„Eine verwerfliche Tat“15-jähriger Schüler wegen schwerer Brandstiftung vor Gericht

Massiven Schaden richtete das Feuer an.
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Bonn – „Nicht öffentliche Sitzung“: Vor dem Gerichtssaal S 1.10 des Bonner Amtsgerichts warteten am Donnerstag viele Zeugen: Jugendliche, die mit ihren Eltern gekommen waren, Brandexperten der Bonner Feuerwehr – und auch die Familie Ungerathen, die durch den Großbrand am 3. August 2019 ihrer Schreinerwerkstatt und angrenzendem Wohnhaus fast um ihre Existenz gebracht wurde. Drinnen – unter Ausschluss der Öffentlichkeit eben – lief der Prozess gegen einen 15-jährigen Schüler, der fast im Vorbeigehen laut Anklage ein Sturmfeuerzeug an eine Matratze gehalten hatte, die – an eine Hecke gelehnt – für den Sperrmüll gedacht war. Mit katastrophalen Folgen: Denn die Matratze brannte wie Zunder, die Flammen griffen auf die Hecke über und vernichteten den 180 Jahre alten Godesberger Familienbetrieb.
Seit Donnerstag muss sich der 15-Jährige wegen besonders schwerer Brandstiftung verantworten. Ein solches Feuer habe er nicht gewollt, hatte der Schüler schon kurz nach der Tat beteuert – und sich auch bei der Familie entschuldigt. Aber im Prozess hat der Jugendliche nicht selber geredet, wie Amtsgerichtsdirektorin Birgit Niepmann anschließend mitteilte. Seine Verteidigerin hatte für ihn eine Erklärung abgegeben: Demnach gesteht der Angeklagte, dass er die Matratze angezündet hat. Für ihn sei jedoch nicht erkennbar gewesen, dass sich daraus so ein Feuer entwickeln würde.
Ein Brand mit langen Folgen
Auch der Inhaber von Schreinerei und Beerdigungsinstitut, Jörg Ungerathen, wurde als Zeuge gehört: Das Inferno und die Vernichtung seiner Familiengeschichte haben deutlich Narben hinterlassen: „Das ist ein tiefer Einschnitt“, so der 48-Jährige, „der noch nicht abgeschlossen ist“, sagte er nach seiner Zeugenaussage. Der Schreinermeister lebt weiter in dem nicht abgebrannten Teil des Wohnhauses, auch seine Eltern. Aber sie wohnen zwischen Ruinen – ohne Strom. Ein Bauantrag, so ergänzte sein 44-jähriger Bruder Ingo Ungerathen, sei immer noch nicht bewilligt. Der Schaden des Großbrandes, für den der Schüler zivilrechtlich haften wird, beläuft sich auf über eine halbe Million Euro.
Trotz der „Katastrophe“ für die Familie: „Als Christ kann ich den 15-Jährigen als Menschen nicht verurteilen“, so Ungerathen, „aber ich verurteile die Tat. Sie ist verwerflich.“ Auch er geht davon aus, dass der Junge gedankenlos gehandelt hat, ihm die Folgen seines Handelns nicht bewusst waren.
Der Angeklagte war am Tattag mit drei Freunden auf dem Weg zur Bushaltestelle Rheinallee gewesen. Die Idee mit der Matratze soll er alleine gehabt haben. Aber als er merkte, dass die Matratze in Flammen stand, soll er – laut Anklage – sofort abgehauen und mit dem Bus davongefahren sein. Der 15-Jährige, der nicht vorbestraft ist, hatte sich Tage später bei der Polizei gemeldet.
Im Zentrum des Prozesses wird vor allem die rechtliche Frage stehen, ob der 15-Jährige fahrlässig oder bedingt vorsätzlich gehandelt hat. „Keine Frage, dass er die Matratze anzünden wollte“, so Niepmann. „Aber konnte er davon ausgehen, dass das Feuer ein solches Ausmaß annimmt? Eine solche Entscheidung läge im subjektiven Bereich.“
Der Prozess soll Anfang März fortgesetzt werden.