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Fußball-LandesligaBei Erftstadt-Lechenich soll der Spaß am Fußball zurückkehren

Lesezeit 4 Minuten
Pascal Schiffer wird im Spiel gegen Zülpich von hinten von Johannes Püllen attackiert.

Verlässt Germania Erftstadt-Lechenich nach mehr als einem Jahrzehnt: Kapitän Pascal Schiffer (l.).

Germania Erftstadt-Lechenich will mit eigenen Talenten in der Bezirksliga einen Neuanfang wagen. Kapitän Pascal Schiffer ist nicht dabei.

Nicht selten gibt es im Fußball Akteure, die ihre außerordentliche Verbundenheit zu einem Verein bei jeder sich bietenden Gelegenheit zur Schau stellen und dann bei der nächstbesten Gelegenheit zu einem anderen Klub wechseln, um dort eine „neue sportliche Herausforderung“ zu suchen. Wenn Karsten Kochems während der Unterhaltung über den SC Germania Erftstadt-Lechenich von einer „Herzensangelegenheit“ spricht, darf man ihm das – ohne Wenn und Aber – guten Gewissens glauben. Auf zahlreiche Jahre als Spieler folgten Traineraufgaben in der zweiten Mannschaft, der B- und A-Jugend und schließlich beim Landesliga-Team als Nachfolger von Vereinsikone Paul Esser.

Selbst als der 43-Jährige im vergangenen November – enttäuscht und auch ein wenig desillusioniert von der eigenen Mannschaft – sein Amt freiwillig niederlegte, hielt er es nicht lange ohne die Verbindung zu seinen Schwarz-Gelben aus. Seit einigen Monaten ist er mit Esser Sportlicher Leiter bei der Germania und steht in dieser Funktion vor einer ebenso spannenden wie herausfordernden Aufgabe: Nach einer bislang desaströs verlaufenen Saison ohne einen einzigen Dreier, die in Kürze zwangsläufig den Abstieg in die Bezirksliga zur Folge haben wird, muss es laut Kochems einen „gravierenden Umbruch“ geben.

Trainerteam verhalf dem Landesliga-Schlusslicht nicht zum Aufschwung

Der aktuell erbärmliche Zustand des Kaders, dem auch ein in der Winterpause neu installiertes Trainerteam keinen Aufschwung verleihen konnte, hat den Verantwortlichen knallhart die eigenen Fehler vor Augen geführt. „Es ist sehr deutlich geworden, dass die Spieler keine funktionierende Einheit darstellen. Wir hätten die Klasse halten können, wenn eine Mannschaft auf dem Platz gestanden hätte“, zeigt sich Kochems, der als ehemaliger Coach an der Zusammenstellung des Aufgebots beteiligt war, selbstkritisch. So hat die Aufgabe, wieder eine homogene Formation auf die Beine zu stellen, auch etwas mit Vergangenheitsbewältigung zu tun. Das oberste Credo für den Neustart lautet: „Die Jungs müssen zueinander passen und Bock haben, Fußball zu spielen“, erklärt Kochems.

Dass der Spaß, diese eigentlich völlig selbstverständliche Sache, so ins Zentrum gestellt wird, zeigt ganz deutlich, wie stark die jüngsten Negativerlebnisse dem Klub zugesetzt haben. Immerhin – und das ist die gute Nachricht – könnte der Zeitpunkt, einen Schnitt zu vollziehen, nicht günstiger sein. Die Spielzeit ist gelaufen, alle Beteiligten haben frühzeitig Gewissheit und somit die Möglichkeit, die Angelegenheiten in ihrem Sinne zu regeln.

Die A-Jugendlichen wollen trotz anderer Angebote bleiben

Esser und Kochems, die bereits viele Gespräche mit einem positiven Resultat führen konnten, waren sich schnell darüber einig, dass die Zukunft der Germania ganz entscheidend vom eigenen Nachwuchs abhängig ist. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die finanziellen Möglichkeiten, um gestandene Leute zu verpflichten, fehlen. „Dieser Weg kann holprig werden, aber er ist in unserer Situation der einzig richtige, und das Potenzial ist absolut vorhanden“, ist sich Kochems sicher.

Erftstadt-Lechenichs Trainer Florian Kramp gibt Kevin Kochems Anweisungen.

Den Neuanfang beim künftigen Bezirksligisten mitgestalten soll Spieler Kevin Kochems (r.). Trainer Florian Kramp (M.) ist dann nicht mehr an Bord.

Das wichtigste Signal hat die sportliche Leitung von Seiten der A-Jugendlichen erhalten: „Grundsätzlich wollen alle bleiben; auch die, die durchaus zu einem anderen Verein hätten gehen können“, freut sich der Kaderplaner unter anderem über die Zusagen von Bastian Rick, Benedikt Müller, Kevin Kochems, Leon Follmann und Emil Bey.

A-Jugend-Trainer Leon Reimer nun auch als Spieler aktiv

Niemand in Reihen der Germania ist allerdings so blauäugig zu denken, dass es vollkommen ohne Routine geht. „Wir wollen weiterhin eine Handvoll Erfahrene im Team haben. Deshalb sind wir froh, dass unsere Torhüter Dominik Zimmer und Nils Grüttner, Mittelfeldmann Tom Orth sowie Angreifer Jan-Philipp Schmitz auch im nächsten Jahr das Erftstädter Trikot tragen werden“, berichtet Kochems. Eine besondere Rolle übernimmt künftig A-Jugend-Trainer Leon Reimer, der bis vor kurzem parallel für Rhenania Bessenich als Spieler aktiv war: Der 27-Jährige wird für die erste Mannschaft auflaufen und damit für viele ehemalige Schützlinge zum Kollegen.

Einen anderen Weg schlägt – neben zahlreichen weiteren Akteuren, denen der Klub einen Wechsel nahegelegt hat – Kapitän Pascal Schiffer ein. „Er hat uns nach 13 Jahren mitgeteilt, dass er in Erftstadt aufhören möchte, und wir haben seinen Wunsch akzeptiert. Pascal, mit dem wir freundschaftlich eng verbunden sind, wird auf jeden Fall gebührend verabschiedet“, verspricht Kochems.

Trainerteam um Florian Kramp wird nach einem halben Jahr  gehen

Im krassen Gegensatz dazu stand der vorzeitige Ausschluss von vier Spielern, darunter Yann Nguemo und Marvin Walther, während der laufenden Meisterschaft. „In diesen Fällen waren wir einfach dazu gezwungen, die Reißleine zu ziehen und uns von den Betreffenden zu trennen.“

Die wichtige Frage, ob Trainer Florian Kramp und sein Assistent Philipp Leucht in Erftstadt über das Saisonende hinaus eine Zukunft haben werden, ist nach einem laut Kochems „sehr angenehmen Gespräch auf Augenhöhe“ geklärt. „Sie werden die Saison vernünftig zu Ende bringen, verbunden mit der sehr reizvollen Chance, sich mit einem Erfolg im Kreispokal gut zu verabschieden. Ab Sommer wird es ein neues Trainerteam geben. Ich bin sicher, dass wir innerhalb der nächsten zwei Wochen Vollzug vermelden können“, so Kochems. Da die Trendwende unter Kramps Regie ausblieb und ein echter Neuanfang nur mit frischem Führungspersonal an der Linie sinnvoll erscheint, ist dies eine logische Entscheidung.