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Nervige private NachrichtenDas hat ein Model aus Blankenheim mit Hobbyfotografen erlebt

Lesezeit 9 Minuten
Das Bild zeigt Alina Hellenthal, die für einen Fotografen posiert.

Die 27-jährige Alina Hellenthal ist Hobby-Model. Bei Instagram hat sie nicht nur positive Erfahrungen gesammelt.

Alina Hellenthal aus Blankenheim ist Hobby-Model. Als die Blankenheimerin auf Insta ein Hochzeitsfoto postet, verabschiedeten sich zahlreiche Follower.

Alina Hellenthal ist 27 Jahre alt und seit November Mutter einer Tochter – und leidenschaftliches Hobby-Model mit mehr als 15.100 Followern auf Instagram. Doch so sehr sie Soziale Netzwerke manchmal liebt, so hart geht die gelernte Bautechnikerin mit ihnen auch ins Gericht. „Social Media ist eine absolute Fake-Welt. Man sieht nie die komplette Wahrheit, sondern immer nur das, was jemand zeigen will“, sagt die Blankenheimerin. Und fügt hinzu: „Und selbst, wenn mal Schattenseiten gezeigt werden, dann sind das oft nur die, die gerade Aufmerksamkeit bringen.“

Instagram habe sie zunächst vor allem als Beobachterin genutzt. Das änderte sich, als die Eifelerin von ihrem ehemaligen Arbeitsteam einen Gutschein für ein Fotoshooting geschenkt bekam. „Sie haben mir das zum Abschluss meiner Ausbildung geschenkt, weil ich extrem schüchtern war und überhaupt kein Selbstbewusstsein hatte. Das sollte mich stärken“, erinnert sich die 27-Jährige.

Beim ersten Fotoshooting war die Mutter mit dabei

Nach dem Shooting habe sie ein paar Bilder auf ihrem Account bei „Insta“ gepostet. Dann habe alles seinen Lauf genommen. Es landeten die ersten privaten Nachrichten im virtuellen Postfach. Und auch die ersten TFP-Shooting-Anfragen trudelten ein.

Die Anfrage nach den Shootings habe sie zuerst alle abgelehnt. Der Grund: ihrer Meinung nach zu unseriös. „Irgendwann bekam ich allerdings einen langen Text von einem Fotografen, der mir alles genau erklärt hat und den Freunde auch kannten. So habe ich mein erstes TFP-Shooting gemacht“, erinnert sich die 27-Jährige, die dennoch auf Nummer sicher ging: „Damals war meine Mama noch mit.“

90 Prozent aller Anfragen sind unseriös

In der Folgezeit seien die Anfragen immer und immer mehr geworden. „Und ich musste lernen, was seriös ist und was nicht. Es gibt dort viele Menschen, die dir versprechen, dich schon Morgen aufs Cover der Vogue zu bringen“, erzählt die Eifelerin. 90 Prozent aller Anfragen seien „unseriöse Männer, denen es in der Regel überhaupt nicht um Bilder geht, sondern auf diesem Weg versuchen, eine junge Frau in ihr nahes Umfeld zu bekommen.“

Viele angebliche Fotografen haben Alina Hellenthal zufolge eine fehlerhafte Selbsteinschätzung. Sie fotografierten mit dem Handy und erzählten dann, „dass sie dich vermitteln und man bald auf der Fashion Week als Supermodel läuft.“

Man bekommt so viele ungewollte Nachrichten, Fotos und Videos von Männern, die man einfach nicht sehen will.
Alina Hellenthal, Model

Doch unseriöse Anfragen seien nur eine Schattenseite von Instagram und Co. So landeten auch noch ganz andere Dinge im virtuellen Postfach der 27-Jährigen. „Man bekommt so viele ungewollte Nachrichten, Fotos und Videos von Männern, die man einfach nicht sehen will. Ich habe schon so oft mein Anfragenpostfach geöffnet und war einfach nur geschockt, was da alles drin ist“, so die Blankenheimerin. „Das Krasseste war mal ein Mann, der sich meine Bilder ausgedruckt hat und sich selbst befriedigt hat. Er hat das gefilmt und mir gesendet.“ Angezeigt habe sie den Mann nicht. „Da würde man oft viel Zeit investieren müssen. Man sieht, was in der Nachricht ist, löscht es und gewöhnt sich irgendwie dran“, sagt sie.

Ein anderes Erlebnis: „Es war eine Art Studio-Shooting. Wobei es eigentlich nur ein sehr kleiner Raum in der Privatwohnung eines Fotografen war, wo er eine Mini-Leinwand aufstellt hatte. Er wollte unbedingt, dass ich ein Hemd von ihm anziehe, was überhaupt nicht zu mir passte, und bestand extrem darauf. Ich war jung und es war eine superunangenehme Situation. Ich sollte nur das Hemd tragen, und er hat mich richtig gedrängt und immer weiter dazu motiviert.“

Das Bild zeigt Alina Hellenthal in einem Bikini im Pool.

Alina Hellenthal aus Blankenheim ist Hobby-Model und junge Mutter. Die 27-Jährige hat bei Instagram mehr als 15.000 Follower.

Durch die Technik der Künstlichen Intelligenz sei das Ganze noch mal auf ein anderes Level gestiegen. Bilder werden bearbeitet, Köpfe auf fremde Körper gesetzt, und es entstehen Dinge, die es eigentlich nie gegeben hat. „Vor kurzem stand jemand vor mir und zeigte mir ein Bild, auf dem mein Gesicht auf den Körper einer nackten Frau montiert wurde. Dann fragte er mich, ob ich wirklich so aussehe und sagte, dass er sich mit dieser Vorstellung immer befriedigt. Es war einfach nur widerlich“, so Alina Hellenthal.

Das Schlimme sei, dass Social Media ein völlig falsches Bild vermittelt. „Gerade junge Mädchen wachsen mit dieser Fake-Welt auf und wissen gar nicht mehr, was real ist und was nicht“, sagt die Bautechnikerin: „Ich habe selbst im Freundeskreis erlebt, dass eine Freundin ihrer jüngeren Schwester erklären musste, warum es nicht okay ist, freizügige Bilder auf Snapchat zu verschicken. Das Mädchen war erst vierzehn Jahre alt und hat gar nicht verstanden, warum das problematisch ist. Weil es in dieser Internetwelt ja normal wirkt.“

Einerseits hat sich Alina Hellenthal mit 15.100 Followern einen gewissen Bekanntheitsgrad aufgebaut, andererseits setzt sich die 27-Jährige mit Sozialen Netzwerken kritisch auseinander. Sie habe bereits oft darüber nachgedacht, Instagram zu verlassen – vor allem während der Schwangerschaft. „Ich habe einfach Angst davor, wie meine Tochter diese Welt mal wahrnehmen wird, was diese Welt aus ihr machen wird“, betont Alina Hellenthal.

Ihr Mann unterstütze sie komplett bei dem, was sie tue. Das sei nicht immer so gewesen. „Am Anfang hatte er Angst und wusste nicht, wer hinter den ganzen Shootings steckt. Er ist damals oft mitgekommen, was ihn sehr beruhigt hat“, berichtet das Hobby-Model: „Als er dann gesehen hat, dass sich alles immer mehr professionalisiert und wir viele Fotografen kannten, hat er Vertrauen gewonnen.“

Doch was ist, wenn sie mal ein anderes Bild von sich postet, sie nicht in High Heels und sexy Outfit auf einem Sofa posiert? „Mit Fotos unserer Hochzeit oder dem Posten von Familienbildern habe ich sehr viele Follower verloren“, berichtet Alina Hellenthal, die auch sagt: „Das ganze Influencer-Ding ist oft nichts anderes als ein Schauspiel. Viele generieren nicht mal mehr ihren eigenen Content. Die Werbung ist vorgegeben, Wort für Wort. Was gesagt wird, wie es gesagt wird – alles ist vorgeschrieben und überall werden die Nutzer mit Meinungen und Werbungen konfrontiert.“

Wie geht man als Model damit um, wenn die Tochter das auch mal machen möchte?

Ihr Wunsch sei es immer gewesen, Model zu werden. Social Media sei dafür ein positiver Nebeneffekt gewesen. „Ich hätte meine Ziele schneller erreichen können, wenn ich mich verändert hätte. Wenn ich den Designern hinterhergelaufen wäre, mich angepasst hätte, mich in Agenturen eingeschleimt hätte. Aber das bin nicht ich. Ich wollte nicht superdünn sein oder den Style vertreten, der gerade angesagt ist“, sagt das Hobby-Model.

Aber bei aller Kritik an Social Media und der Welt dahinter – es gebe auch viele positive Seiten. Sie habe „wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt. Viele Fotografen, mit denen ich mittlerweile richtig befreundet bin. Leute mit den gleichen Interessen, mit denen ich mich austauschen kann, neue Ideen finde und Inspiration sammele“, sagt sie: „Ich konnte Backstage mit einem bekannten Rockmusiker unterwegs sein, war oft als VIP auf Festivals, konnte hinter die Kulissen blicken, Stars treffen. Das sind Erlebnisse, die ich ohne Social Media nie gehabt hätte.“

Das Bild zeigt Alina Hellenthal in einem roten Kleid. Sie posiert für die Kamera.

Alina Hellenthal ist Hobby-Model. Und seit wenigen Monaten Mutter einer Tochter. Sie macht sich wegen Instagram und ihres Hobbys viele Gedanken.

Aber man dürfe sich nichts vormachen – meistens bekomme man solche Möglichkeiten von Männern geschenkt. „Ich habe es selbst erlebt, dass mir Tickets geschenkt wurden, aber als ich meinen Mann als Begleitperson angegeben habe, wurden sie mir wieder entzogen“, erzählt Alina Blankenheim.

Zudem habe es Gewinnspiele gegeben, „bei denen ich vorher wusste, dass ich gewinnen werde, weil ein Unternehmen, das das Gewinnspiel auf Social Media veranstaltet, lieber Instagram-Nutzer gewinnen lässt, die ein paar tausend Follower haben, um so mehr Reichweite zu generieren.“ Um Kontakte zu pflegen, seien Instagram und Co. „eine superschöne Sache“.

Wenn ich eine Strumpfhose auf den Bildern trage, generiert das eine viel höhere Reichweite. Da ist es oft egal, wie schön man guckt. Es interessieren nur die vermittelten Reize und das Oberflächliche.
Alina Hellenthal

Oder auch, um den Lebensverlauf alter Bekannter zu verfolgen. „Aber auch da ist wieder die Frage: Was davon entspricht der Realität und was verbirgt sich hinter der Fassade?“, fragt Alina Hellenthal rhetorisch. Man werde anhand weniger Bilder abgestempelt – und das Internet vergisst nie. „Es ist schwer, sich in dieser Welt zu behaupten. Sobald du ein bisschen Erfolg hast, bekommst du nicht nur Anerkennung, sondern auch Hass und Neid. Die wenigsten gönnen dir etwas“, sagt die Eifelerin.

Social Media: Hauptsache Klicks Social Media funktioniere nach einem vermeintlich einfachen Prinzip – Hauptsache, man sorge für Gesprächsstoff. Ob positiv oder negativ, sei egal – Hauptsache Klicks. „Wenn ich eine Strumpfhose auf den Bildern trage, generiert das eine viel höhere Reichweite. Da ist es oft egal, wie schön man guckt. Es interessieren nur die vermittelten Reize und das Oberflächliche“, so die 27-Jährige: „Wenn ich mir meinen Instagram-Account ansehe, habe ich auch ein ganz anderes Bild von mir selbst. Schon oft wurde mir gesagt, dass ich da ganz anders wirke als im realen Leben. Je mehr echtes Privatleben man von sich teilt, je mehr Angriffsfläche schafft man auch für andere.“

Aber dennoch benutzt sie Instagram sehr häufig. „Man freut sich ja doch über die Kommentare oder die Likezahl. Und die Hoffnung, dass ich irgendwann mal richtig Werbung machen kann als Model, gebe ich natürlich nicht auf“, sagt Alina Hellenthal. Als junge Mutter mache sie sich noch mehr Gedanken über Insta und Co.: „Wie erklärt man einem Kind, dass Social Media wenig mit der echten Welt zu tun hat? Dass das Leben, das dort gezeigt wird, inszeniert ist? Dass Influencer nur das zeigen, was ihnen Aufmerksamkeit bringt? Aber man dennoch viele Träume oder Ziele damit erreichen kann. Ich finde es schwierig. Und ich habe Angst vor der Zukunft, in der meine Tochter damit aufwachsen wird.“


Das sind die Sozialen Netzwerke

Der Begriff Social Media, im Deutschen „Soziale Medien“, ist seit Jahren in aller Munde. Social-Media-Portale erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, weltweit sowie in Deutschland. Derzeit liegt die Anzahl der monatlich aktiven Nutzerinnen und Nutzer von Netzwerken wie Facebook, Instagram, Tiktok und anderen weltweit bei rund 5,24 Milliarden – 2012 lag die Zahl noch bei rund 1,48 Milliarden. Im Ranking der größten Netzwerke und Messenger, gemessen an der User-Zahl, belegte Facebook gemäß einer Erhebung des Portals Statista im Februar 2025 mit rund 3,07 Milliarden monatlich aktiven Usern den ersten Platz.

Die User-Zahlen des weltweit viertgrößten Netzwerks Instagram, das seit August 2012 zu Facebook (Meta-Konzern) gehört, entwickeln sich rasant. Die Anzahl der monatlich aktiven Nutzer weltweit beläuft sich derzeit ähnlich wie bei WhatsApp auf fast zwei Milliarden. In Deutschland hat Instagram 2024 erstmals Facebook überholt und ist nach WhatsApp die meistgenutzte Social-Media-Plattform. In unserer Serie „Instagrammer im Kreis Euskirchen“ porträtieren wir Menschen, die in unterschiedlichen Bereichen auf der Plattform aktiv sind. Sie berichten von ihren Erfahrungen, von Chancen, aber auch von Risiken. 


TFP-Shooting

Die Bezeichnung „time for prints“ (englisch, kurz: TFP, auch time for pictures) steht in der Fotografie für eine Vereinbarung zwischen einem Fotomodell und einem Fotografen, bei der das Modell nicht mit einer Gage, sondern mit den Resultaten des Shootings für seine Dienste entlohnt wird.