BurgfestUlla von Gagern öffnet erstmals ihre Festung in Vlatten

Rund um die Burg in Vlatten findet am morgigen Sonntag das erste Burgfest statt. Es wird auch die Möglichkeit geben, auf den Turm zu steigen und die Aussicht über Vlatten zu genießen.
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Heimbach – Ulla von Gagern sitzt auf einem etwas abgefetzten Rattan-Gartenstuhl. Ihr iPhone hat eine rote Hülle, das rote SPD-Logo ihrer Partei klebt auf der Rückseite. Seit 2014 ist sie im Stadtrat vertreten.
„Hier ist einer meiner Lieblingsplätze“, sagt die Rentnerin und blickt auf einen idyllischen Park mit großen Kastanien- und Haselnuss-Bäumen sowie blühenden Rosen in bunten Farben. Im Schatten der Wasserburg lässt sich die Mittagssonne angenehm ertragen.
„Die Burg ist seit nunmehr 130 Jahren im Besitz der Familie“, erzählt Ulla von Gagern, die die Ur-Ur-Enkelin des deutschen Politikers Heinrich Wilhelm August Freiherr von Gagern ist, der 1880 starb.
„Es gibt nur wenige offizielle Briefe, die unterschreibe ich mit ,Freiherrin’“, sagt Ulla von Gagern stammt. „Aber es geht jetzt nicht um mich, sondern um das wunderschöne Fest, dass wir Vlattener am Sonntag feiern wollen.“
Denn, obwohl die gelernte Krankenschwester nicht viel über sich und ihr Adelsgeschlecht preisgeben möchte, öffnet sie am morgigen Sonntag zum ersten Mal die Türen zur Wasserburg und bietet den Rahmen für ein Dorffest (siehe Kasten).
Das Programm
Los geht's mit dem ersten Burgfest in Vlatten, Merodestraße 24, am morgigen Sonntag um 10.30 Uhr. Im Park spielt ab 11 Uhr der Musikverein Vlatten, der einen Mix aus volkstümlicher Blasmusik, Jazz und Filmmelodien im Repertoire hat. Um 13.30 Uhr können große und kleine Märchenfreunde ein ganz besonderes Schauspiel erleben: Um, im und auf dem Burgturm werden die Kindertheater-Akteure Andrea Lucas und Thomas Marey ein „Turm-Märchen“ aufführen.
In die Geschichte des historischen Ortes können Besucher ab 14 Uhr eintauchen. Unter Leitung von Hans-Peter Klassen führt eine etwa dreieinhalb Kilometer lange Tour von der Burg aus zu den Sehenswürdigkeiten des Ortes. Die einzelnen Stationen sind unter anderem die 100 Jahre alte Jugendhalle, die ehemalige Molkerei, die St.-Michael-Kapelle und die trutzige Dorfkirche.
Aus der Vogelperspektive kann man Vlatten ebenfalls betrachten: um 11 und um 15 Uhr können Besucher den Burgturms erklimmen und von der Plattform aus die Aussicht auf den Ort genießen. Für die Kinder gibt es viele Aktivitäten im Park, zum Beispiel eine Hüpfburg. Außerdem können sie sich beim Kinderschminken in Fabelwesen verwandeln lassen.
Wer die Burgrätsel richtig löst, kann attraktive Preise einheimsen. Die Pänz können sich am Lagerfeuer selber Stockbrot und Marshmallows brutzeln. Für den großen Appetit stehen Köstlichkeiten vom Grill und der eigens kreierte „BuBu“, der „Burg-Burger“, zur Verfügung. Von 14 Uhr bis zum Festausklang um 18 Uhr werden Waffeln gebacken.
Die Aktivitäten um die Burg sind kostenlos, allerdings wird eine Spendenbox aufgestellt: Alle Erlöse kommen dem Erhalt der Jugendhalle zugute, deren 100-jähriges Bestehen im August mit einem Dorffest gefeiert wird. (küp)
Der Verein „Jugendwohl Vlatten“ veranstaltet zum ersten Mal das Burgfest. Zwar bleiben die Türen zu den Privat-Wohnungen – im Inneren der Burg haben mehrere Familien ihr Zuhause – geschlossen, dafür wird der Aufgang zum Turm möglich sein.
„Er ist rund zwölf Meter hoch und steht erst seit 1908 hier“, erklärt Ulla von Gagern weiter. Ohnehin hat sich das äußere Erscheinungsbild der rund 4000 Quadratmeter großen Anlage mit einem renaturierten Park und einem aufgestauten Teich über die Jahrhunderte immer mal wieder geändert.
Aus einem Burgenarchiv ist zu lesen, dass die Burg aus einer karolingischen Königspfalz hervorgegangen ist. Im 13. oder 14. Jahrhundert kam die Herrschaft Vlatten samt Burg durch Kauf in den Besitz einer Linie des Hauses Merode. 1385 trug Johann von Vlatten seine Burg mit Vorburg und Befestigungen dem Herzog von Jülich zu Lehen auf und verzichtete damit auf seine bisherige Unabhängigkeit. 1385 wurde die Burg demnach erstmals urkundlich erwähnt. Sie war mit Befestigungsanlagen und Wassergraben versehen.
Die Burg und das dazugehörige Rittergut wechselten im Laufe der Jahrhunderte mehrfach den Besitzer. 1883 wurde der pensionierte Generalmajor Ernst Freiherr von Gagern Eigentümer.
Die Burg aus dem 14. Jahrhundert im hinteren Bereich des Geländes ist mittlerweile fast völlig zugewachsen. Von der ehemals zweiteiligen Wasserburg, deren Gräben trocken sind und deren Vorburg unter modernen Hofgebäuden begraben ist, findet sich noch ein kastellartiger Grundriss mit vier runden Ecktürmen.
„Auf dem Gelände haben schon v iele Menschen gearbeitet. Für viele Vlattener war die Burg auch mal Wohnort“, so Ulla von Gagern.
In Vlatten gab es noch eine zweite Burg, die sogenannte Unterburg südöstlich des einst bäuerlich geprägten und geschichtsträchtigen Dorfes. Doch von ihr ist nur noch wenig erhalten. Seit dem 17. Jahrhundert ist sie nur noch eine Ruine.
Ulla von Gagern freut sich auf viele Besucher. „Vlatten hat so viele Schätze, von denen viele gar nichts wissen.“