„Die Tiere schrien vor Schmerzen“Oberhausener Affenzüchter in Duisburg vor Gericht

Die zwei Angeklagten kommen zum Strafprozess wegen Diebstahls von drei Affen. Mehrere Affen starben laut Anklage wegen mangelnder Pflege beim Hauptangeklagten.
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Duisburg/Oberhausen – Mit schweren Vorwürfen hat vor dem Duisburger Amtsgericht der Prozess gegen einen privaten Affenzüchter aus Oberhausen begonnen. Der 69-Jährige soll Affendiebstähle in verschiedenen Zoos in Auftrag gegeben und falsche Vermarktungsbescheinigungen bei Behörden beantragt haben, warf ihm die Staatsanwaltschaft am Donnerstag vor.
In seiner Zucht soll er Affen nicht ausreichend gefüttert und getränkt und mehrere Tiere unsachgemäß und ohne ausreichende Betäubung operiert haben, um die Identifikationschips der Affen zu entfernen. „Die Tiere schrien vor Schmerzen, ihre Wunden wurden nicht zugenäht, sondern einfach geklebt“, schilderte Oberstaatsanwalt Thomas Tupait bei der Verlesung der Anklage den brutalen Umgang mit den Tieren.
Prozess gegen Züchter: Affen sollen aus Zoos in Duisburg und Krefeld gestohlen worden sein
Mitangeklagt ist ein 39-Jähriger, der im Auftrag des 69-Jährigen in mehreren Zoos unter anderem in Krefeld und Duisburg Tiere gestohlen haben soll – nicht nur Affen, sondern auch eine Schildkröte, die der Mann bei einem Besuch im Duisburger Zoo in einem Kinderwagen versteckt haben soll.
Den beiden Männern werden unter anderem Diebstahl, Tierquälerei und Urkundenfälschung vorgeworfen. Die Angeklagten äußerten sich in dem Prozess zunächst nicht. Der 69-jährige hat seine Zucht seit 2018 aufgegeben.
Rückschlag für Zuchtprogramm
Die weltweit geringen Bestände von bedrohten Arten wie den Löwenaffen aus Krefeld würden mit Nachzuchten aus Zoos aufgefüllt, sagte der Geschäftsführer des Verbandes der zoologischen Gärten (VdZ), Volker Homes. Deshalb wiege der Rückschlag für das Zuchtprogramm sogar noch viel schwerer als der monetäre Verlust. „Das sind in der Regel Auftragsdiebstähle mit hoher krimineller Energie“, sagt Homes. Legal kaufen und verkaufen kann man solche äußerst seltenen und geschützten Tiere in der EU in der Regel nicht – in Ausnahmefällen stellen Naturschutzbehörden sogenannte Vermarktungsbescheinigungen aus. (dpa)
Die Ermittlungen gegen den Hauptangeklagten hatten nach einem spektakulären Diebstahl dreier sehr seltener Goldener Löwenaffen aus dem Krefelder Zoo Ende Juli 2015 begonnen. Der Krefelder Zoodirektor Wolfgang Dreßen hatte danach auf eigene Faust in der Affen-Liebhaberszene nach seinen Tieren gesucht, wie er berichtete. „Ich habe mich 2015/16 intensiv mit privaten Haltern in Verbindung gesetzt, die ich als Zoomensch vormals gar nicht kannte, und bin zig Hinweisen aus der Szene nachgegangen.“
Eine lange Mail eines mutmaßlichen Szenemitglieds habe den Durchbruch gebracht, sagte Dreßen. Dabei führte offenbar auch eine Spur zu dem langjährigen privaten Züchter aus Oberhausen.
Zollfahnderin findet tote Affen in Tiefkühltruhe
Im Prozess sagte eine Zollfahnderin als erste Zeugin aus, die den Fall intensiv recherchiert hatte und im August 2018 die Wohnung des privaten Züchters durchsuchen ließ. Dabei wurden 14 tote Affen in einer Tiefkühltruhe gefunden. Die noch lebenden Affen seiner Zucht habe er bereits Monate zuvor an eine Bekannte nach Polen abgegeben.
Nachbarn hätten ausgesagt, dass der Angeklagte den Tieren im Sommer oft zu wenig Wasser gegeben habe, berichtete die Zollfahnderin. Die Nachbarn hätten deshalb mehrfach von nebenan mit einem Gartenschlauch Wasser rübergespritzt. Im Winter sei ein Affe im Außengehege erfroren. Für einen schwer verletzten gelähmten Affen habe der Hauptangeklagte keinen Tierarzt geholt.
Ein Motiv des Mannes war laut Staatsanwaltschaft Geldgier. Für die seltenen Affen wird viel Geld geboten – je seltener desto mehr. Allein das im Krefelder Zoo verschwundene Elternpaar ohne seinen Nachwuchs hatte nach Angaben des Zoos einen Wert von 25.000 bis 30.000 Euro. Seit dem Diebstahl aus dem Zoo Ende Juli 2015 sind die Tiere verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht.
Gestohlene Krefelder Löwenäffchen bleiben verschwunden
Der 69-Jährige Oberhausener habe über die Jahre viele Tiere neu gezogen und insgesamt 225 Affen gehalten, sagte die Zollfahnderin – viele davon falsch ausgezeichnet, weil die Identifikationstransponder mit anderen Namen und Daten überschrieben werden konnten. Offenbar seien viele Tiere unrechtmäßig vermarktet worden oder es gebe gar keine Information mehr über den Verbleib der Affen. Den Gesamtwert der Affen des Oberhauseners schätzte sie auf 500.000 Euro.
Ob „seine“ drei Löwenäffchen noch leben, weiß Zoodirektor Dreßen dabei bis heute nicht. „Ich gehe davon aus, dass die Tiere sofort weiter verkauft wurden“, sagt er. Dann könnten alle drei Tiere oder zumindest das Nachwuchsweibchen noch leben, denn Löwenäffchen werden 15 bis 18 Jahre alt. (dpa)