Rheinbacher Ex-Häftling verurteiltJVA-Mitarbeiterin vergewaltigt – sieben Jahre Haft

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Der Eingang des Bonner Landgerichts.

Bonn/Rheinbach – Sechs Jahre und neun Monate Haft – ein verzweifelter Aufschrei, dann packte sich der Angeklagte gänzlich fassungslos ans Herz und fiel schluchzend in die Arme der Verteidigerin. Eine Stunde lang musste die Anwältin den 25-Jährigen beruhigen.

„Nein, nein, sie hat mich doch zum Abschied geküsst. Das war alles freiwillig“, brüllte der Angeklagte und warf wiederholt den tränennassen Mundschutz trotzig auf die Anklagebank. Freispruch hatten seine Verteidiger für ihn gefordert, aber die 10. Große Strafkammer des Bonner Landgericht ist nach zehn Verhandlungstagen zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen. Wegen Körperverletzung und Vergewaltigung einer ehemaligen JVA-Mitarbeiterin hat sie den Ex-Häftling des Rheinbacher Gefängnisses zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die 36-jährige Sozialarbeiterin, Mutter eines achtjährigen Kindes, war für den Häftling zuständig gewesen, der seit 2015 eine Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren wegen Raubes und Gewaltdelikten absaß, und kurz vor seiner Entlassung stand.

Permanent Grenzen überschritten und Nähe gesucht

Die Betreuung des 25-Jährigen war für sie eine große Herausforderung. Permanent fühlte er sich gekränkt, provozierte, überschritt Grenzen und suchte dennoch nach Halt und Nähe. Das alles hatte sie dokumentiert. Nach schwierigen Wochen, so hieß es in der Urteilsbegründung, wurde der emotional extrem instabile Kandidat ruhiger, zugänglicher, eine Vertrauensbasis entstand. Die Sozialarbeiterin wiederum bekam zunehmend Schwierigkeiten, sich gegen den Angeklagten abzugrenzen: Er manipulierte sie, ließ sie nicht mehr los und machte sie zu seinem großen Lebenshalt.

Nach der Haftentlassung kam es zwischen dem ungewöhnlichen Paar zu wiederholten Verabredungen in Hotels, auch zu einvernehmlichem Sex; bereits in der JVA war es, wie die Zeugin erst im Prozess gestand, zu zwei körperlichen Intimitäten gekommen. Als die 36-Jährige die „äußerst ambivalente Beziehung“, so Kammervorsitzender Marc Eumann, beenden wollte, habe er das nicht akzeptiert. Sein Verhalten wurde immer „toxischer“: Er hat ihr gedroht, auch mit dem Tod ihres Sohnes, hat ein verräterisches Nacktbild ins Netz gestellt, sodass ihr Arbeitgeber von der Affäre erfuhr. Die 36-Jährige hörte auf, zu reagieren.

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Am Morgen des 20. August 2020 erschien er jedoch um vier Uhr früh vor ihrer Wohnung, randalierte auf dem Balkon und drohte ihr. Die 36-Jährige öffnete „aus Angst vor seiner Zerstörungswut, die sie kannte, aber auch, dass er ihrem Sohn, der nebenan schlief, etwas antun könnte. „Im Nachhinein“, so Eumann, „war das eine katastrophale Entscheidung“. Aber in diesem Moment hatte sie mit Vergewaltigungen nicht gerechnet; sie glaubte, ihren einstigen Schützling besänftigen zu können. Über zwölf Stunden hielt er sich bei ihr auf, bis sie ihn überreden konnte, die Wohnung zu verlassen. Die 36-Jährige hat den Tatort nie mehr betreten. Die Version des Angeklagten, das Treffen sei harmonisch und der Sex freiwillig gewesen, entspreche nicht der Wahrheit, hieß es abschließend im Urteil.

Am Ende der Urteilsverlesung weinte der 25-Jährige immer noch, aber nach dem Abschied von der Anwältin hielt er den Wachtmeistern schließlich seine Arme hin, um sich in Handschellen abführen zu lassen.

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