, sagte Scheerer. „Das ist ganz schön, wenn sich nach Jahren nochmal Leute melden und immer noch nicht rückfällig geworden sind. Im Vollzug zählen die kleinen Erfolge.“

Es sei wichtig, immer wieder „die Hand zu reichen“, wie Limbach es formulierte: „Wenn die Leute im Gefängnis landen, haben alle anderen gesellschaftlichen Institutionen versagt. Was draußen schiefläuft, kriegen wir hier doppelt und dreifach mit.“ In einem speziellen Zellentrakt würden die Häftlinge auf die Therapie vorbereitet, erklärte Caroline Ströttchen, im Ministerium verantwortlich für den Bereich Justizvollzugsanstalten. „Die sozialen Regeln in der Therapie sind anders als die in Haft, deswegen müssen sie die Gefangenen erst lernen.“

Problem erschwert den Erfolg der Therapie in der JVA Rheinbach

Die Zellen im Therapie-Trakt der JVA Rheinbach von außen.

Die Zellen im Therapie-Trakt. Hier ist der Alltag offener gestaltet als im Vollzug.

Doch es ein Problem erschwere den Therapieerfolg: Das Bundessozialgericht fällte vor zweieinhalb Jahren ein Grundsatzurteil über das Sozialgesetzbuch II. Das betrifft die Grundsicherung für Arbeitssuchende. „Leider sind Häftlinge, deren Strafe zugunsten einer Therapie zurückgestellt wird, nun davon ausgenommen“, so Nordrhein-Westfalens Justizminister.

„Die Häftlinge können sich die einfachsten Dinge nicht leisten, Sachen wie Shampoo oder Zahnpasta. Eine Krankenversicherung haben sie nach der Entlassung oft auch nicht.“ Wenn sie krank würden, häuften sich schnell Schulden an, etwa beim Arzt. „Wenn jemand ständig darüber nachdenken muss, gefährdet das den Therapieerfolg“, erläuterte Limbach. Daher habe die Justizministerkonferenz eine Änderung des Gesetzes im Bundesrat angeregt.

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