Massive Stromausfälle in Spanien und Portugal sowie Angst vor russischer Sabotage nähren Sorgen vor einem Blackout auch in NRW. Der Innenminister berichtet über Vorsorge und offene Handlungsfelder.
Angst vor dem BlackoutStromversorgung in NRW zuverlässig, aber Krisenpläne nötig

Im internationalen Vergleich belegt die Zuverlässigkeit der Stromversorgung in Deutschland einen der Spitzenplätze. (Symbolbild)
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Bei der Zuverlässigkeit der Stromversorgung schneidet Nordrhein-Westfalen nach Zahlen des Verbands der Elektrotechnik (VDE) sogar noch etwas besser ab als Gesamtdeutschland. Das geht aus einem Bericht des NRW-Innenministeriums an den Fachausschuss des Düsseldorfer Landtags hervor.
Bei der Berechnung ungeplanter Unterbrechungen mit einer Dauer von mehr als drei Minuten kam NRW demnach auf rund 11,8 Minuten durchschnittliche Versorgungsunterbrechung pro Endverbraucher pro Jahr, während es für Deutschland 12,8 Minuten waren. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) antwortete mit dem schriftlichen Bericht auf eine FDP-Anfrage, wie gut NRW auf einen möglichen Blackout vorbereitet ist.
Deutschland auf einem Spitzenplatz
„Im internationalen Vergleich belegt die Zuverlässigkeit der Stromversorgung in Deutschland einen der Spitzenplätze“, teilte Reul mit. So habe die Strom-Unterbrechungsdauer laut Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) des VDE in den vergangenen Jahren etwa in Österreich bei 23 Minuten gelegen, in Japan bei 27 Minuten und in den USA sogar bei 125, 7 Minuten.
In die Berechnung fließen den Angaben zufolge nur ungeplante Unterbrechungen mit einer Dauer von mehr als drei Minuten ein, die zurückzuführen sind auf atmosphärische Einwirkungen, Einwirkungen Dritter, Zuständigkeit des Netzbetreibers und Rückwirkungsstörungen.
Aufgrund der großen Abhängigkeit der modernen Gesellschaft von der Stromversorgung würde ein großflächiger Stromausfall - insbesondere im Bereich kritischer Infrastruktur - zu massiven Versorgungsstörungen sowie zu wirtschaftlichen Schäden und Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit führen, stellte Reul fest. Bereits im Jahr 2018 hätten die NRW-Ministerien für Inneres und für Wirtschaft einen „Runden Tisch Stromausfall“ für eine umfassende Krisenvorsorge ins Leben gerufen.
Bislang keine Gefährdung für Verbraucher und Unternehmen
Auch in NRW habe es in den vergangenen fünf Jahren Gefährdungen für die Stromversorgung oder sogar Unterbrechungen gegeben, bilanzierte der Minister. „Durch das Juli-Hochwasser 2021 ist es in Teilen des Landes NRW zu Stromausfällen gekommen, die mitunter deutlich länger angedauert haben.“ Deshalb sei der Unterbrechungsindex in dem Jahr mit knapp 13,9 Minuten höher ausgefallen (Deutschland: 12,7).
Die massiven Stromausfälle am 28. April 2025 in Spanien und Portugal hätten im deutschen Stromnetz für einen Frequenzabfall von 0,16 Hertz gesorgt. Das sei im Rahmen der zulässigen Frequenzabweichungen geblieben. „Eine Gefährdung für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen in NRW und Deutschland bestand nicht.“
Wichtigste Rückfallebene für das gesamte Energieversorgungssystem sei der Einsatz von Treibstoffen zum Betrieb von Netz-Ersatzanlagen, erläuterte der Minister. „Diese werden als zentrale Vorsorgemaßnahme vorgehalten, um die Grundversorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen im Falle eines Stromausfalls über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.“
Empfehlung für kritische Bereiche: Treibstoffvorrat für 72 Stunden
Grundsätzlich empfehle das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Betreibern kritischer Infrastruktur, die eigene Treibstoffvorhaltung für einen Zeitraum von 72 Stunden auszulegen. Verbindliche rechtliche Verpflichtungen zur Notstromversorgung existierten jedoch in den wenigsten Bereichen. Somit sei ein hoher Grad von Eigenversorgung notwendig, um eine effektive Notfallplanung sicherzustellen.
„Mit Blick auf die Vorsorge für den Fall von großflächigen und lang andauernden Stromausfällen (Blackout) besteht die zentrale Aufgabe darin, eine reibungslose Auslagerung und Verteilung von erforderlichen Treibstoffmengen auf der „letzten Meile“, also von den Tanklagern bis zum Endverbraucher, zu schaffen“, erläuterte der Minister weiterhin. Zur Verbesserung der Vorsorgebedingungen stünden die maßgeblichen Ressorts auf Bundes- und Landesebene im regelmäßigen Kontakt.
Vorsorge in den Kliniken
Krankenhäuser seien verpflichtet, Alarm- und Einsatzpläne vorzuhalten und regelmäßig zu üben. Laut einer Umfrage unter den NRW-Krankenhäusern hätten im Jahr 2022 unter den teilnehmenden 247 Einrichtungen 96 Prozent eine Notstromversorgung nach der entsprechenden VDE-Norm gehabt. „In 77 Prozent der Einrichtungen reichte die Kraftstoffbevorratung für mehrere Tage ohne Nachbefüllung aus.“
In der Krisensituation infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sei Anfang 2023 eine Förderrichtlinie erlassen worden, um die Krankenhäuser zu unterstützen. Von den bereitgestellten 100 Millionen Euro seien mehr als 78 Millionen von den Krankenhäusern abgerufen worden. Die Mittel seien insbesondere für die Beschaffung von Notstromaggregaten, die Erweiterung von Kraftstofftanks und den Anschluss weiterer Anlagen - etwa zur Magnetresonanztomografie - verwendet worden.
Opposition verlangt mehr Krisenvorsorge
Nach jüngsten Festnahmen wegen des Verdachts russischer Sabotage sieht die SPD-Opposition die Landesregierung in der Verantwortung, den Schutz der kritischen Infrastruktur besser zu gewährleisten und die Bürger stärker für die Risiken einer Störung zu sensibilisieren. „Bislang ist zu wenig geschehen“, kritisierte die innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Christina Kampmann. (dpa)