Auch Swisttal betroffenFahrschulen in der Region leiden unter Folgen von fehlenden Prüfern

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Die letzte Chance vor Fristablauf setzte Sofia Zappata unter Druck, aber sie hat bei Wilfried Rang bestanden. Foto: Meike Böschemeyer

Die letzte Chance vor Fristablauf setzte Sofia Zappata unter Druck, aber sie hat bei Wilfried Rang bestanden.

Fahrschulen in der Region kämpfen nicht nur mit Corona und den Auswirkungen der Pandemie, sondern auch mit fehlenden Prüfern und den Folgen davon.

Durchfallen bei der Fahrprüfung ist schon eine schlimme Sache. Aber Wochenlang auf einen Prüfer warten, in der Ungewissheit, ob bei dem dann zustande kommenden Termin überhaupt noch die schon geschaffte Theorieprüfung Gültigkeit hat – das zehrt an den Nerven. Teuerung und Hygienevorschriften sowie eine zeitweise Ausnahmegenehmigung für Online-Unterricht machten den Weg zur Fahrerlaubnis während der Corona-Pandemie zusätzlich schwer. Das Schlimmste ist nun überstanden. Ein Teil der Überbrückungsideen war Theorie-Unterricht per Internet. „Online-Unterricht gibt es nun in NRW aber schon länger nicht mehr. Den haben wir zuletzt auch nicht mehr angeboten, weil es ohnehin eine absolute Notlösung war“, sagt Wilfried Rang. Der Inhaber einer Fahrschule mit Standorten in Heimerzheim und Rheinbach ist heilfroh, dass zumindest in dieser Hinsicht wieder Normalität in seinen Berufsalltag eingezogen ist, denn für die Fahrschulen war es nicht nur wegen Corona in den vergangenen Monaten nicht einfach.

Internetstörungen wegen der Flut erschwerten die Online-Ausbildung

Im Flutgebiet gab es lange Zeit gravierende Internetstörungen, sodass jegliche Online-Ausbildung per se sehr schwer war. „Eine Online-Stunde wird schnell unübersichtlich bei mehr als zehn Teilnehmern“, findet Rang: „Ich hatte die Leute dann nicht mehr alle im Blickfeld.“ Mit seinen zehn Fahrlehrern hat Rang diese Notzeit jedoch gemeistert. Eine Kooperation mit separaten Online-Ausbildern, wie sie im Internet beworben wird, war Rang nicht eingegangen. „Das ist ein Geschäftsmodell für sich, mit großem Nachteil für die Fahrschulen, weil sich Theorie und praktische Ausbildung aus einer Hand verknüpfen müssen.“ Das sei schon deshalb nötig, um zu wissen, dass alle Lehrinhalte vermittelt wurden und um auf individuelle Schwächen von Schülern eingehen zu können.

So hatte sich Rang seine eigene Internet-Ausbildung aufgebaut. „Die Teilnahme war online begrenzt, aber ich hatte ohnehin mehr Anmeldungen für die Ausbildung in Präsenz.“ Das hat laut Rang einen einfachen Grund: „Manche Themen gehen online einfach nicht. Zum Beispiel beim Risikofaktor Mensch: Wie will man aus der Distanz per Internet am Bildschirm Betroffenheit erzeugen? Das ist die Stärke des Präsenzunterrichts.“ Der Online-Unterricht ist also aus gutem Grund abgeschafft. „Sollte es aber nochmals eine Katastrophe geben, dann gibt es von der Regierung dafür ein Hintertürchen“, weiß Rang. Eine Regel aus der Corona-Zeit hat er sich und seinen Angestellten bewahrt: „Wir fahren grundsätzlich alle mit FFP2-Maske, obwohl sie nicht vorgeschrieben ist. Ein Angestellter muss, dem Schüler kann ich das aber nicht anordnen.“

Als Selbstständiger sei er zwar von der Maskenpflicht befreit, so Rang. Als Inhaber habe er jedoch entschieden: „Wir fahren alle mit.“ Also mit Maske. An drei Fälle kann sich der Fahrschulinhaber erinnern, in denen ein infizierter Schüler mit einem Lehrer unterwegs war, wie sich später herausstellte. Glücklicherweise sei niemand bei der Fahrstunde infiziert worden. Rang: „Nach jeder Fahrt gibt es eine gründliche Desinfizierung. Das Lenkrad und alle Bedienelemente werden dabei gereinigt. Ich bin da weiterhin vorsichtig.“ Während der Corona-Hochphase hatte die Fahrschule geschlossen. Mehr als 100 Mitglieder waren in der firmeneigenen WhatsApp-Gruppe. Sie wurden dort auf dem Laufenden gehalten. „Und vor allem dabei gehalten“, sagt Rang.

Ein Problem der fehlenden Prüfer

Mit Corona hat sich der Unternehmer also abgefunden. Mit den Begleitumständen der amtlichen Prüfungen jedoch nicht. „Ich würde mir von Prüfern was wünschen. Der TÜV hat jeden Tag eine andere Ausrede. Jetzt wird dort der Nachwuchs ran geholt, einige wurden ziehen gelassen. Der Fachkräftemangel ist dort spürbar“, sagt Rang aus leidvoller Erfahrung: „Immerhin sagt der TÜV inzwischen ab, wenn kein Prüfer kommt.“ Rang glaubt, dass die Probleme, einen Prüfungstermin zu bekommen, auch daran liegen, dass die Voraussetzungen, damit jemand Prüfer werden kann, zu hoch gesteckt seien. „Einige Gutachter sind sich zu schade, um hinten drinzusitzen und die Entscheidung über Bestehen und Nichtbestehen zu treffen.“

Rang erinnert an die neuen Fahrerschulungen „B196“. Dabei wird mit der Schlüsselnummer 196 im B-Führerschein das Führen von Leichtkrafträdern erlaubt, die einen Motor bis 125 Kubikzentimeter Hubraum oder maximal elf Kilowatt Leistung haben. „Da ist kein TÜV drin. Allein der Fahrlehrer entscheidet, und das funktioniert“ sagt Rang: „Ich glaube, man muss den Inhabern, den verantwortlichen Leitern, etwas zutrauen.“ Zwischen Bundesverkehrsministerium und dem Fahrlehrerverband Nordrhein gebe es Gespräche für eine weitere Öffnung: „Aber Vorschläge liegen noch nicht auf dem Tisch.“

Schüler auf den Punkt ausgebildet

Es ist aber nicht so, als ob Rang die Arbeit des TÜV nicht zu schätzen wüsste: „Der TÜV macht Schindluder den Garaus. Aber wenn er sein Monopol ausnutzt, ist das auch nicht gut“, findet er. Dieses Monopol führt durch den Mangel an Prüfern zu Wartezeiten für Fahrschüler. Rang: „Der Antrag beim Straßenverkehrsamt dauert zwei bis zwölf Wochen. Niemand weiß warum, denn ich kann intervenieren, wenn jemand sehr lange wartet.“ Aber warum ist das so ein Problem, wenn Schüler erst vier Wochen nach der Theorie ihren Prüftermin bekommen? „Sie sind auf den Punkt ausgebildet“, erklärt Rang, „müssen sich fit halten, nicht schleifen lassen. Denn sonst steigt die Zahl der Durchfallenden.“ Das heißt, zusätzliche Fahrstunden und Motivation sind sinnvoll.

Die Theorie bestanden während Corona nur 60 bis 70 Prozent der Schüler, zuvor deutlich über 70. Bei der Praxisprüfung sank die Quote auf knapp über 90 Prozent. Meist klappt es am Ende dann doch irgendwie – auch für Sofia Zappata. Sie hatte schon zusätzlichen Bammel, dass ihre schon ein Jahr alte Theorie-Prüfung ungültig werden könnte. Kurz vor Ablauf der Frist hat sie bei Rang aber noch bestanden. Ohne Nachprüfungsgebühr ist ein Führerschein schon recht teuer: 65 Euro je Stunde für die Klasse B bringen den Preis mit Prüfgebühr und Erste-Hilfe-Kurs auf deutlich über 2000 Euro, rechnet Rang vor: „In Bonn ist das noch teurer, und es gibt kein Licht am Horizont.“


Führerschein

1440Anträge auf eine Fahrerlaubnis sind 2022 beim Rhein-Sieg-Kreis gestellt worden. Das sind mehr als in den Jahren zuvor. Allerdings hatte es 2021 – vor allem wegen der Corona-Beschränkungen – bloß 12.400 Anträge gegeben. 2020 waren es 14.200, 2019 14.300, 2018 13.400. Erweiterungen der Fahrerlaubnis, Ersatzführerscheine oder Umtausch sind nicht berücksichtigt. Registriert werden Neuerteilungen, Umschreibungen von ausländischen Fahrerlaubnissen und Dienstführerscheinen.

Die Zahlen geben nicht wieder, wie viele Führerscheinprüfungen bestanden wurden. Die Wartezeit für einen Prüfungstermin – zunächst die Theorie – betrug laut Kreis zuletzt für Erstantragsteller sechs bis acht Wochen. „Der Grund liegt darin, dass der Führerschein nach Antragstellung bestellt und eine Auskunft beim Kraftfahrt-Bundesamt angefordert und erst anschließend der Prüfauftrag angestoßen wird. In einzelnen Fällen, wenn Antragsteller sich etwas zu Schulden kommen ließen, können erst Ermittlungen nötig sein“, so ein Sprecher.

Die praktische Prüfung muss danach innerhalb eines Jahres bestanden werden. Vor allem für die praktische Prüfung könne „der TÜV momentan keine zeitnahen Termine zur Verfügung stellen“, teilte der Kreis mit. Personelle Ressourcen und zu wiederholende Prüfungen seien der Grund. Die Bearbeitungsgebühr für den ersten Autoführerschein kostet etwa 45 Euro, für begleitetes Fahren ab 17 Jahren etwa 80 Euro. (mfr)

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