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ProzesseWegen Mordes vor Gericht: Pfleger weist Vorwürfe zurück

Lesezeit 2 Minuten
Im Mordprozess gegen einen Krankenpfleger vor dem Landgericht Aachen gab dieser eine dreiviertelstündige Erklärung ab. (Archivfoto)

Im Mordprozess gegen einen Krankenpfleger vor dem Landgericht Aachen gab dieser eine dreiviertelstündige Erklärung ab. (Archivfoto)

Was der angeklagte Krankenpfleger dem Gericht sagen will, gerät zur Wutrede. Fehler und Faulheit kritisiert der Mann unter Kollegen. Und er habe keine Überdosen verabreicht, um Leben zu beenden.

Der wegen neunfachen Mordes vor dem Landgericht Aachen angeklagte Krankenpfleger hat die Vorwürfe von sich gewiesen. Er habe keine Medikamente verabreicht mit dem Ziel, Leben zu verkürzen, sagte der Angeklagte in einer ersten Aussage in dem seit über sechs Wochen andauernden Prozess. Die Patienten seien als gut eingestellt beurteilt worden, sagte der 44 Jahre alte Mann, der fast ausschließlich im Nachtdienst auf der Palliativstation eines Krankenhauses in Würselen bei Aachen tätig war.

Der Deutsche ist wegen neunfachen Mordes und wegen 34-fachen Mordversuchs angeklagt. Alle Taten soll er innerhalb weniger Monate begangen haben, zwischen Ende Dezember 2023 und Mai 2024. Laut Anklage soll er Patienten auf der Palliativstation stark sedierende Medikamente gespritzt haben, teils in Kombination mit Schmerzmitteln und in einigen Fällen mehrfach. Das habe in neun Fällen zum Tod der Patienten geführt. Die Anklage war kurz vor Prozessbeginn erweitert worden. 

„Zombie-Medikament“

Während seines Vortrags wurde der Angeklagte immer aufgeregter. Unter anderem bezichtigte er Kollegen der Faulheit und kapitaler Fehler. „Ganz viele Leute wollen ihre eigenen Fehler auf mich schieben“, sagte er. Auch ein Kollege habe hohe Dosen des Beruhigungsmittels verabreicht. Dieser habe das Präparat „Zombie-Medikament“ genannt und auch einen schwarzen Humor. Eine Pflegerin hatte vor mehreren Tagen im Prozess berichtet, der Angeklagte habe Patienten der Palliativstation als „Zombies“ bezeichnet.

In seiner dreiviertelstündigen, abgelesenen Aussage kritisierte der Krankenpfleger unter anderem die fehlende Erreichbarkeit von Ärzten. Er sei öfter am Telefon angeschnauzt worden, wenn er im Nachtdienst angerufen habe. Er habe den Eindruck, junge Ärzte gäben Schmerzmittel in zu niedriger Dosis. Einige Kollegen hätten nur auf ihn gewartet, damit er, wenn er den Spätdienst übernommen habe, Schmerzmittel verabreiche, erklärte der 44-Jährige. Zudem seien für die Palliativstation Medikamente „nicht mit der erforderlichen Weitsicht“ bestellt worden. 

Vom Gericht befragte ehemalige Kolleginnen hatten den Angeklagten als Einzelgänger, distanziert und introvertiert beschrieben. Andere dagegen meinten, er sei fast immer sehr freundlich und die Station tipptopp gewesen. Zudem hieß es, die Patienten seien nach Diensten des Angeklagten auffällig schläfrig gewesen.

Der Krankenpfleger war nach einem Hinweis wegen Unregelmäßigkeiten bei Medikamenten suspendiert worden. Er wurde festgenommen, kam in Untersuchungshaft und dann vor Gericht. (dpa)