Swisttal-HeimerzheimDiakonie bietet Raum für Gespräche mit Flutopfern

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Klaus-Peter Waltersbacher und Nadine Schuster sind die Quartiersmanager

Klaus-Peter Waltersbacher und Nadine Schuster sind die Quartiersmanager

Die Diakonie hat in Swisttal ein Ladenlokal eingerichtet: Es bietet Raum für Gespräche mit Flutbetroffenen und das neue Quartiersmanagement mit Zielrichtung Wiederaufbau.

„Klimaanpassung“, „Stromausfall“, „füreinander da sein“ - diese Begriffe stehen schon mal an der Pinnwand in dem Ladenlokal, das die Diakonie zur Bündelung ihrer Fluthilfe Ende Januar in Heimerzheim eröffnet hat. Zwei „Quartiersmanager“ haben nun hier ihren Arbeitsplatz, um mit den Bewohnern von Heimerzheim noch weitere Worte hinzuzufügen. Es geht um Bedürfnisse und Wünsche für den Neuaufbau. Auch die vier Ansprechpartner der bekannten Fluthilfe sind nun in der Kirchstraße 4 anzutreffen.

Die Diakonie hat eine Immobilie in Heimerzheim für Quartiersmanagement und psychosoziale Betreuung gemietet: Kirchstraße 4

Die Diakonie hat eine Immobilie in Heimerzheim für Quartiersmanagement und psychosoziale Betreuung gemietet: Kirchstraße 4

Aber zunächst einmal feierte die Diakonie mit eigenen Kräften und anderen Organisationen die Eröffnung. Andrea Elsmann vom Diakonischen Werk für Bonn und die Region begrüßte die Gäste: „Wir sind ja hier wirklich in der Mitte des Quartiers.“ Elsmann stellte fest, „wie langwierig das Trauma nach der Katastrophe wirkt“ und dass auch das Gemeinwesen Hilfe benötige: „Das ganze Dorf ist zu Schaden gekommen!“ Nun sei es an der Zeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und die Strukturen für einen dauerhaften Wiederaufbau zu schaffen.

Claudia Müller-Bück, während der Flut noch Pfarrerin in Heimerzheim und inzwischen Superintendentin, genoss es, Gesichter wiederzusehen, die ihr in jener Katastrophennacht in der Turnhalle und am Morgen im Gottesdienst begegnet seien. „Ich habe damals zum ersten Mal die blauen Jacken gesehen mit Menschen, die eine Ahnung davon haben, was uns guttut.“ Diese blauen Jacken sind das Erkennungszeichen der Katastrophenhilfe der Diakonie, die mit der Flut 2021 erstmals im Inland tätig wurde.

Die Superintendentin erbat mit den alttestamentarischen Worten „Meine Hilfe kommt vom Herrn“ den Segen für alle, die im Quartiersbüro ein und aus gehen, denn: „Menschen fragen: ‚Woher kommt mir Hilfe‘“. Sie bat auch gleich um „Ideen für die Menschen, die hier arbeiten“.

Den Segen für alle Besucher und Mitarbeiter erbat Superintendentin Claudia Müller-Bück

Den Segen für alle Besucher und Mitarbeiter erbat Superintendentin Claudia Müller-Bück

Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner - andere Politiker fehlten trotz Anmeldung - sprach von einem „freudigen Tag“: „Wir haben schwere Zeiten hinter uns. Es geht immer noch um Häuser, Gewerbe und kommunale Infrastruktur.“ Sie habe ein sehr gutes Gefühl gehabt, als sie schon auf dem Weg zur Einweihung so viele blaue Jacken im Ort gesehen habe.

Beratung zu Bürokratie

Eine solche Jacke trug auch Beate Krugel von der Fluthilfe: „Die Leute wissen ja, warum wir noch da sind.“ Sie und ihre Kollegen beraten jetzt auch hier im Büro zu Anträgen bei Bund und Land, oder eben, wenn es von dort nicht mehr gibt, bei der Diakonie selbst. Der andere Part ist die psychosoziale Versorgung. „Die Seelen der Menschen sind betroffen“, sagte Krugel: „Das kommt gerade dann, wenn die Häuser wieder ganz sind.“ 

Wie Ortsvorsteher Hermann Menth betonte, ist die Eröffnung des Diakonie-Büros auch eine große Erleichterung für die Hauseigentümerin. Sie habe das Haus erst kurz vor der Flut erworben und habe nun endlich einen sicheren Mieter. Er schenkte der Diakonie ein Kreuz, um es an die Wand zu hängen, weil noch keines da sei.

Blaue Sessel in der Kirchstraße 4

Blaue Sessel in der Kirchstraße 4

Bilder wurden gestiftet, und vor allem stehen gemütliche Sessel im Schaufenster, um dort Gespräche zu führen. Denn vor allem für das Quartiersmanagement geht jetzt die Arbeit erst los. Andreas Vollmert, Referent des Diakonisches Werks Rheinland-Westfalen-Lippe, versicherte jede Unterstützung für die Arbeit in diesem Büro, das ein weiteres Novum sei. Zehn von ihnen sollen zwischen Trier und dem Sauerland im Flutgebiet entstehen, um mit Netzwerkarbeit Fähigkeiten und Wünsche der Betroffenen für den Wiederaufbau zu kombinieren. Für das Büro an der Ahr sei er extra in Altenburg gewesen. Auch für Heimerzheim würden noch Kooperationspartner gesucht, die auch den neuen Raum benutzen wollten. „Dabei geht es um Gemeinschaft stärkende Angebote“, etwa die Lebenshilfe Beratung als Sprechstunde für Menschen mit Behinderung: „Der Laden ist so groß, da kann viel passieren.“

Vollmert hatte sich vor der Reise von Düsseldorf nach Heimerzheim, die dank der Bahn Stunden dauerte und zunächst in Brühl endete, über den Ort informiert: „Sie haben hier ein mittelalterlich geprägtes Dorf gehabt, mit Burg und alten Häusern. Aber vieles muss jetzt vielleicht neu gedacht werden. Brauchen wir mehr Grün, mehr Schatten?“

Damit diese Arbeit geleistet werden könne, sei das Büro bis 2026 finanziert, „und wir suchen nach Töpfen, damit es auch danach weitergeht“.


Zwei Quartiersmanager

Klaus-Peter Waltersbacher und Nadine Schuster sind als Quartiersmanager für Heimerzheim zuständig. Fragebogen sind vorbereitet, um von mindestens 100 Personen Bedürfnisse abzufragen. „Auch 20 Stakeholder wollen wir befragen“, sagt der Diplom-Sozialpädagoge und meint damit Multiplikatoren, Menschen aus Vereinen, Sozialreferenten. Auch Kinder und Jugendliche sollten einbezogen werden. Denn sie litten am stärksten unter solchen Ereignissen und könnten am längsten die Erfahrung in die Zukunft tragen, findet Waltersbacher. Seit 16 Jahren arbeitet er für die Diakonie in Bonn, seine Kollegin ist frisch eingestellt. Sie ist Sozialwirtin, also mit allem wissenschaftlichen Hintergrund aus einem wirtschaftlich orientierten Studium in Göttingen ausgerüstet.


Öffnungszeiten

Die Fluthilfe der Diakonie ist per Mail unter fluthilfe@dw-bonn.de zu erreichen. Sprechzeiten: montags bis freitags 10 bis 14 Uhr, montags bis donnerstags zudem 15 bis 16 Uhr im Büro in der Kirchstraße 4 in Heimerzheim. 

Direkte Ansprechpartner sind Elke Feuser-Kohler, Ruf (0172) 8 63 70 64, sowie Beate Krugel, Ruf (0151) 12 27 13 62.

An der evangelischen Kirche Maria-Magdalena gibt es zudem das Café F, dienstags ab 15.30 Uhr.

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