Der Bonner Tierschutz rettete dutzende Katzen aus schlechten Zuständen. Die steigenden Fälle von Tierhortung sind alarmierend. Ein Zentralregister für Tierhalter wird gefordert.
Animal Hoarding63 Katzen in Bonner Wohnung aus dem Dreck gerettet

Die Katzen wurden auf verschiedeneTierheime verteilt.
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In einer Bonner Wohnung wurden „insgesamt 63 Katzen unter katastrophalen Bedingungen vorgefunden und gerettet – drei Tiere waren bereits verstorben“, meldet das Tierheim über seine Kanäle in den sozialen Medien. Der Einsatz habe sieben Stunden gedauert und sei dank der „engagierten Mitarbeitenden“ von Feuerwehr, Ordnungs- und Veterinäramt und Tierheim gelungen. Viele Kollegen aus anderen Tierheimen haben bereits Hilfe angeboten.
Schnelle Einsatzreaktion der Feuerwehr
Die Feuerwehr bestätigt: Die Alarmierung war am Freitag um kurz vor 16 Uhr am Nachmittag eingegangen. Der Transport der Katzen dauerte bis in den späten Abend.
Ursprünglich war die Feuerwehr wegen eines Küchenbrandes in der Wohnung in der Kölnstraße alarmiert worden. Der Brand war schnell gelöscht, doch in den Räumen fanden die Einsatzkräfte mehr als 63 Katzen. Nachdem sie die gesamte Wohnung im zweiten Obergeschoss des Hauses nach Tieren abgesucht hatten, entschied die Veterinärin der Stadt, die Katzen noch am Abend ins Tierheim zu bringen.
Große Herausforderung für das Tierheim
Eine große HerausforderungEine so große Anzahl an Tieren auf einmal sei für jedes Tierheim eine große Herausforderung, erklärt die Leiterin des Tierheims, Julia Zerwas. „Niemand kann das alleine stemmen, weshalb wir auf die Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen aus anderen Einrichtungen angewiesen sind.“ Zum Glück seien die Mitarbeitenden sehr gut vernetzt und hätten viele Hilfsangebote erhalten. Schon im Laufe des Freitags wurden die meisten der Tiere von Mitarbeitern anderer Tierheime – darunter Häuser in Neuss und dem hessischen Viernheim – abgeholt.

Der Transport der Katzen aus der überfüllten Wohnung ins Tierheim dauerte bis in den späten Abend.
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Nachdem die Katzen zunächst in Quarantäne mussten, kümmert sich ein Tierarzt um ihre Untersuchung und Versorgung. „Dazu gehören unter anderem: Geschlechterbestimmungen, Chipkontrollen, allgemeine Untersuchungen sowie Parasitenbehandlungen und weitere medizinische Maßnahmen“, sagt Zerwas. Sie vermutet, dass einige der Katzen trächtig sind. Da die frühere Halterin auf das Eigentum an den Tieren verzichtet habe, können sie – nach Quarantäne, Versorgung und Pflege – in ein neues Zuhause vermittelt werden, so die Leiterin des Tierheims. Die Dauer dieser Phase sei individuell und hänge vom Gesundheitszustand des jeweiligen Tieres ab.
Anstieg der Animal Hoarding Fälle
Laut Deutschem Tierschutzbund mit Sitz in Bonn wurden allein 2023 insgesamt 115 Fälle von Tierhortung – meist als „Animal Hoarding“ bezeichnet – registriert. Betroffen waren dabei 6691 Tiere. „So viele wie nie zuvor“, sagt Pressereferentin Kerstin van Kan. Die meisten der gehorteten Tiere waren 2023 wieder Katzen mit 1930 Tieren – knapp 1000 Tiere mehr als im Vorjahr. Der Animal Hoarding-Bericht 2024 sei noch nicht veröffentlicht, die Zahlen seien aber stark angestiegen.
Auch Susanne Wanninger-Karn vom Verein Katzenschutz Bonn/Rhein-Sieg stellt fest: „Animal Hoarding häuft sich“. Die Ehrenamtliche, die bereits 32 Jahre Erfahrung im Katzenschutz hat, kann nur vermuten, woran das liegt: „Vielleicht sind die Menschen einsamer, vielleicht meinen sie es auch gut?“ Die Vermittlung dieser Katzen sei schwierig, da die meisten Interessierten anspruchsvoll seien und sich eine stubenreine Katze wünschen, die „nichts falsch macht“. Tiere aus Animal Hoarding seien aber häufig verstört und erholten sich nur mit viel Geduld ihrer neuen Besitzer.
Katzen am häufigsten von Animal Hoarding betroffen
„Katzen sind laut unseren Erhebungen, aber auch gemäß internationaler Studienlage zu dem Thema, die am häufigsten von Animal Hoarding betroffene Tierart“, so van Kan. In etwa jedem zweiten Fall werden Katzen gehalten. Die Gründe hierfür seien vielfältig: Zum einen seien Katzen die beliebtesten Haustiere in Deutschland: „In deutschen Haushalten lebten laut dem Industrieverband Heimtierbedarf im Jahr 2024 insgesamt 15,9 Millionen Katzen“. Zudem verhalten sich Katzen in der Regel deutlich unauffälliger als Hunde, so dass Nachbarn tierschutzwidrige Haltungen oft erst spät bemerken und entsprechend verspätet das Veterinäramt informieren.
Forderungen nach einem Zentralregister für Tierhalter
Der Tierschutzbund fordere schon lange, ein Zentralregister mit Informationen über Tierhalter, die gegen gesetzliche Anforderungen verstoßen haben, zu schaffen. „So kann Wiederholungstaten durch Umzüge in andere Zuständigkeitsbereiche vorgebeugt werden“, erklärt van Kan. Im Oktober 2022 habe der Bundesrat einen Entschließungsantrag zur Schaffung eines bundesweiten Registers über verhängte Tierhaltungs- und Betreuungsverbote gefasst. Die Umsetzung lasse noch auf sich warten.
Das Tierheim appelliert derweil in den sozialen Medien: „Animal Hoarding ist eine psychische Erkrankung. Bitte achtet auf Euer Umfeld – Nachbarn, Freunde, Familienangehörige.“ Verdachtsfälle sollten frühzeitig dem zuständigen Veterinäramt gemeldet werden, bevor Tiere und Menschen unter den Zuständen leiden. Denn: „Leben in Fäkalien und Dreck ist weder für Tier noch Mensch tragbar.“