Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Trauer um Vollblut-RheinbacherGlaskünstler Fritz Berg stirbt im Alter von 84 Jahren

Lesezeit 4 Minuten

Seine Werkstatt überließ Fritz Berg dem Glasmuseum. Zu besonderen Gelegenheiten zeigte er Besuchern seine Kunst, so wie hier im Jahr 2014.

Rheinbach – Er war in den Anfängen der Städtepartnerschaften mit Villeneuve und Deinze dabei, gründete den „Landsturm“ und mit Ideengeber Willi Berg die Herbstmesse mit und als „Organisationskomitee“ für das große Stadtfest 1986 mit geschätzten 100 000 Besuchern ein Jahr zuvor auch „seinen“ Brauchtumsverein, den er bis 2010 führte. Fritz Berg, ein Rheinbacher Original, ist am Donnerstag im Alter von 84 Jahren nach längerer, schwerer Krankheit gestorben. Er hinterlässt seine Gattin Waltraut, drei Kinder, Enkel und Urenkel.

Bürgermeister Stefan Raetz zeigte sich erschüttert: „Ich bin unendlich traurig, da ich mich an so viele Treffen mit Fritz Berg erinnere. Es waren immer inspirierende Begegnungen. Mit Fritz Berg verliert die Stadt Rheinbach einen großen Glaskünstler und ein Rheinbacher Original. Und das im Jubiläumsjahr 70 Jahre Glasfachschule und 50 Jahre Glasmuseum.“

Präsidenten, Minister und Botschafter gingen bei ihm ein und aus

Fritz Berg war einer der ersten Glasfachschüler. Er hatte sein Geschäft und seine Werkstatt von 1968 bis 2005 an der Hauptstraße, das „über Jahrzehnte Anlaufpunkt für Glasliebhaber, aber auch für die Rheinbacher Lokalpolitik war“, so Raetz weiter. „So manches Vorhaben wurde in seinem Werkstattkeller erörtert. Aber auch Präsidenten, Minister und Botschafter gingen bei ihm ein und aus. Als er sein Geschäft aufgab, übertrug er die Werkstatt an das Glasmuseum Rheinbach. So steht die Werkstatt als Besonderheit im Glasmuseum und wird noch immer von Glaskünstlern genutzt und Besuchern bestaunt.“

Fritz Berg hat den Rheinbacher Brauchtumsverein gegründet, „das zeigt sein besonders Herz für seine Heimatstadt. Mit seinem Freund, dem Künstler Hans ,Posch’ Klinz, hat er viel für den Erhalt des Brauchtums in Rheinbach getan. Das legendäre Stadtfest von 1986 ist noch in aller Munde. Er war ein Mann der klaren Sprache. Er mischte sich ein, wenn er es für richtig hielt. Er hat viel aufgeschrieben, viele Fotos gemacht und uns so seine Erinnerungen weitergegeben. Fritz Berg bleibt der Stadt mit seiner Glaskunst erhalten. Im Glasmuseum stehen seine Werke, aber auch im Stadtbild sind im öffentlichen und privatem Raum seine bekannten Glaskugeln zu sehen. Immer wenn ich eine Kugel sehe, werde ich kurz nach oben blicken und Fritz zublinzeln.“

Mit der Ehrengabe der Stadt ausgezeichnet

Und Stefan Raetz erinnert sich mit einem Schmunzeln: „Er schnitt die ,Rentnergucklöcher’ in den Bauzaun beim Bau der Raiffeisenbank 1979! So konnten die neugierigen Rentner das Baugeschehen mitverfolgen.“ Für seine Verdienste um die Stadt wurde Berg 2003 vom Bürgermeister mit der Ehrengabe der Stadt ausgezeichnet. Der gelernte Glasschleifer Fritz Berg machte das Glas in der Stadt sichtbar und darüber hinaus Rheinbach in aller Welt bekannt. Schließlich wurden seine Werke oft als Präsente an internationale Staatsgäste überreicht, als Bonn noch Bundeshauptstadt war.

Nach 57 Berufsjahren polierte der Rheinbacher Glaskugler 2005 offiziell seine letzte Vase – sie fand ihren Platz im Rheinbacher Glasmuseum ebenso wie seine komplette Werkstatt, in der er seine Kunst den Besuchern zu besonderen Gelegenheiten auch weiterhin zeigte. Eigentlich wollte der technisch interessierte „Rheembaache Jong“ Elektriker werden, konnte im Nachkriegsjahr 1948 aber in dieser Branche keine Ausbildungsstelle finden. Da fanden Ausschreibungen der in Rheinbach wiedergegründeten ehemaligen Glasfachschule von Steinschönau Bergs Interesse, und im März 1948 konnte er hier seine Ausbildung zum „Glaskugler“ beginnen.

Beruf machte ihm vom ersten Moment an Freude

Geld für Schule und Material verdiente er sich als Kegeljunge. Die Berufswahl war goldrichtig: „Ich kam da in einen Beruf, der mir von der ersten Minute an Freude machte. Das wirklich Schöne ist die reine Handarbeit und zu sehen, dass etwas entsteht.“ Berg schwärmte von den Fähigkeiten seiner „super Lehrer“, die ihn an der Glasfachschule in diese traditionsreiche Handwerkskunst einwiesen und so mit seiner Gesellenprüfung 1951 zum „Hohlglasfeinschleifer“ die Basis für seinen geliebten Beruf legten. Zu seinem 80. Geburtstag hatte er es so formuliert: „Dieser Beruf hat mir so viel gegeben, ich habe so viele Leute kennengelernt, da träumen andere nur von.“

Ruhig wurde es um Fritz Berg auch nach dem Abschied vom Beruf nicht. Er engagierte sich für die Einrichtung einer offenen Werkstatt im Glasmuseum, wo er Führungen anbot, Reparaturen ausführte und gelegentlich Wünsche nach Sonderanfertigungen erfüllte. Mit dem Brauchtumsverein organisierte er etliche Ausflüge, Fahrten, Konzerte. Noch 2015 hatte Berg Hunderte von gesammelten Rheinbacher Fotos zu einem imposanten Bildband zusammengefasst. (jr/EB)