Tango-TreffTanzparty am Beueler Rheinufer

Tangotreff Rheinufer Beuel: Wer nicht tanzt, sitzt auf Bänken und schaut zu.
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Bonn – Der warme Sommerwind legt sich wie ein sanftes Streicheln auf die Haut, die Wellen des Rheins schillern im Licht der Sonne, die prall und rot über dem Bonner Westen steht. Bald wird sie untergehen, aber noch bestrahlt sie ein Plätzchen am Beueler Rheinufer, auf dem zu dieser Dienstagsabendstunde eine Party stattfindet – ein Ritual seit elf Jahren, immer dienstags von Juni bis September – aber nur, wenn es nicht regnet. Hier wird Argentinischer Tango getanzt, open air.
Die Tango-Gemeinde in Bonn hat viele Treffpunkte (siehe Kasten), aber dieser ist einzigartig. Der Fotodesigner Bernd Karsten, Tangotänzer seit 20 Jahren, bereitet unweit des Beueler „Bahnhöfchens“ den Abend vor, steckt ein Karree mit bunten Windlichtern ab und bestreut das Straßenpflaster in dem Viereck mit zweieinhalb Kilogramm Seife, das sind 30 Stück, die zu Spänen geschnitten werden und wie weiße Konfetti
blättchen den Boden bedecken. So wird er rutschiger für die Ledersohlen der Schuhe, die sich darauf wie auf einem gewachsten Parkett geschmeidiger zur Musik drehen können, ohne dass die Bänder der Füße zu sehr beansprucht werden.
Bernd Karsten ist auch der DJ; seine Anlage steht auf einer Mauer, zwei Boxen, aus der dezent Musik vom Plattenteller zu hören ist. Sie scheppert ein wenig, wie Schlager aus einer schummerigen Spelunke. Die Platten sind alt, er hat sie von Freunden aus Argentinien bekommen. Die Lieder klingen mal schwermütig, voller Sehnsucht, mal leidenschaftlich, wie die „Habanera“ der Carmen.
Allmählich füllt sich das Karree, gut 30 Leute sind da. Die Männer sind leger gekleidet in Jeans oder gestreiften Hosen, die Hemden offen. Viele Frauen haben sich fein gemacht, manche geschminkt wie für einen Opernabend, die Haare zum Knoten geflochten wie am Rio de la Plata, wo der Tango erfunden wurde. Die langen Beine stecken in kurzen Röcken, engen Hosen oder weiten Kleidern - das ist gut für die Bewegungsfreiheit. Manche tragen bei der Ankunft einen Stoffbeutel über der Schulter, aus dem sie Highheels ziehen, die gegen Flipflops getauscht werden.
„Geben Sie mir die Ehre?“, fordert ein Mann formvollendet wie im Benimmkurs eine Frau auf, und dann schreiten sie auf den geseiften Boden, Sie legt ihren linken Arm um seinen Hals, er seine Rechte um ihre Hüfte, die Körper werden eng aneinander gedrückt, Wange berührt Wange. Der Mann führt. Der Tanz wirkt anfangs wie ein aufeinander abgestimmtes Gehen, dann werden die Bewegungen schneller, flüssiger, Beine kreuzen sich, den Drehungen folgen Stopps, man beugt sich zueinander hin und voneinander weg, alles in einer gemeinsamen Achse. Zwar hat der Tango Argentino gewisse Schrittfolgen, ist aber, anders als der in Turnieren zu sehende Europäische Tango, mehr ein Improvisationstanz: Hauptsache, das Paar geht auf die Musik ein.
Es liegt sehr viel Erotik in der Luft, die aber nie plumpe Anmache ist. Alles ist ein Spiel. Dabei wirkt der Tanz sehr ernst; die Gesichter sind hochkonzentriert. Es gilt ja, nicht nur auf den Partner zu achten, sondern auch auf den Raum, damit es keine Karambolage mit anderen Paaren gibt.
Neben der Musik ist nur leise das Schlurfen der Ledersohlen zu hören, aber auch das hat seinen Rhythmus. Radfahrer und Jogger wollen vorbei eilen und halten doch an, Gäste des „Bahnhöfchens“ kommen mit einem Glas Wein in der Hand hinzu und lassen sich verzaubern von der friedlichen Stimmung, der Harmonie von Mensch und Musik an diesem lauen Sommerabend. Die Sonne ist inzwischen hinter der Beethovenhalle verschwunden, nur noch flackernde Teelichter erhellen die Tanzfläche.