Das Kreisliga-C2-Schlusslicht RSV Arloff-Kirspenich hat einen 40-Spieler-Kader, „Groundhoppers“ mit Maskottchen und einen Fanshop.
Dorfklub in Bad MünstereifelArloff-Kirspenich erlebt einen Fußball-Boom

Kopie und Original: Die Arloffer Thonwerke finden sich auf den T-Shirts der „Groundhoppers“ wieder.
Copyright: Thomas Schmitz
RSV Arloff-Kirspenich – TSV Schönau III 1:1 (0:1). Der 1. FC Köln hat seinen Hennes, der RSV Arloff-Kirspenich seinen Oskar. Doch im Gegensatz zum Geißbock, der die Partien des Zweitliga-Spitzenreiters am Spielfeldrand begleiten darf, muss das Maskottchen der „Groundhoppers“ des Kreisliga-C2-Schlusslichts draußen bleiben: Hunde sind innerhalb des Zauns rund um den Arloffer Kunstrasenplatz nämlich verboten – und Oskar ist als Leonberger-Bernhardiner-Mischling ganz schön viel Hund. Also bleiben das Tier und sein Herrchen Jürgen Großmann eben außen vor.
Doch allein die Tatsache, dass der RSV Arloff-Kirspenich eine so eingefleischte Fangemeinde hat, die den Klub mit 40 bis 50 Leuten zu jedem Auswärtsspiel begleitet und dann auch noch über ein eigenes Maskottchen verfügt, zeigt: Der Fußball im Bad Münstereifeler Doppelort boomt.
Bei der Flutkatastrophe wurde der Aschenplatz in Arloff zerstört
Ausgangspunkt ist der 14. Juli 2021, der Tag der Flutkatastrophe, die so viel Leid gebracht hat. In Arloff verlor ein Mensch in den Fluten sein Leben, andere sind bis heute traumatisiert, verloren ihr Hab und Gut. Der Doppelort hat einiges an Zerstörung erlebt, als die Erft über die Ufer trat. Auch der Aschenplatz war hinüber. Wirklich nachgetrauert hat man ihm eher weniger. Auf Asche spielen wollen die wenigsten Fußballer. Auch das ist einer der Gründe, warum beim RSV Arloff-Kirspenich vor ein paar Jahren im Seniorenfußball die Lichter ausgegangen waren.

Das Maskottchen darf nicht rein: Oskar mit Herrchen Jürgen Großmann.
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Väter des Booms: Christian Zimmermann (r.) und Trainer Sven Gräbe.
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Aus dem Aschenplatz sollte aus Wiederaufbaumitteln ein Naturrasenplatz werden, der Stadtrat legte sein Veto ein und beschloss den Bau eines Kunstrasenplatzes. Den Aufpreis bezahlte die Stadt selbst. Einzige Bedingung war: Der SV Nöthen verzichtet auf den ihm zugesagten Kunstrasenplatz und darf die Spielstätte in Arloff mitnutzen. Beide Vereine ließen sich darauf ein.
Nicht selten sind mehr als 100 Zuschauer auf dem Arloffer Sportplatz
Mit der Errichtung des Kunstrasenplatzes kam die Lust am Fußball zurück. Rund 40 junge bis nicht mehr ganz so junge Fußballinteressierte fanden sich zusammen und hatten Bock aufs Kicken. Schnell war beschlossene Sache, dass man wieder eine Mannschaft melden will. Der Fußballplatz am Ortsrand wird seit dieser Spielzeit an jedem Heimspielsonntag zum Mittelpunkt.
Zuschauerzahlen im dreistelligen Bereich sind keine Seltenheit – und das in der Kreisliga C. Es dürfte Bezirksligisten aus dem Kreis geben, die sich über einen solchen Zuspruch freuen würden. Aber es geht beim RSV Arloff-Kirspenich nicht hauptsächlich um den Sport. Dazu ist die Qualität teilweise noch zu gering, wie das Stadtderby gegen Schönau III am Sonntag zeigte.
Tore, Platzverweise und Blut im Lokalderby gegen Schönau III
Das hatte zwar viel zu bieten: Tore, Platzverweise, sogar Blut, als ein Schönauer Spieler sich die Hand aufschrammte und nach einem Pflaster verlangte. Doch man kommt nicht umhin zu sagen, dass beim Duell Letzter gegen Vorletzter der Wunsch, Fußball zu spielen, größer war als das Können. 1:1 ist das Spiel ausgegangen. Lenny Fulgraff hatte Schönau in der 9. Minute in Führung gebracht. Danach war die Heimelf, die mit „Come on, RSV!“-Schlachtrufen angefeuert wurde, die aktivere Mannschaft. Kurz vor dem Halbzeitpfiff dezimierten sich die Teams gegenseitig, weil Arloffs Patrick Freischem und Schönaus Lukas Bresgen aneinandergerieten und vom Platz flogen.

Unruheherd und Torschütze zum 1:1: Tim Busch (r.).
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Auch zum Spiel gegen Schönau III waren bestimmt rund 100 Zuschauer in Arloff.
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Kurz nach Wiederanpfiff erfüllte Schönau den Wunsch eines jungen Arloffer Fans. Der hatte Schönaus Schlussmann Nico Kundt einen Ball gereicht und freundlich aufgefordert: „Lass mal einen rein, bitte.“ Ein wunderschöner Pass von Niklas Greuel, einem Spieler aus der Kategorie „Der hat mal höher gespielt“ (nämlich für Wißkirchen und Frauenberg in der Kreisliga A), fand Tim Busch, der den Ausgleich besorgte.
Die Kinder buddeln im Sand der Grube der Weitsprunganlage
In Arloff gilt angesichts der Qualität auf dem Kunstrasen buchstäblich die Aussage, dass Fußball die schönste Nebensache der Welt ist. Für viele kommt der Besuch eines Spiels einem Familienausflug gleich. Rund um die Weitsprunggrube stehen Kinderwagen, im Sand, in dem eigentlich Sportler landen sollen, wird gebuddelt. „Wir müssen den Sandkasten nach jedem Spiel reinigen“, erzählt Christian Zimmermann. Er ist Teammanager des RSV und Initiator der Wiedergeburt.
Ein weiterer Vater des Booms ist Sven Gräbe. In der Winterpause hat der 36-Jährige, der noch bei Ülpenich/Nemmenich/Elsig II aktiv ist, das Traineramt bei seinem Heimatverein übernommen. „Wir sind noch in der Findungsphase“, sagt er. Doch auch er ist begeistert darüber, was sich entwickelt hat. Der nächste Schritt ist die Verbesserung des Teams. Laut Gräbe wird sich der RSV mit ein bis zwei Spielern zur kommenden Saison verstärken. „Und wir haben keinen Abgang“, ergänzt Zimmermann.
Ein Bild mit dem Sportplatz und den Thonwerken auf dem Rücken
Und wie war das nun mit den „RSV-Groundhoppers“? „Das ist spontan entstanden, als wir mit dem Fahrrad zum Auswärtsspiel in Satzvey gefahren sind“, erklärt Dennis Kautz. Die Edelfans sind an ihren roten T-Shirts zu erkennen (die neben Pullovern und Schals im Fan-Shop angeboten werden). Auf dem Rücken ist der Sportplatz samt Mehrzweckhalle und den Arloffer Thonwerken zu erkennen. Entworfen wurde die Grafik von Fabian Rector, einem Mediendesigner aus dem Ort.
Also alles Friede, Freude, Eierkuchen beim RSV? Fast. Ein kleines Problemkind bleibt der frei zugängliche Bolzplatz aus Naturrasen. Weil der so intensiv von den Kindern im Ort genutzt wird, war er schon nach kürzester Zeit hinüber, wie der Vorsitzende Stefan Cremer berichtet. Doch auch hier funktioniert das Dorfleben. Durch Spendengelder, die überwiegend vom 1. Advents-Club stammen, wurde Rollrasen angeschafft und vom Vorsitzenden Tobias Nieswandt, einem Garten- und Landschaftsbauer, und zahlreichen Helfern aus dem Dorf verlegt.
Bereits in der Vergangenheit hatte der örtliche Gartenbauer Reiner Jansen den Grünstreifen zwischen Straße und Sportanlage befestigt, damit dort geparkt werden kann. Es läuft also beim RSV.