Die Weltstars an den Rhein gelocktEine Rückschau auf 30 Jahre Bonn-Triathlon

Markenzeichen des Bonn-Triathlons ist vom ersten Rennen 1991 an das Rheinschwimmen mit Start von der Autofähre.
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- Der Bonn-Triathlon ist mittlerweile eine Traditionsveranstaltung und feiert in diesem Jahr sein 30. Jubiläum.
- Dass ausgerechnet zum runden Geburtstag der Wettkampf wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden musste ist besonders ärgerlich.
- Dennoch blicken wir zurück auf die letzten 30 Jahre. Auf Weltstars, Heimsiege und neue Rekorde.
Bonn/Rhein-Sieg-Kreis – Der Termin hat seinen festen Platz im Bonner Sportkalender: Am zweiten Sonntag im Juni ist Bonn-Triathlon. Dieses Jahr wollte der Polizei SV Triathlon mit der 30. Auflage sogar runden Geburtstag feiern – was aber schon Anfang April wegen Corona abgesagt werden muss. Dennoch ist das Jubiläum Anlass für einen Rückblick auf diese Traditionsveranstaltung, mit der sich die Verantwortlichen im PSV als Pioniere dieser noch jungen Sportart erwiesen haben.
Organisatoren auch als Aktive sehr erfolgreich
Treibende Kräfte bei Planung und Organisation sind im PSV als Männer der ersten Stunde der damalige Abteilungschef Joachim Giessler und Joachim Sommershof, der Giessler später als Cheforganisator ablösen sollte. Giessler ist im Leistungssport ein Spätberufener, erliegt der Faszination Triathlon aber mit Haut und Haaren: Als 42-Jähriger wird er 1986 Europameister seiner Altersklasse im Ultra-Triathlon (Hawaii-Distanz). Auch Sommershof ist als Aktiver sehr erfolgreich, als er mehrfach Medaillen bei Polizei-Weltmeisterschaften gewinnt. (MK)
Blenden wir zurück ins Jahr 1991, als der erste Bonn-Triathlon über die Bühne geht. Erst 1982 hat die Faszination dieses Ausdauerdreikampfs aus Schwimmen, Radfahren und Laufen auch Deutschland erfasst, als erste kleine Wettkämpfe organisiert werden. 1989 folgt die erste Weltmeisterschaft in Avignon, die Olympia-Premiere steigt erst in Sydney 2000. Neun Jahre zuvor, am 16. Juni 1991, ist es in Bonn soweit: Der erste Bonn Triathlon mit 1,7 km Schwimmen, 46 km Radfahren und zehn Kilometer Laufen geht über die Bühne. Den Organisatoren gelingt es von Anfang an, die Weltstars der Szene an den Rhein zu locken – oder genauer: in den Rhein.
US-Superstar Mark Allen verfährt sich im Siebengebirge
Denn sie haben dem Bonn-Triathlon ein spektakuläres Markenzeichen verpasst: Das Rheinschwimmen mit Start von einer Autofähre. 138 Athleten wagen sich bei der Premiere an dieses Abenteuer, viele unterschätzen die Strömung, kommen zu spät an Land, verlieren viel Zeit. Dennoch gibt es einen Favoritensieg: Jürgen Zäck, in den 90er Jahren bester deutscher Triathlet, fängt auf der Laufstrecke den Niederländer Anders Riber noch ab – es ist der erste von vier Siegen des Koblenzers in Bonn, der elfmal auf Hawaii finisht.

Jürgen Zäck (Koblenz) gewinnt viermal in Bonn (’91, ’92, ’96, ’98), so oft wie kein anderer. Er ist in den 90er Jahren bester deutscher Triathlet, finisht elfmal auf Hawaii (Zweiter ’97) und siegt viermal in Roth.
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Das Spektakel spricht sich in der Szene schnell herum. Beim zweiten Bonn-Triathlon 1992 springen fast 500 Athleten in den Rhein – unter ihnen der US-amerikanische Superstar Mark Allen, der zwischen 1989 und 1995 sechsmal auf Hawaii triumphiert. Aber in Bonn verfährt sich Allen auf der Radstrecke im Siebengebirge, wird disqualifiziert – Zäck kann seinen Titel verteidigen.
Allen wurmt die Niederlage. Ein Jahr später kehrt er zurück und macht den 3. Bonn-Triathlon zum ersten großen Höhepunkt: Es kommt zum Weltklasseduell des besten Radfahrers im Triathlon (Zäck) mit dem besten Läufer (Allen) und dem schnellsten Ironman-Schwimmer, Wolfgang Dittrich. Auf der Radstrecke setzt sich ein Quartett ab, am Ende wetzt Allen die Scharte des Vorjahres eindrucksvoll aus und gewinnt mit 85 Sekunden Vorsprung vor Zäck. Der Newcomer Dirk Niederau, der später für die SSF Bonn startet, verweist Dittrich in einem packenden Endspurt noch auf Rang vier.

US-Superstar Mark Allen wird 1992 disqualifiziert, gewinnt aber im Folgejahr überlegen.
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Für ein Jahr zieht die Veranstaltung 1994 auf die linke Rheinseite um, als die Radrunde auf beiden Seiten des Rheins und die Laufstrecke linksrheinisch von der Oper in Richtung Nordbrücke verläuft. Es bleibt aber ein einmaliges Experiment. Mit der Rückkehr ins Stadion des Kardinal-Frings-Gymnasiums in Beuel als Wechselzone und Ziel vollzieht der PSV 1995 auch eine Steigerung der Distanzen: Das Rheinschwimmen wird auf vier Kilometer ausgedehnt, auf dem Rad folgt eine harte 60-km-Schleife durchs Siebengebirge, am Ende stehen 15 km Laufen: Der Bonn-Triathlon ist zum Mitteltriathlon geworden – und bis heute geblieben.
Das führt zunächst zu einem Rückgang der Teilnehmerzahlen, aber 1996 sorgen zwei Weltklasseathleten für erneuten Glanz. Zäck ist nach zweijähriger Abwesenheit wieder am Start und landet seinen dritten Sieg. Und bei den Frauen gewinnt Ultra-Weltrekordlerin Astrid Benöhr aus Bergisch Gladbach, obwohl die Distanz für sie eher wie ein Sprint gewesen sein muss: Benöhr hält noch heute die Weltbestzeiten im Dreifach-, Vierfach- und Fünffach-Ironman.
Zwölf Monate später ist Zäck zwar 40 Sekunden schneller als 1996, bleibt aber völlig chancenlos gegen einen auf dem Rad wie entfesselt fahrenden Thomas Hellriegel (Bruchsal). In dem Duell der stärksten Radfahrer im Triathlon nimmt er Zäck im Siebengebirge unglaubliche fünf Minuten ab und hat im Ziel bei neuem Streckenrekord 6:38 Minuten Vorsprung.

Thomas Hellriegel ist 1997 erster deutscher Hawaii-Sieger. Vier Monate zuvor triumphiert er auch in Bonn im Duell der beiden besten deutschen Triathleten über Jürgen Zäck.
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Heimsieg: Susanne Fußel vom veranstaltenden PSV Bonn ist 1997 schnellste Frau.
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Vier Monate später gibt es dieselbe Reihenfolge auf Hawaii: Hellriegel wird der erste deutsche Ironman-Weltmeister, Zäck erneut Zweiter – das zeigt wieder, welch illustres Starterfeld der PSV anzulocken vermochte. Bei den Damen landet Susanne Fußel 1997 einen Heimsieg für den veranstaltenden PSV, sie lässt zwei Jahre später Rang zwei folgen.
Jürgen Zäck landet von 1991 bis 1998 vier Siege
Seinen vierten Sieg in Bonn holt Zäck aber 1998 nach, als er bei strömendem Regen schwer zu kämpfen hat, um den Herausforderer Andreas Niedrig aus Dortmund beim Laufen noch abzufangen, der ihm ausgerechnet auf der Radstrecke weggefahren ist. Niedrig hat damals bundesweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als er auch in Fernsehauftritten bekennt, eine schwere Drogensucht nur mit Triathlon überwunden zu haben.
In seinem biografischen Buch „Vom Junkie zum Ironman“ widmet er dem Bonn-Triathlon eine lange Passage, in der er auch den damaligen Rundschau-Bericht ausführlich zitiert. Niedrig startet dreimal am Rhein, kann nie gewinnen, ist mit zwei zweiten (1998 und 2001) und einem dritten Platz (2000) aber immer auf dem Podium.

Vom Junkie zum Ironman: Andreas Niedrig steht beim Bonn-Triathlon dreimal auf dem Podium.
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Mit seinem vierten Erfolg 1998 ist Zäck bis heute Rekordsieger und mit sieben Podestplätzen zwischen 1991 und 1999 in der ersten Dekade der „Mister Bonn Triathlon“. Diesen (inoffiziellen) Titel sollte ihm aber im neuen Jahrtausend ein Mann streitig machen, der sogar neunmal aufs Treppchen klettert: Olaf Sabatschus. Der in Troisdorf lebende Lokalmatador trifft nur ein einziges Mal im direkten Duell auf Zäck, als der Triathlon 1999 eine ungewollte Premiere erlebt: Wegen Hochwassers fällt das Rheinschwimmen aus, stattdessen wartete ein Duathlon (5 km Laufen, 60 km Rad, 10 km Laufen) auf die Starter.
Das und das „Sabatschus-Jahrzehnt“ in Teil 2 der Serie.