Starkregen in NRWEvakuierung in Swisttal abgeschlossen – Betroffene berichten

Auch der Innenhof der Burg Heimerzheim stand am Donnerstag komplett unter Wasser.
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Swisttal – „Eigentlich hatten wir vor, noch im Haus zu bleiben und uns nicht evakuieren zu lassen, doch als am Freitagmorgen gegen Viertel nach eins die Polizei erneut durch den Ort fuhr und alle Odendorfer, die noch in ihren Wohnungen sind, aufforderte, sich nach Heimerzheim zu begeben, wurde uns doch mulmig“, berichtete Gabriele Prüßmann der Rundschau am Freitagmittag am Telefon.
Die 49-jährige Lehrerin war im Haus ihrer Mutter Maria (76) und wollte mit ihr eigentlich dort noch ausharren, solange es geht, doch die Aussicht, schlimmstenfalls per Helikopter oder per Schlauchboot evakuiert zu werden, machte den beiden dann doch Angst, so dass sie mit dem eigenen Pkw mitten in der Nacht nach Heimerzheim in die Georg-von-Boeselager-Sekundarschule gefahren sind, wo die Gemeinde Swisttal eine Notunterkunft eingerichtet hat. Aus Ludendorf, Odendorf, Miel, Essig und Teilen von Heimerzheim wurden etwa 2000 Menschen in verschiedene Betreuungsstationen gebracht.
Weißes Tuch im Fenster als Zeichen
„Wer nicht selber in der Lage war, dorthin zu fahren, der sollte ein weißes Tuch aus dem Fenster hängen“, erzählte Gabriele Prüßmann. Die Evakuierungsroute, sprich der Weg nach Heimerzheim, wurde von der Polizei freigeräumt. Mutter und Tochter parkten ihr Auto sicher bei einem nahe gelegenen Discounter und gingen den restlichen Weg zu Fuß in die Schule.
„Wir sind von dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sofort herzlich empfangen worden, meine Mutter haben sie untergehakt“, so Prüßmann weiter. Die Nacht über teilten sich die beiden ein Feldbett im Schulgebäude. In ihrem Raum sind ungefähr acht Familien à zwei bis vier Personen untergebracht. Weitere Hundert Betroffene fanden eine trockene Unterkunft in der Turnhalle, nicht für alle reichten die Betten, viele müssen daher auch auf Stühlen übernachten. „Wir sind froh, dass wir hier so gut versorgt werden und sicher sind, was hätten wir auch zu Hause tun können außer alle fünf Minuten zum Fenster zu laufen um nachzusehen, ob das Wasser kommt“, erzählt die Pädagogin.
Gute Versorgung gewährleistet
Getränke, Brote, Suppe, zum Frühstück Brötchen mit Marmelade, Käse oder Wurst, Kaffee, Getränke, Hygieneartikel, die Versorgung läuft laut Gabriele Prüßmann prima. Zudem haben sie in der Schule Strom und Mobilfunkempfang, was in Odendorf nicht mehr der Fall war, so dass sie nun auch ihre Handy-Akkus wieder aufladen und ihre Angehörigen endlich informieren konnten, dass es ihnen gut geht. Auch die sanitären Einrichtungen funktionierten. Wann sie wieder nach Odendorf dürfen, wussten die beiden am Freitag noch nicht. Nicht zuletzt treffe man hier auch Nachbarn und Freunde, ein weiterer Grund lieber in der Schule zu sein als daheim, so sei man nicht alleine und könne einander gegenseitig Mut zusprechen.
Im Haus von Gabriele Prüßmanns Mutter drang bislang nur wenig Wasser in den Keller ein, was sie am Ende erwartet, wenn sie wieder zurückdürfen, ist nicht absehbar. Im Haus von Familie Prüßmann in einem Odendorfer Neubaugebiet lief der Keller bereits am Mittwoch voll, Gabriele Prüßmanns Mann Arnd und deren Sohn Cornelis sehen nun immer wieder nach dem Rechten und hoffen, dass der Keller bald leergepumpt wird. Am Mittwochnachmittag saß sie noch im Wohnzimmer bei einer Tasse Kaffee und schaute sich einen Film an, um sich von den Regenstunden abzulenken, nichts ahnend, was der Familie wenig später bevorstehen würde.
Älteren Mann vom Baum gerettet
„Aber hier trifft man immer wieder auf Menschen, die es noch viel schlimmer erwischt hat“, schildert die 49-Jährige. So berichtet sie von einem älteren Mann, der von der Feuerwehr aus einer Baumkrone gerettet werden musste, weil das Wasser plötzlich so hoch stand. Und es habe Betroffene gegeben, die mit einem großen Traktor aus Ludendorf nach Heimerzheim evakuiert werden mussten – „da bleiben wir doch lieber hier.“ Auch ihrer Mutter gehe es den Umständen entsprechend gut: „Sie hat hier Leute zum Schwätzen, das tröstet und lenkt sie ab.“ Ein großer Dank gilt all den vielen Helferinnen und Helfern, die aus ganz NRW ins Krisengebiet gekommen sind: „Es ist alles top, jeder hat freundliche und liebe Worte für uns.“
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In Odendorf haben die Rettungskräfte die Evakuierung zweier Seniorenheime mittlerweile abgeschlossen. Mehr als 80 Bewohner wurden in andere Einrichtungen gebracht, vereinzelt auch in Krankenhäuser, gebracht. 36 pflegebedürftige Senioren aus dem Bonifatiushaus in Odendorf kamen in der neuen Seniorenresidenz Kaiserpalais in der Altstadt von Königswinter unter. Das berichtete die dortige Sozialdezernentin Heike Jüngling. Der Krisenstab des Rhein-Sieg-Kreises sei auf den Träger zugegangen und habe nach Unterbringungsmöglichkeiten gefragt. Eingebunden in den Umzug waren unter anderem das Deutsche Rote Kreuz und der Malteser Hilfsdienst. Um die Betreuung kümmern sich laut Jüngling nun auch Ehrenamtler der katholischen und der evangelischen Kirche sowie des Hospizdienstes; auch ein Pflegedienst sei eingebunden. Einige Senioren seien geschockt, manche zunächst orientierungslos, so Jüngling.