Bad Münstereifeler KünstlerPaul Greven hat noch viel vor

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Mit dem Boot im Wandrelief zur Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer wurde früher der Nikolaus über den Rursee gerudert.

Mit dem Boot im Wandrelief zur Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer wurde früher der Nikolaus über den Rursee gerudert.

Bad Münstereifel-Honerath – „Das Friedensdorf ist mein letztes großes Projekt“, sagt Paul Greven: „Dafür nehme ich mir etwas Zeit. Doch wenn ich 90 bin, muss ein lebendiges Dorf mit großem Signalcharakter entstanden sein.“ Nun, derzeit ist Greven 86 Jahre. Bis dahin ist also noch ein bisschen hin. Zeit verliert er aber nicht. Jeden Tag, sieben Tage die Woche, arbeitet er im Blaumann viele Stunden an seinem Projekt. Denn dessen Dimensionen sind enorm.

Mit seinen 30 Einwohnern, die die mehr als zehn Hütten bevölkern sollen, wird das multikulturelle Friedensdorf fast so groß sein wie der Bad Münstereifeler Höhenort Honerath, in dem Greven mit seiner Frau Rita lebt. Hier hat er sein Atelier, in dem er an seinen lebensgroßen Figuren arbeitet. Und den schillernden Skulpturenpark, der in Jahrzehnten auf dem 7500 Quadratmeter großen Grundstück herangewachsen ist. Dieser Abenteuerspielplatz der Kunst entzückt nicht nur Kunstfreunde.

Freischaffender Künstler

Wenn es nach seinem Vater gegangen wäre, hätte der in Eschweiler geborene Paul Greven dessen Malergeschäft weitergeführt. Tatsächlich übernahm er nach dem plötzlichen Tod des Vaters tatsächlich dreieinhalb Jahre den Familienbetrieb mit 20 Mitarbeitern. Doch das war nicht sein Ding. Schon früh hatte er sich in den Kopf gesetzt, Künstler zu werden. Und auch ein Leben in Eschweiler war nicht das, was er und seine Frau Rita, die er von der Kindheit an kannte, von der Zukunft erhofften.

So kam es, dass er den Betrieb aufgab und die Grevens nach Köln zogen. Von 1952 bis 1961 studierte er an Kunsthochschulen in Aachen, Köln und Berlin. Nach einem Jahr als Bühnenbildassistent beim WDR wurde er Kunsterzieher und arbeitete schließlich als freischaffender Maler und Bildhauer in Köln und Bad Münstereifel.

Seit 1997 lebt und arbeitet er in Bad Münstereifel-Honerath in dem Haus, das er und seine Frau 1976 als Wochenendhaus erworben hatten. Hier schuf er seinen Skulpturenpark. Bekannt wurde er auch mit seinen jährlichen Skulpturen-Symposien, an dem sich immer wieder namhafte Künstler beteiligten. 2015 wurde Paul Greven für sein Schaffen mit dem Rheinlandtaler des Landschaftsverbands ausgezeichnet. (ch)

Selbst jetzt, in Corona-Zeiten, fragen Leute an, ob sie den Park besuchen dürfen, um den Ziegenturm, den Bahnhof nach Neuseeland, den römischen Diana-Tempel, die fliegende Untertasse, das Trojanische Pferd oder das Freilufttheater zu sehen . Sie dürfen. Nur auf den Künstler selbst müssen sie momentan verzichten. Denn der hält sich an Corona-Regeln und auf Distanz.

Selbst Flucht erlebt

Das Thema Flucht hat den künstlerischen Unruheständler schon seit 2015 gepackt. Nicht nur deshalb, weil sowohl er als auch seine Frau im Zweiten Weltkrieg am eigenen Leib erfahren mussten, was Flucht bedeutet. Daran erinnert auch der Flüchtlingstreck, den er 2018 fertiggestellt hat. Unter den 14 lebensgroßen Figuren, die sich mit Karren, Gepäck und Tieren auf ihrem Weg quälen, entdeckt ein scharfes Auge auch das Ehepaar Greven, das sich mit einer Trage abmüht.

Ideen holt sich Greven aus „Familienalbum des Planeten Erde“.

Ideen holt sich Greven aus „Familienalbum des Planeten Erde“.

Greven ist es ein Anliegen, mit seiner Kunst auch auf die Situation der am Rande der Gesellschaft Lebenden aufmerksam zu machen. Zuerst entstand das große Wandrelief zur Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Mitten drin das untergehende Holzboot, mit dem einst St. Nikolaus über den Rursee gerudert wurde. Es folgte der 20 Meter lange Treck mit Menschen auf der Flucht. Und schließlich der Friedensweg. Dieser beginnt mit einer 25 Meter langen und drei Meter hohen Wand, die mit Kunstblumen und den grünen Sträuchern die heile Eifelwelt symbolisiert. Die Gestaltung hat er natürlich mit dem Nachbarn abgesprochen. Dem muss es ja auch gefallen. Er endet mit einem zehn Meter langen und drei Meter hohen Holzrelief mit vielen Menschen aus aller Welt, die Zuflucht und Asyl suchen.

Ein fröhlicher Ort

Dieser Friedensweg, so schwebt es Greven vor, soll in einem Friedensdorf enden. Es wird ein fröhlicher Ort mit vielen Hütten, kleinen Häusern und Unterständen. Mit Menschen vieler Nationalitäten, die sich einträchtig eine neue Heimat schaffen. Die miteinander arbeiten, kommunizieren, singen, lachen, tanzen und kochen.

Immer an seiner Seite weiß Paul Greven seine Ehefrau Rita, auch bei seinen Kunstprojekten.

Immer an seiner Seite weiß Paul Greven seine Ehefrau Rita, auch bei seinen Kunstprojekten.

Im vergangen Jahr hat Greven begonnen. Für sein Dorf hat er im Sommer Holz und Steine beschafft. Im Wald wurden Bäume gefällt, entastet, geschält und nach Honerath transportiert. Ziegel und Natursteine organisierte der Künstler bei Jülich und brachte diese Materialien mit einem Lkw zum Kunsthof.

Der nasskalte Herbst stoppte zwar die Arbeiten draußen, nicht aber das Projekt. Der 86-Jährige wechselte in sein geräumiges Atelier, das er auf dem früheren Bauernhof eingerichtet hat. Und begann mit der Herstellung der Bewohner. Viele sind fertig. Noch fehlt aber die Bemalung.

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Doch man erkennt gut, welche Rollen sie in der Choreografie im Kopf des Künstlers spielen. Auf unterschiedlichste Weise und mit großer Lebensfreude werden sie ihren ersehnten Ort des Friedens errichten.

Eine weiße Geistergesellschaft wartet im Atelier auf die Bemalung. Schon jetzt erkennt man die Rollen der Figuren in der Choreografie des Künstlers.

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Zum ersten Mal in seiner künstlerischen Laufbahn gestaltet Greven seine Figuren mit einem neuen Material. Das Cellulose-Leim-Gemisch, aus dem er bisher seine Figuren herstellte, vermag der rauen Eifeler Witterung nicht lange zu trotzen. Immer wieder muss er deshalb die Skulpturen zeitaufwendig restaurieren. Daher experimentierte er mit neuen Materialien. Jetzt verputzt er die Figuren, die er aus Kaninchendraht modelliert, mit einem besonderen Mörtel. Der erweist sich im Wechsel von Hitze, Sonne, Kälte, Schnee und Regen als deutlich robuster.

Allerdings hat das einen Nachteil. Auch wenn er mit 86 Jahren immer noch kräftig zupackt, die neuen Figuren sind ein Vielfaches schwerer als die früheren. Daher ist er jetzt immer wieder auf Mithilfe angewiesen. Das wird vor allem für den Umzug ins Friedensdorf gelten.

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