Walid S. legt Geständnis ab„Ich habe Mist gebaut, dafür muss ich gerade stehen“

Walid S. und sein Anwalt Martin Kretschmer (Archivfoto).
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- Der polizeibekannte Walid S. (23) hat vor dem Bonner Schwurgericht gestanden, einen 26-Jährigen geschlagen und getreten zu haben.
- Zudem gab er zu, Polizeibeamte angegriffen und beleidigt zu haben.
- Der junge Mann ist unter anderem wegen versuchten Totschlags angeklagt.
- Aus dem Prozess berichtet Ulrike Schödel.
Bonn – Es war wie in einer Zeitmaschine: Walid S. kommt aus dem Keller, die Hände gefesselt, das üppige Haar hochgesteckt, im blitzweißen Hemd – und zeigt deutlich seine Verachtung für die Szenerie, das Blitzlichtgewitter und die Phalanx an Kameras. Er setzt sich sichtlich genervt, beißt rhythmisch auf seinen Kaugummi. Dann begrüßt er mit Handschlag seinen Verteidiger, er ist offenbar der einzige, der okay ist. Diese Bilder gleichen sich, ein Déjà-vu: Denn vor zwei Jahren, im Mai 2017, war es just dieser Saal S 0.11 des Bonner Landgerichts, in dem gegen den Italiener verhandelt wurde: Damals ging es um den Tod des 17-jährigen Schülers Niklas P., der am 7. Mai 2016 – nach einem Schlag gegen den Kopf – ins Koma fiel, nicht wiederbelebt werden konnte und sechs Tage später im Krankenhaus starb. Der Prozess endete für Walid S. mit einem Freispruch: Das Bonner Jugendschwurgericht war von der Unschuld des heute 23-Jährigen überzeugt.
Walid S. hat seine große Chance nicht genutzt: Wieder hat er seine Fäuste im ungebremsten Zorn fliegen lassen, hat nicht nur gegen Fremde gewütet, ist wegen eines falschen Burgers in einem Schnellrestaurant ausgerastet und hat sich anschließend mit der Polizei eine dramatische Verfolgungsjagd durch die Stadt geliefert: Am Ende, als er von vier Beamten überwältigt wurde, hat er sie bespuckt, getreten und beleidigt. Vier Wochen später, am 10. Februar 2019, die nächste Schlägerei, bei der er einem 26-Jährigen, der bereits am Boden lag, zweimal mit dem Fuß gegen Kopf und Brust getreten hat. Dafür muss er sich diesmal sogar wegen versuchten Totschlags verantworten. Weitere Anklagevorwürfe: gefährliche Körperverletzung, Angriff auf Polizeibeamte, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung.
„Einer der genau weiß, was passieren kann“
„Eigentlich hätte man denken können, Sie haben durch den Niklas-Prozess etwas gelernt“, so fasste es Josef Janßen, Vorsitzender des Schwurgerichts, gestern zusammen „Einer, der genau weiß, was passieren kann, wenn man jemanden gegen den Kopf schlägt oder mit den Füßen tritt, der muss wissen, dass er bei jedem weiteren Schlag den Tod billigend in Kauf nimmt.“
Walid S. hat gestern ein Geständnis abgelegt: „Ich habe Mist gebaut, dafür muss ich gerade stehen“, hieß es in der Erklärung, die sein Verteidiger Martin Kretschmer vortrug. Es sei jedoch nicht wahr, dass er die Absicht hatte, den Mann zu töten. Tatsächlich kannte er den 26-Jährigen nicht, hatte sich in eine Schlägerei eingemischt, weil er glaubte, dass einer aus seiner Clique angegriffen worden sei. Das Opfer hat einen doppelten Unterkiefer- und Jochbeinbruch erlitten, hat zwei Zähne verloren und musste operiert werden. Der 26-Jährige erklärte gestern nur seinen Filmriss: „Ich war so betrunken, ich weiß nur, dass ich vor der Kneipe geraucht habe. Als ich wieder aufwachte, war ich im Krankenhaus.“
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Der Name Walid S. ist so untrennbar mit dem Tod von Niklas P. verbunden, dass jeder weitere Schlag, den der 23-Jährige führt, für viele den Verdacht bestätigt, dass er doch der Schläger war, der den 17-Jährigen ins Koma beförderte. Die Mutter von Niklas P. jedenfalls ist felsenfest davon überzeugt, dass er den Tod ihres Sohnes zu verantworten hat. Gestern saß sie – wie eine Mahnung – in der ersten Zuschauerreihe und klagt die Justiz an. Sie ist nicht die Einzige.
„Jeder Schlag, der geführt wird, ist einer zu viel“, so Verteidiger Kretschmer in einer Prozesspause. Aber das Monster, zu dem Walid S. gemacht werde, sei er nicht; es gäbe Intensivtäter, die 30 bis 40 solcher Schlägereien zu verantworten hätten und für die sich keiner interessiere. Es sei nicht in Ordnung, so der Anwalt weiter, Walid S. für alles, was in der Stadt passiere, verantwortlich zu machen.