Viktoriakarree Bonn in der CoronakriseStädtische Mieter warten noch immer auf Geld

Im Viktoriakarree in der Bonner Innenstadt sorgen sich Mieter um ihr wirtschaftliches Überleben.
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Bonn – Im Mai während des ersten Lockdowns wandten sich die städtischen Mieter des Viktoriakarrees in der Innenstadt mit einem öffentlichen Brandbrief an den damaligen Oberbürgermeister Ashok Sridharan. Angesichts der verordneten Zwangsschließungen seien die dortigen Betriebe, vor allem die gastronomischen, in ihrer Existenz gefährdet. Schnelle Hilfe sei gefragt, hieß es aus dem Vorstand der Gewerbegemeinschaft Viktoriaviertel.
Vorangegangene Versuche, mit der Stadt in Kontakt zu treten, seien ins Leere gelaufen. Seinerzeit stellte die Stadt auf Nachfrage des GA Mietnachlässe und für Restaurants und Cafés sogar ganze Mieterlasse auch über das Viktoriakarree hinaus in Aussicht.
Brief an Oberbürgermeisterin Dörner
Passiert ist laut städtischen Mietern bislang nichts dergleichen. In einem nunmehr aktuellen Brief an die neue Oberbürgermeisterin Katja Dörner, die Ratsfraktionen, die Wirtschaftsförderung und das Städtische Gebäudemanagement drängen Lui Eick (Café Blau), Johannes Roth (Fahrradladen Klingeling) und Rambod Maleki (Iss dich glücklich) aus dem Vorstand der Gewerbegemeinschaft auf zügige Unterstützung.
„Wir Gewerbetreibenden im Viktoriaviertel fühlen uns von Politik, Verwaltung und der Bonner Wirtschaftsförderung allein gelassen“, heißt es darin. Und weiter: „Die Kombination aus mangelnder Planungssicherheit, einhergehender Perspektivlosigkeit und dem Druck durch die Coronamaßnahmen ist für die meisten Geschäftsleute nicht mehr tragbar.“ Manche Geschäftsleute dächten über „die Aufgabe ihrer Betriebe“ nach.
Das sagte die Stadt
Im Mai während des ersten Lockdowns haben die städtischen Mieter im Viktoriakarree bei der Stadt um Mietvergünstigungen gebeten. Stadtsprecherin Monika Hörig sagte damals nach einem Treffen der Stadtspitze unter dem damaligen Oberbürgermeister Ashok Sridharan: „Der Verwaltungsvorstand hat beschlossen, dass bei rein gastronomischen Betrieben, die Mieter einer städtischen Liegenschaft sind und aufgrund der Geschäftsschließungen in den letzten Monaten keine Umsätze erwirtschaften konnten, auf Antrag die Miete für die Monate März bis Mai erlassen wird.“ (kph)
Zu jenen gehört auch Eick. Nach eigenen Angaben ist der Café-Betreiber im August der Aufforderung der Stadt nachgekommen, einen schriftlichen Antrag für den Mieterlass zu stellen. Nicht einmal eine schriftliche Eingangsbestätigung habe er bislang erhalten. „Den übrigen Mietern geht es nach meinen Informationen nicht anders“, sagte Eick.#
Auch Roth hat einen solchen Antrag gestellt, ohne bislang etwas dazu vernommen zu haben. Sein Radgeschäft musste damals „nur“ einen Monat schließen. Umsatzeinbrüche hatte er dennoch darüber hinaus zu verzeichnen. „Die Entscheidung dauert und dauert. Das Rumgeeiere ist frustrierend“, erzählt Roth.
Es geht den Gewerbetreibenden nicht bloß um die Rückzahlung der Mieten. Aus dem Brief geht hervor, dass es um Anerkennung und um eine Perspektive geht. Wie Eick berichtet, haben er und andere zwar unbefristete Mietverträge. Sie enthielten aber eine Klausel mit einem Sonderkündigungsrecht von sechs Monaten durch die Stadt.
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Diese Vertragsgestaltung geht noch auf die Pläne der Stadt zurück, ihre Immobilien an die Signa-Holding zu verkaufen. Die österreichische Investorin wollte ursprünglich ein Einkaufszentrum in dem Viertel bauen. Nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren sind diese Pläne obsolet. „Für uns Mieter bedeutet das Sonderkündigungsrecht eine ständige Unsicherheit, wie lange es noch weitergeht“, so Eick. Aktuell renoviere er das Café, „ohne zu wissen, wie lange es noch weitergehen kann“.
Ständig neue Herausforderungen
Auch Dirk Dötsch, Pächter des Parkrestaurants Rheinaue, hat einen Antrag auf Mieterstattung gestellt, bislang aber nichts gehört. Im Großen und Ganzen pflege er „eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt“, betont er. Er könne zwar verstehen, dass eine Einzelfallprüfung bei den Mieten Schwierigkeiten bergen könne, „aber die Gastronomen befinden sich nun seit Langem in einem schwebenden Verfahren“.
Zu bedenken sei, dass Betreiber ständig vor neue Herausforderungen gestellt würden. Für sie gehe es um ihre Existenzen. Auf Anfrage zu dem Schreiben der Gewerbegemeinschaft Viktoriaviertel teilte Bonns Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann in einer ersten Stellungnahme mit: „Die Stadt ist immer bereit zu unterstützen, wo das notwendig ist. Wir haben von Anfang an die Stundung ermöglicht. Wer die Miete erlassen haben möchte, sollte sich jedoch an das Städtische Gebäudemanagement wenden, damit jeweils der Einzelfall geprüft werden kann.“